Forum Judentum Christentum

2003

Lingener Tagespost | Plädoyer für Mut und Zivilcourage

07 Mittwoch Mai 2003

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Eindrucksvolle Lesung mit Lea Rosh gestern im Franziskus-Gymnasium

Lingen (pe)
Gegen das Vergessen: Dieser Aufgabe hat sich Lea Rosh mit ihrer ganzen Persönlichkeit verschrieben. Gestern las die bekannte Fernsehjournalistin im Lingener Franziskus-Gymnasium aus ihrem gemeinsam mit dem Historiker Eberhard Jäckel verfassten Buch ,,Der Tod ist ein Meister aus Deutschland“ vor. Der Titel stammt aus dem Gedicht ,,Todesfuge“ des jüdischen Lyrikers Paul Celan. Er fasst in wenigen Worten eigentlich Unfassbares zusammen: die Deportation und den millionenfachen Mord an Juden in Europa.

Die 1936 in Berlin geborene Journalistin wurde am Dienstag im Gymnasium von Rektor Johannes Pruisken und dem Vorsitzenden des Forums Juden-Christen, Reinhold Hoffmann, begrüßt. Lea Rosh sprach vor rund 200 Schülerinnen und Schülern des 11. und 12. Jahrgangs. Letztere beschäftigen sich zurzeit mit dem Dritten Reich im Geschichtskurs. Die Jahrgangsstufe 11 thematisiert im Deutschunterricht Lessings ,,Nathan der Weise“, ein Werk, das sich in der berühmten Ringparabel mit den drei Weltreligionen Judentum, Christentum und Islam auseinandersetzt.

,,Der Tod ist ein Meister aus Deutschland“ wurde 1990 veröffentlicht. Davor waren nach fünfjährigen Recherchen von Lea lt-07-05-03Rosh und Eberhard Jäckel vier Fernsehfilme zum Thema Deportation und Ermordung der Juden in Europa entstanden. Wichtiger Bestandteil der Filme und des Buches war auch die Frage nach den Gründen der Kollaboration, ohne natürlich die deutsche Urheberschaft zu verschweigen: ,,Deutsche Täter hatten in vielen Ländern Europas willige Helfer“, sagte die Autorin.

In ihrem Bericht, einer Mischung aus Buchlesung und Erzählung, nahm sie die jungen Leute gleichsam mit auf eine Reise in die dunkelste deutsche Vergangenheit. Aus verschiedenen Gründen, erklärte Lea Rosh, war es Hitler gelungen, europaweit Helfer zur totalen Auslöschung jüdischen Lebens zu finden. Den weit verbreiteten Antisemitismus nannte sie als Beispiel, zum Beispiel in Rumänien und Polen, aber auch Willfährigkeit und vorauseilenden Gehorsam.

Immer wieder berichtete sie aber auch von ,,grandiosen Geschichten an Menschlichkeit und Phantasie“, erzählte von Beispielen, wo viele tausend Juden durch Mut und Zivilcourage vor den Deportationen gerettet wurden. Etwa in Bulgarien. Dort hatte sich die orthodoxe Kirche als einzige Kirche in Europa den Nazis verweigert und damit 48 000 Juden das Leben gerettet.

Verbrechen solchen Ausmaßes, wie es die Vernichtung von sechs Millionen Menschen darstellte, werden auch durch Wegschauen möglich. Lea Rosh beschrieb die Tatenlosigkeit der Weltgemeinschaft, ,,die es gewusst und nichts getan hat“. Es sei kein Zufall gewesen, dass weder die Zufahrtsgleise nach Auschwitz, noch die Gaskammern dort bombardiert worden seien. Auch in der amerikanischen Regierung hätten Antisemiten gesessen.

Die Journalistin gab dem Schrecken und seinen Folgen für den einzelnen einen Namen, als sie über Lucia vorlas, einer Jüdin, die sie und Eberhard Jäckel im Rahmen ihrer Recherchen auf der griechischen Insel Rhodos besuchten. Dort hatten die Nazis am 22. Juli 1944, zwei Tage nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler, den letzten noch lebenden Juden erschossen, nachdem sie die ganze Insel sorgfältigst abgesucht hatten. Deutsche Gründlichkeit und Autoritätsgläubigkeit gehörten auch zu den Facetten Hitlerschen Rassenwahns, war die unausgesprochene Warnung der Berlinerin an die jungen Zuhörer. Und zugleich eine Aufforderung, blindem, gedankenlosen Gehorsam kritisch gegenüber zu stehen.

,,Beim Abschied nimmt mich Lucia in den Arm, obwohl ich Deutsche bin“, liest Lea Rosh vor. Lucia, deren ganze Familie den Nazis zum Opfer fiel, sah offensichtlich in der Besucherin das andere Deutschland.

Viel Beifall erhielt der Gast am Ende des Vortrags. Es sei eine Frage der Persönlichkeit und Mitmenschlichkeit gewesen, wenn sich Bürger widersetzt hätten, sagte Rektor Johannes Pruisken. Darauf habe Lea Rosh eindrucksvoll hingewiesen. Der Vorsitzende des Forums Juden-Christen, Reinhold Hoffmann, forderte die jungen Leute auf, sich weiterhin des Themas Nationalsozialismus anzunehmen. ,,Wir alle müssen wachsam bleiben“, mahnte Hoffmann.

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Lingener Tagespost | Josef Möddel steht für Verständigung und Versöhnung

10 Donnerstag Apr 2003

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Vor 20 Jahren Arbeitskreis Judentum-Christentum in Laxten gegründet – Boss: Menschliche Brücke errichtet

Lingen (pe)
Es gibt Menschen, die durch besondere Initiativen eine Dynamik auslösen, die von nachhaltiger Dauer ist. Josef Möddel aus Lingen-Damaschke ist so eine Persönlichkeit. Die Stadt Lingen und das Forum Juden-Christen würdigten im Rahmen einer kleinen Feierstunde im Gemeindehaus in Laxten die Verdienste des 60-jährigen Pädagogen, der vor 20 Jahren, im April 1983, den Arbeitskreis Judentum-Christentum, gegründet hatte.

Der Vorsitzende des Forums Juden-Christen, Reinhold Hoffmann, hatte neben Möddel und seiner Frau Angela auch Clara Begger aus Lingen und den Lengericher Gerhard Sels eingeladen. Lothar Kuhrts aus Freren war verhindert. Die Wegbegleiter des inzwischen pensionierten Oberstudienrates geben bis heute wichtige Impulse zur Verständigung zwischen beiden Religionen und zur Erinnerung an das einstmals vielfältige jüdische Gemeindeleben in der Region.

Der Gründungsversammlung am 5. April 1983, an der einige Jugendliche und Erwachsene im Jugendheim von St. Josef teilgenommen hatten, waren bereits einige Aktivitäten von Möddel und anderen engagierten Christen vorausgegangen. In den Blickpunkt der Gruppe rückte zunächst der jüdische Friedhof an der Weidestraße. Umgestürzte Grabsteine und Grünabfälle, die vom benachbarten christlichen Friedhof achtlos über die kleine Mauer geworfen wurden, prägten damals das triste Bild der jahrhundertealten Begräbnisstätte. ,,Wir haben dann bei Bürgermeister Klukkert angerufen und gefragt, ob wir vom Bauhof einen Sack Zement bekommen könnten“, erinnerte sich Möddel. ,,Klar“, habe Klukkert geantwortet.lt_10-04-03

Die kleine Begebenheit beschreibt die Vorgehensweise von Josef Möddel in diesen Jahren recht anschaulich: Immer auf Ausgleich bedacht, aber hartnäckig in der Sache verfolgten er und weitere Mitglieder im Arbeitskreis ihr Ziel, die beinahe schon vergessene jüdische Geschichte der Stadt Lingen wieder ins Bewusstsein der Kommune und ihrer Bürger zu rücken. Die Einrichtung des Gedenkortes Jüdische Schule bildete den markantesten Punkt dieser Entwicklung. Auch an den Vorbereitungen zur Verleihung der Ehrenbürgerschaften an Ruth Foster, geborene Heilbronn, und Bernhard Grünberg hatte Möddel maßgeblichen Anteil. Schmunzelnd erzählte er, wie er den damaligen Oberstadtdirektor Karl-Heinz Vehring bei einem Spaziergang in strömendem Regen getroffen und auf dem Bürgersteig ,,unterm Regenschirm“ von der Notwendigkeit einer solchen Verleihung überzeugt habe.

Forumsvorsitzender Reinhold Hoffmann sprach Möddel seinen Dank für diese aufopferungsvolle Arbeit in all’ den Jahren aus und bezog in diesen Dank auch Clara Begger, Anne Scherger, Gerhard Sels, Lothar Kuhrts und Johannes Wiemker mit ein. Hoffmann erinnerte zugleich mit Blick auf den Ersten Stadtrat Ulrich Boss an das enorme Engagement der Stadt Lingen, die die Anliegen des Arbeitskreises und späteren Forums Juden-Christen immer unterstützt habe.

Die Arbeit des Arbeitskreises Judentum-Christentum sei für die Stadt Lingen und für die Region von herausragender Bedeutung gewesen, würdigte Ulrich Boss die Verdienste von Josef Möddel und seiner Wegbegleiter. ,,Sie alle haben maßgeblich am Wiederaufbau einer menschlichen Brücke zwischen Juden und Christen mitgewirkt, die über viele Jahrzehnte in unserer Stadt abgerissen war“, sagte der Erste Stadtrat.

Boss erinnerte in diesem Zusammenhang an die intensiven Nachforschungen des Arbeitskreises über die Lebens- und Leidenswege seiner ehemaligen jüdischen Mitbürger, Einladungen von Zeitzeugen, den Aufbau der Jüdischen Schule als Gedenkort, die alljährliche Gestaltung des Gedenktages zur Reichspogromnacht und zahlreiche themenbezogene Kulturveranstaltungen. Diese wertvolle Arbeit habe zur Überwindung von Sprachlosigkeit und Berührungsängsten den Holocaustopfern gegenüber beigetragen. Menschen wie Josef Möddel hätten einen neuen Dialog zwischen Juden und Christen und zwischen Vergangenheit und Zukunft initiiert, sagte der Erste Stadtrat abschließend. ,,Sie haben es sich zur Lebensaufgabe gemacht, für Verständigung und Versöhnung einzutreten“.

Josef Möddel selbst war es gar nicht so recht, im Mittelpunkt zu stehen. Er freute sich deshalb umso mehr, die ihm zugedachten Blumen weiterreichen zu können an seine Frau Angela. ,,Sie hatte die ganze Arbeit“, erinnerte der 60-Jährige zum Beispiel an unzählige Besuche bei ihnen zu Hause. Den Dialog zwischen Juden und Christen verstand Josef Möddel eben nie als Seminarveranstaltung, sondern vor allem als Einladung zum persönlichen Gespräch.

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Lingener Tagespost | Sanierung im jüdischen Bethaus hat begonnen

10 Donnerstag Apr 2003

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Forum Juden-Christen bittet um Unterstützung

Freren (pe)
Weithin sichtbar steht ein großer Baukran in der Frerener Grulandstraße, wo die Bauhandwerker sehr aktiv sind. Zu Beginn dieser Woche haben die Sanierungsarbeiten im jüdischen Bethaus begonnen. Reinhold Hoffmann, Vorsitzender des Forums Juden-Christen im Altkreis Lingen, ist sehr froh darüber, dass es endlich los geht. In den vergangenen Wochen und Monaten hatten Hoffmann und andere engagierte Mitglieder des Forums viele Klinken geputzt, um die Finanzierung für das ehrgeizige Vorhaben auf die Reihe zu bekommen.

Die letzten jüdischen Bürger, die in dem Haus zwischen der katholischen und evangelischen Kirche wohnten, waren die Eheleute Manne mit ihrem Sohn Samuel, der in der Silvesternacht 1939 geboren wurde. Zeit zum Aufwachsen im Haus an der Grulandstraße geben die Nazis Samuel Manne nicht. Bereits 1941 wird er mit seinen Eltern und der Oma nach Riga deportiert, und von dort aus 1943 nach Auschwitz. Während seine Eltern den Horror überleben, werden Samuel und seine Großmutter unmittelbar nach der Ankunft Anfang November 1943 vergast. Nach dem Jungen ist die Geschichtswerkstatt benannt, die der Lehrer Lothar Kuhrts im Kulturzentrum Alte Molkerei in Freren errichtet hat. Kuhrts gilt als ausgewiesener Kenner der jüdischen Gemeinde Frerens.lt_11-04-03

Die Gesamtkosten für die Instandsetzung des Bethauses und seiner späteren Nutzung als Begegnungsstätte belaufen sich nach Angaben von Hoffmann auf 379 000 Euro, einschließlich Grundstücks- und Hauserwerb, Sanierung und Mobilar. Ein stolzer Preis. Der Abriss des Gebäudes und ein Neubau wären natürlich günstiger zu haben gewesen, machte  Reinhold Hoffmann in einem Gespräch mit unserer Zeitung deutlich. Aber um welchen historischen Preis: „Das Haus steht nicht wegen seiner Gebäudesubstanz unter Denkmalschutz, sondern wegen seiner Geschichte“, erinnerte Hoffmann an die Reichspogromnacht von 1938. Damals stürmten Nationalsozialisten die Holztreppe in den ersten Stock hoch, gingen in den Betraum und warfen das Inventar durchs Fenster auf die Grulandstraße.

Das Ziel des Forums, die alte Bausubstanz des Bethauses zu erhalten, ermöglichte es, öffentliche Gelder für das Vorhaben einzuwerben. Allein 120 000 Euro kommen aus „Pro Land“-Mitteln, die über das Amt für Agrarstruktur (AfA) in Meppen gewährt werden. 60 100 Euro steuert der Landkreis Emsland bei, 20 000 die Stadt Freren. 30 000 Euro kamen von der Sparkassenstiftung, 10 000 von der jüdischen Gemeinde Osnabrück, 15 000 von der Axel Wisniewsky-Stiftung und 5000 Euro vom Lions-Club. Hinzu kamen weitere private Spenden. Insgesamt kamen so 264.000 Euro zusammen.

Allen Geldgebern ist das Forum für die Unterstützung sehr dankbar. Dies gilt  vor allem für Hermann Bröring. „Wenn wir nun 14 Monate nach unseren ersten Gesprächen über eine mögliche Nutzung des Bethauses durch das Forum Juden-Christen bereits mit der Sanierung beginnen können, dann ist dieses das besondere Verdienst unseres Landrates“, unterstrich Reinhold Hoffmann.

Die Sanierung des Gebäudes muss bis zum 15. August wegen der EU-Mittel aus dem Topf „Pro Land“ abgerechnet sein. Für die bisher vergebenen Gewerke stehen nach Angaben von Hoffmann die Mittel zur Verfügung. Bis zum Abschluss aller Maßnahmen fehlen noch 115 000 Euro. Das Forum bemüht sich deshalb über verschiedene Aktionen und Spendenaufrufe um weitere Gelder. „Es ist ganz wichtig, dass sich das Forum des Bethauses angenommen hat“, sagte Landrat Bröring unserer Zeitung. Auch er bat die Bürger des Emslandes, sich an der Realisierung zu beteiligen.

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Lingener Tagespost | „Holzschuhe kann ich heute noch nicht sehen“

27 Donnerstag Mrz 2003

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Holocaustüberlebende erzählt Schülern aus ihrem Leben

Lingen (jg)
827. Auf diese Nummer wurde Hella Wertheim etwa ein halbes Jahr lang reduziert. Während dieser Zeit war sie gefangen im KZ Lenzing in Österreich. Jetzt berichtete sie auf Einladung des Forums Juden-Christen Schülern der Gesamtschule Emsland von den grausamen Erfahrungen, die sie im Alter von 14 bis 17 Jahren machen musste.

h_wertheimIn der Aula der Gesamtschule hingen rund 60 Schüler des neunten Jahrgangs gebannt an den Lippen der 73-jährigen, die sie teilhaben ließ an ihrer dreijährigen Odyssee durch Europa, die sie von ihrem Geburtsort Insterburg in Ostpreußen schließlich nach Gildehaus in der Grafschaft Bentheim führte, wo sie heute lebt.

Geboren und aufgewachsen in Insterburg, wurde Frau Wertheim mit ihren Eltern im August 1942 nach Theresienstadt deportiert, wo ihr Vater am zweiten Jahrestag ihrer Ankunft starb. Von Theresienstadt ging es am 14. Oktober 1944 für Mutter und Tochter nach Auschwitz, wo Frau Wertheims Mutter vom SS-Arzt Dr. Josef Mengele direkt nach ihrer Ankunft in den Tod geschickt wurde. Die Zeitzeugin wurde von hier mit anderen Frauen weiter nach Lenzing in Österreich zum Arbeitseinsatz in einer Zellwoll-Fabrik verbracht. Hier blieb sie bis zu ihrer Befreiung durch die Amerikaner am 5. Mai 1945.

Teilweise erzählte sie frei, teilweise las Frau Wertheim aus ihrem Buch „Immer alles geduldig getragen“. Den Neuntklässlern war anzumerken, wie sehr ihnen die Schilderungen der Zeitzeugin zu Herzen gingen. Besonders deutlich wurde dies, als Frau Wertheim den Schülern ihre grau-blau gestreifte Lagerbekleidung mit der Nummer 827 sowie einen Teller, beides aus dem Lager Lenzing, gab. Interessiert, bedrückt und ein bisschen ehrfurchtsvoll reichten die Schüler die Gegenstände weiter.

Frau Wertheim berichtete sehr detailgetreu und anschaulich von ihren schrecklichen Erlebnissen. So erzählte sie den gebannten Zuhörern von der drangvollen Enge in den Transportwaggons und den Einzelheiten des Lagerlebens, beispielsweise könne sie heute noch nicht die den Anblick der Holzschuhe ertragen, die damals im Lager getragen wurden.

Die Betroffenheit der Schülerinnen und Schüler schlug sich auch in der sich an den Vortrag anschließenden Fragerunde nieder. So wurde die Holocaustüberlebende gefragt, was ihr die Kraft gegeben habe, sich nach dem Verlust ihrer Eltern noch weiter ans Leben zu klammern. Ebenso wurden ihr Fragen zu ihrer Meinung über den aufflammenden Nationalsozialismus und den Krieg im Irak gestellt. Genauso wurde Frau Wertheim aber nach ganz konkreten Dingen gefragt, etwa wie lange die Transporte gedauert hätten oder wie lange der Fußweg vom Lager Lenzing zur Zellwoll-Fabrik, in der sie und andere weibliche Mithäftlinge täglich arbeiten mussten, gewesen sei.

Am Ende der Veranstaltung verließen viele der Schüler die Aula sehr nachdenklich. Schließlich war Frau Wertheim zum Zeitpunkt, als sich die geschilderten Ereignisse zutrugen, ebenso alt wie ihr Publikum. „Ich kann mir jetzt wirklich vorstellen, wie es damals war, viel besser als im Geschichtsunterricht“, sagte die 16-jährige Axana Harwart. Und die 15-jährige Carmen Pullmann ergänzte, es wäre „richtig lebendig“ gewesen.

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Lingener Tagespost | Als das Feuer vernichtete und die Politik Kopf stand

13 Donnerstag Feb 2003

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Bild von Jüdischer Schule regt zum Nachdenken an – Pinchas Katz lebte einige Zeit in Lingen

Lingen (pe)
Das Bild regt zum Nachdenken an: die Jüdische Schule in Lingen in der Mitte, Flammen im Hintergrund, oben rechts, auf dem Kopf stehend, das Historische Rathaus. Das Werk stammt von dem Künstler Pinchas Katz. Als Postkarte ist es zum Preis von zwei Euro in den Buchhandlungen van Acken und Blanke erhältlich. Unterstützt wird damit die Arbeit des Forums Juden-Christen.

lt_13-02-03Der 62-jährige Katz ist Israeli und wohnt seit vielen Jahren in Dortmund. Mit dem Emsland ist er eng verbunden, lebte er doch eine Zeitlang auch in Lingen. ,,Er hat zum Beispiel Helga Hanauer gekannt“, berichtete Anne Scherger, die seit vielen Jahren die Geschichte der jüdischen Mitbürger Lingens erforscht, gegenüber unserer Zeitung.

Katz traf Anne Scherger zufällig im Mai 1999 bei einem Besuch des Jüdischen Friedhofes an der Weidestraße. Frau Scherger führte ihn anschließend zu den einzelnen Grab- und Gedenksteinen und zeigte ihm auch die Ausstellung in der Jüdischen Schule am Jacob-Wolff-Platz.

Dem in Polen geborenen Juden beeindruckte es sehr, was alles in den letzten Jahren an Aufarbeitung der jüdischen Geschichte Lingens geleistet worden ist. Frau Scherger ging mit ihm auch anderen Spuren jüdischen Lebens im Emsland und der Grafschaft Bentheim nach. Als Dank dafür schenkte Katz ihr das Bild. Dazu hatte der 62-Jährige eine Mischtechnik verwendet.

 ,,Die rote Farbe und der zerbrochene Leuchter sollen an die Pogromnacht von 1938 erinnern, als die 13 Meter von der Jüdischen Schule entfernte Synagoge in Flammen aufging“, erläuterte Anne Scherger. Das auf den Kopf gestellte Historische Rathaus sei eine Anspielung auf das Dritte Reich, in dem die Politik auch Kopf gestanden habe, und Maßstäbe und Werte keine Rolle mehr spielten.

Die drei Kinder vor der Schule wirken wie durchsichtig. Sie sollen den Geist der Schule widerspiegeln, in der über viele Jahre hinweg jüdische Jungen und Mädchen unterrichtet wurden. Ein Mädchen hält die Thora in der Hand, aufgeschlagen ist sie ebenfalls zu sehen. Thora ist die hebräische Bezeichnung für Gesetz, Weisung, Lehre. Der Text der Thorarolle besteht aus den fünf Büchern Mose (Genesis, Exodus, Levitikus, Numeri und Deuteronomium) und ist das Kernstück des jüdischen Glaubens. Die aufgeschlagene Seite behandelt die Schöpfungsgeschichte aus dem 1. Buch Genesis. ,,Die grüne Farbe auf dem Bild steht für das jüdische Leben, aber auch für das Emsland“, sagte Frau Scherger.

Häufig wird sie nach Führungen in der Jüdischen Schule insbesondere von Kindern gefragt, ob sie nicht etwas zur Erinnerung an den Besuch mitnehmen könnten. ,,Deshalb habe ich vorgeschlagen, von dem Bild in Postkartengröße Abzüge zu machen“, erklärte die Lingenerin. Anne Scherger hat schon mehrere Karten an jüdische Bürger verschickt, zum Beispiel an Bernard Süskind in New York und an die Lingener Ehrenbürger Ruth Foster und Bernhard Grünberg.

ZUM NACHDENKEN regt dieses Bild des Dortmunder Künstlers Pinchas Katz von der Jüdischen Schule in Lingen an.

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Lingener Tagespost | Abendliche Holocaust-Gedenkveranstaltung in Frerener Kirche

02 Sonntag Feb 2003

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Kein Boden für Rechtsradikale

Von Werner Scholz
Freren (eb) – Gemeinsam mit Vertretern der evangelisch-reformierten und der katholischen Kirchengemeinde sowie der jüdischen Gemeinde Osnabrück organisierte jetzt das Forum Juden-Christen anlässlich des Holocaust-Gedenktages eine abendliche Gedenkveranstaltung in der evangelisch-reformierten Kirche in Freren. Als besonderer Gast eingeladen war Dr. Alexander Brenner, der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Berlin.

„1996 hat der damalige Bundespräsident Roman Herzog den 27. Januar, den Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz, zum Tag des Gedenkens an die Holocaust-Opfer ernannt. Der Name Auschwitz ist ein Synonym für menschliche Abgründe, die unbegreiflich sind”,  sagte Pastor Eberhard Hündling von der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Freren-Thuine. Es sei nicht nachzuvollziehen, wie ein derartiges fabrikmäßiges Morden möglich werden konnte. Zu viele hätten geschwiegen. „Darunter auch die Kirchen”, gab Hündling zu bedenken. Nun müsse alles getan werden, „um Antisemitismus und Rechtsradikalen den Boden zu entziehen”.el_am_sonntag-02-02-03_1

Rabbiner Marc Stern mahnte, dass „die Überlebenden der Shoa die Erinnerung pflegen müssen”. Dabei sei die Versöhnung zwischen den Kindern der Täter und den Kindern der Opfer keine Frage. „Sondern wir müssen dafür sorgen,
dass sich so etwas niemals wiederholen kann”, hob Stern hervor. Hitlers Vernichtungspläne seien gescheitert. „Bis 1990 gab es in Deutschland 30 000 Juden. 1990 haben sich die Tore für Einwanderer jüdischen Glaubens aus der ehemaligen Sowjetunion geöffnet, so dass die Zahl auf 100 000 gestiegen ist. Es gibt neu gegründete jüdische Gemeinden, Kindergärten und Schulen”,  sagte Stern, der sich abschließend bei dem Forum Juden-Christen für dessen Engagement im Sinne des Dialoges und der Verständigung bedankte. Nach der Rede das Rabbiners wurde an die Schicksale einzelner jüdischer Mitbürger Frerens gedacht, die von den Nationalsozialisten verschleppt und ermordet wurden.

Dr. Brenner verdeutlichte schließlich, mit welchen Schritten zunehmender Diskriminierung die Nationalsozialisten es den jüdischen Bürgern unmöglich machten, im „Dritten Reich” zu :leben. „Schon 1933 begannen die Nazis damit,  Juden aus dem gesellschaftlichen Leben auszugrenzen. Die Nürnberger Gesetze von 1935 haben verschiedene Stufen des Unrechts katalogisiert”, erklärte Brenner. Bei Strafe wurde der Besuch von Kinos, Restaurants, Bibliotheken und anderen  el_am_sonntag-02-02-03_2 Einrichtungen verboten. Kraftfahrzeuge und Führerscheine wurden eingezogen, nach 20 Uhr durften Juden nicht mehr die
Straße betreten. „Diese Liste ließe sich noch entschieden verlängern”, sagte Brenner. In der Pogromnacht vom 9. zum 10. November 1938 brannten in Deutschland zahlreiche Synagogen und jüdische Geschäfte. Den Höhepunkt des Rassenwahns bildete schließlich die millionenfache Ermordung unschuldiger Menschen.

„Nach 1945 bestand die jüdische Gemeinde aus denen, die versteckt worden waren und die die Todesmärsche überlebt
hatten”, erinnerte Brenner. Nach 1946 seien noch Juden aus Polen nach Deutschland  gekommen. „Davon wanderten viele nach Palästina und in die USA aus. Nur wenige blieben in Deutschland”, sagte Brenner. Oft sei die Frage gestellt worden: „Wie kann ein Jude nach all dem, was passiert ist, in Deutschland bleiben? Inzwischen ist die jüdische Gemeinde in Deutschland überall anerkannt”, betonte Brenner. Der erst kürzlich geschlossene Staatsvertrag habe dies noch weiter untermauert. Auch Brenner bedankte sich am Ende seiner Rede beim Forum Juden-Christen für dessen Arbeit im Dienst der Verständigung und Versöhnung.

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Lingener Tagespost | ,,Beispielhafte Arbeit für gesamte Bundesrepublik“

01 Samstag Feb 2003

Posted by forumjc in 2003, Archiv

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Dr. Brenner würdigt Forum – Lob für Sels und Kuhrts

Von Thomas Pertz

Lengerich/Freren
Dr. Brenner ist Vorsitzender der mit 13 000 Mitgliedern größten jüdischen Gemeinde Deutschlands. Zur Berliner Gemeinde unterhält das Forum Juden-Christen seit 1994 enge Kontakte. Deren Vorsitzender Reinhold Hoffmann hatte Brenner ins südliche Emsland eingeladen, um ihm die Aktivitäten der Menschen in der Region, die sich aktiv um eine Verständigung zwischen Christen und Juden bemühen, vorzustellen.lt-01-02-03_1

Im Lengericher Rathaus dankte Bürgermeister Josef Duisen im Beisein von Vertretern aus der politischen Gemeinde, der Kirchen und Schulen, dem Gast aus Berlin für sein Kommen. Dieser Besuch trage mit dazu bei, dass die Verbrechen der Nationalsozialisten, denen auch jüdische Familien aus Lengerich zum Opfer gefallen seien, nicht in Vergessenheit gerieten. Duisen sprach in diesem Zusammenhang insbesondere Gerhard Sels seinen Dank aus für dessen jahrzehntelanges Bemühen, die Erinnerung an die jüdischen Mitbürger des Ortes  wachzuhalten.

Auf die Initiative von Sels hin wurde am 30. August 1987 im Lengericher Bürgerpark ein Gedenkstein  eingeweiht. Der Bürgermeister rief allen noch einmal die Worte des Landesrabbiners Brand aus Hannover an jenem Tag in Erinnerung: ,,Es gibt keine Kollektivschuld, aber wer jemanden, der schreiend um Hilfe ruft, den Rücken kehrt, lädt Schuld auf sich“.

So fixiert sich denn auch die Arbeit des Forums nicht auf eine ausschließliche Aufarbeitung der Vergangenheit, sondern will ebenso Perspektiven aufzeigen, wie heute Versöhnung und Verständigung praktiziert werden kann. Zum Beispiel im ehemaligen jüdischen Bethaus in der Frerener Grulandstraße, der nächsten Station von Brenner.lt-01-02-03_2

Die Sanierung des Hauses, das sich im Besitz der Jüdischen Gemeinde Osnabrück befindet, bildet derzeit einen Schwerpunkt der Arbeit des Forums. Architekt Eberhard Dreyer stellte dem Gast die Pläne zum Umbau des Hauses vor. Die Gesamtkosten belaufen sich seinen Angaben zufolge auf 379 000 Euro. Die Maßnahme soll bis August diesen Jahres abgeschlossen sein. Erhebliche Geldmittel werden vom Amt für Agrarstruktur aus dem Topf ,,Pro Land“ erwartet, auch der Landkreis beteiligt sich, ebenso die Jüdische Gemeinde Osnabrück.

Dieses Haus wieder ,,erzählen“ zu lassen und es gleichzeitig zu einem Ort des Betens und der Begegnung zu entwickeln, seien die Ziele des Forums, erläuterte Vorsitzender Reinhold Hoffmann. Sichtlich bewegt ließ sich Dr. Brenner von Lothar Kuhrts, Leiter der Samuel-Manne-Geschichtswerkstatt, berichten, was es mit diesem Haus und seinen letzten Bewohnern, der Familie Manne, auf sich hatte.

Rückblende, 31. Dezember 1939: Samuel Manne wird geboren, nicht in einem nahegelegenen Krankenhaus, sondern in Rheine, wo seine Eltern Martin und Erika Manne an diesem Silvestertag auf einem Pferdekarren ankommen. Das dortige Krankenhaus nimmt die jüdische Mutter auf, während ihr die Türen zu Hause verschlossen geblieben waren. Zeit zum Aufwachsen im Haus an der Grulandstraße geben die Nazis Samuel Manne nicht. Bereits 1941 wird er mit seinen Eltern und der Oma nach Riga deportiert, und von dort aus 1943 nach Auschwitz. Während seine Eltern den Horror überleben, werden Samuel und seine Großmutter unmittelbar nach der Ankunft Anfang November vergast.lt-01-02-03_3

Tief beeindruckt zeigt sich Dr. Brenner von dem Vorhaben des Forums, dieses Bethaus wieder mit Leben zu füllen. Dies gilt ebenso für die Arbeit von Kuhrts in der jüdischen Geschichtswerkstatt ,,Samuel Manne“, die in der Alten Molkerei untergebracht ist. Dem Lehrer gelingt es auch immer wieder, junge Menschen für seine Erinnerungsarbeit zu begeistern. So pflegen Schülerinnen und Schüler aus Freren seit Jahren den kleinen jüdischen Friedhof im Ort.

Bei einem Empfang für Dr. Brenner im Frerener Rathaus, an dem unter anderem auch der Osnabrücker Rabbiner Marc Stern, der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Osnabrück, Michael Grünberg, und Ehrenlandrat Josef Meiners teilnahmen, würdigte Bürgermeister Klaus Prekel die Arbeit von Kuhrts. ,,Er hat es geschafft, dass die älteren Bürger in Freren wieder über die Ereignisse während der Zeit des Nationalsozialismus reden“, hob Prekel hervor. Das jüdische Bethaus werde auch als Beispiel für den richtigen Umgang mit der Vergangenheit dienen.

In einer kurzen Ansprache unterstrich Dr. Brenner, dass es gerade für junge Menschen wichtig sei, das Judentum in praktischen Formen kennen zu lernen. Die Aktivitäten des Forums bezeichnete der 72-Jährige ,,als beispielhafte Arbeit für die gesamte Bundesrepublik.“lt-01-02-03_4

Den Abschluss dieses Besuchstages am Donnerstag im Altkreis Lingen bildete die Veranstaltung zum Holocaustgedenktag in der evangelischen Kirche, schräg gegenüber vom Bethaus in der Grulandstraße. In dem gut gefüllten Gotteshaus forderte Rabbiner Stern dazu auf, die Erinnerung wach zu halten als Mahnung für die Zukunft. Er sei dem Forum Juden-Christen sehr dankbar für dessen Beitrag zum interreligiösen Dialog zwischen den beiden Religionsgemeinschaften.

In seiner Rede rief Dr. Brenner noch einmal die schrecklichen Geschehnisse zwischen 1933 und 1945 in Erinnerung, den millionenfachen Mord, der in dem Wort Auschwitz sein Synonym gefunden hat. Der Antisemitismus in Deutschland erhebe erneut sein hässliches Haupt in verschiedenen Formen, mahnte der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde zur Wachsamkeit. Das Forum Juden-Christen leiste einen wichtigen Beitrag, um diesen Entwicklungen entgegenzuwirken.     lt-01-02-03_6 ,,Es ist ein Lichtblick für uns Juden, wenn man sieht, mit welchem Engagement sich diese Menschen hier um die Aufarbeitung der Geschichte der Juden einsetzen.“ Er hoffe, dass solche Beispiele auch in anderen Teilen Deutschlands Schule machten.

Zu Beginn der Gedenkfeier zeigte ein Dia in der Kirche ein Bild des Konzentrationslagers Auschwitz. Über den Schienenstrang, der zum Lagereingang und zur berüchtigten Rampe führte, schien Gras zu wachsen. Im Altkreis Lingen gibt es viele Bürger, die dies zu verhindern wissen.

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Lingener Tagespost | Brenner: Auf euch junge Leute kommt es an

01 Samstag Feb 2003

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Besuch aus Berlin gestern in Marienschule

Lingen (pe)
,,Wann wird der Antisemitismus ein Ende haben?“, fragte das junge Mädchen der Lingener Marienschule gestern Vormittag Dr. Alexander Brenner, seit Mai 2001 Vorsitzender der jüdischen Gemeinde Berlins. ,,Das wird an euch liegen“, erwiderte der 72-Jährige. In der kurzen Antwort Brenners lag die zentrale Botschaft an die jungen Leute des neunten und zehnten Schuljahres: Aus dem Wissen um die Geschichte heraus wachsam bleiben gegenüber allen Tendenzen der Ausgrenzung und des Hasses.

Dr. Brenner war auf Einladung des Forums Juden-Christen in den Altkreis Lingen gekommen. Nach Besuchen in Lengerich und Freren bildete gestern die Diskussion mit Schülerinnen und Schülern der Marienschule, eine Besichtigung des Gedenkortes Jüdische Schule am Jakob-Wolff-Platz und ein Empfang bei der Stadt Lingen den Abschluss seiner Reise.

Die Jungen und Mädchen der Marienschule hatten sich intensiv auf das Gespräch mit dem Gast aus Berlin vorbereitet, den Rektorin Margret Sandmann herzlich willkommen hieß. ,,Ihr Besuch hier ist für unsere Schulgemeinschaft von besonderer Bedeutung“, betonte die Pädagogin.

lt-01-02-03_5In einer ersten Fragerunde erfuhren die jungen Leute etwas aus der Biografie von Brenner, der als Neunjähriger 1939 in Polen den Einmarsch der deutschen Wehrmacht erlebte, Verwandte durch die Gräueltaten der Nationalsozialisten verlor, nach dem Krieg nach Deutschland kam und dort aus persönlichen Gründen blieb. Viele Jahre lang wirkte er im diplomatischen Dienst des Auswärtigen Amtes mit, arbeitete als Jude in der deutschen Botschaft in Israel und war auch mehrere Jahre in Moskau.

Moderiert von Konrektor Benno Vocks stellten die jungen Leute Dr. Brenner anschließend Fragen zu allen Bereichen jüdischen Lebens und seiner leidvollen Geschichte. Sie erfuhren zum Beispiel, dass Rabbiner heiraten dürfen, dass der Vorsitzende der größten jüdischen Gemeinde Deutschlands mit 13 000 Mitgliedern auch bei seinem Besuch in der Marienschule unter permanentem Personenschutz stand, dass das Verhältnis zum Christentum ein sehr schwieriges sei, da im Namen des Christentums über Generationen hinweg Juden getötet worden seien.

Die jungen Leute wollten auch wissen, wo Dr. Brenner die Ursachen für Hassausbrüche anderen gegenüber sehe. ,,Hassgefühle zu wecken ist leichter, als humane Gefühle zu verbreiten“, meinte der 72-Jährige. Er forderte die Schüler auf, wachsam zu bleiben und den Anfängen zu wehren.

Zur Sprache kam in der Runde auch der Nahost-Konflikt. Dr. Brenner wehrte sich gegen Darstellungen in den Medien, die das Vorgehen Israels in den besetzten Gebieten mit den Untaten der Nazis verglichen. Dies käme einer Verhöhnung der Opfer und einer Rehabilitation Hitlers gleich. Der Gast aus Berlin gab offen zu, dass auch er kein Rezept habe, wie zwischen Israel und den Palästinensern Friede hergestellt werden könne. Die Gründung eines eigenen palästinensischen Staates könne für Israel dann eine Gefahr bedeuten, wenn er nicht demokratisch legitimiert sei.

Unterbrochen wurden die Fragerunden von einer Musikdarbietung der Lehrerinnen Marion Staggenborg und Roswitha Kock und Liedern, die Lehrer Lutz Robers mit den Jungen und Mädchen eingeübt hatte. ,,Shalom chaverim“, sangen sie für Dr. Brenner zum Abschluss: ,,Leb’ wohl, lieber Freund“.

Auch die Jüdische Schule am Jakob-Wolff-Platz in Lingen stand auf dem Besuchsprogramm von Dr. Brenner. Dort trug er sich in das Gästebuch ein. Zuvor hatte ihm Stadtarchivar Dr. Ludwig Remling, der auch Vorstandsmitglied im Forum Juden-Christen ist, die Geschichte der jüdischen Gemeinde in der Stadt erläutert.

Anders als die unmittelbar angrenzende Synagoge war die Schule in der Pogromnacht vom November 1938 nicht dem Feuer zum Opfer gefallen. Dies hing, so Dr. Remling, mit der Sorge der Nachbarn zusammen, dass ihre eigenen Besitztümer Schaden nehmen könnten. Ausführlich beleuchtete der Historiker in seinem Vortrag auch den wechselvollen Umgang der Stadt Lingen mit ihren jüdischen Mitbürgern.

Dem Verdrängen oder schlichten Vergessen folgte Ende der 70-er Jahre der Beginn einer intensiven Aufarbeitung. Diese erfuhr mit der Einweihung des Gedenkortes Jüdische Schule im November 1998 durch den damaligen Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, eine Krönung. Die Ausstellung in der Schule ist vor allem das Werk der Lingenerin Anne Scherger, die sich um die Erforschung der jüdischen Geschichte Lingens besonders verdient gemacht hat.

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Lingener Tagespost | Brenner: Lingen sollte Vorbild für andere sein

01 Samstag Feb 2003

Posted by forumjc in 2003, Archiv

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„Jüdische Geschichte wach halten”

Lingen (bm)
„Die Aufarbeitung der jüdischen Vergangenheit in Lingen ist einfach nur beispielhaft zu nennen und sollte Vorbild für viele andere Städte in Deutschland sein.” Das sagte gestern Mittag lobend Dr. Alexander Brenner, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde Berlins, bei einem Empfang im Historischen Rathaus der Stadt. Begrüßt wurde der Gast aus der Hauptstadt durch Lingens Zweiten Bürgermeister Günter Lobenberg sowie von den Vertretern der Stadt und der Politik.

„Ich freue mich außerordentlich, verehrter Dr. Brenner, eine so prominente Person des gegenwärtigen jüdischen Lebens in Deutschland hier in unserer Stadt Lingen begrüßen zu dürfen”, empfing Lobenberg den Gast aus Berlin. Auch zur Lingener Geschichte habe über viele Jahrhunderte hinweg jüdisches Leben gehört. „Es hat nach dem Krieg eine Zeit lang
gedauert, bis ihre Schicksale aufgearbeitet werden konnten. Dieser Prozess ist allerdings noch nicht vorbei, weil auch den folgenden Generationen dieser Teil der deutschen Geschichte vermittelt werden muss”, betonte Lobenberg.

lt-01-02-03_7Um die Erinnerung wach zu halten, brauche es engagierte Menschen wie das Forum Juden-Christen, und Rat und Verwaltung der Stadt seien sehr froh über die Arbeit, die hier geleistet werde. Zwischen dem Forum und der Stadt sei über die Jahre hinweg eine enge Kooperation entstanden, die sich in vielen Veranstaltungen und Projekten bestens bewährt habe – ob Kulturveranstaltungen, Lesungen aus der Exilliteratur oder dasSchauspiel im November 2001 „In der Löwengrube”, in dem die Geschichte des jüdischen Schauspielers Leo Reuß aufgearbeitet wurde.

Für den Herbst sei geplant, unter anderem den Sohn von Hitlers Sekretär Martin Bormann nach Lingen einzuladen. In dieser Veranstaltung soll die Rolle Bormanns als Beispiel für Hitlers engste Mitarbeiter Thema werden. Für den diesjährigen 65. Jahrestag der Reichspogromnacht sei eine zentrale Feier für den Landkreis Emsland in der alten Rheder Kirche im Nordkreis geplant.

Glücklich sei man auch, bei dem Bemühen, die jüdische Geschichte in Lingen wach zu halten, Unterstützung bei zwei Ehrenbürgern der Stadt zu finden: Ruth Foster und Bernhard Grünberg. So hätten sich in den vergangenen Jahren wieder sehr herzliche und enge Freundschaften zwischen der Familie Grünberg und Lingenern entwickelt. Lobenberg: „Wir freuen uns deshalb auch sehr, dass Bernhard Grünberg in diesem Jahr seinen 80. Geburtstag in Lingen feiern möchte.”

In bewegenden Worten äußerte Lingens Zweiter Bürgermeister abschließend noch einen Wunsch: „Ich würde mich glücklich schätzen, wenn sich in Lingen wieder eine oder mehrere jüdische Familien ansiedelten, wenn jüdisches Leben und jüdische Kultur wieder gelebter Teil dieser Stadt werden könnten.”

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EL am Sonntag | Veranstaltungen zum Gedenken an den Holocaust

30 Donnerstag Jan 2003

Posted by forumjc in 2003, Archiv

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Besuch aus Berlin hat sich angesagt

Lingen
Hochrangigen Besuch erwartet das Forum Juden-Christen an ‘diesem Donnerstag: Der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Berlin, Dr. Alexander Brenner, wird den Altkreis Lingen besuchen.

brenner_1 1996 wurde durch Bundespräsident Roman Herzog der 27. Januar als Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz zum bundesdeutschen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus erklärt. Aus diesem Anlass findet in diesem Jahr in Zusammenwirken mit der Stadt und Samtgemeinde Freren, dem Forum Juden-Christen und den beiden Frerener Kirchen am Donnerstag, 30. Januar, um 19 Uhr in der evangelischen Kirche in Freren die zentrale Gedenkveranstaltung statt.

Neben zahlreichen jüdischen Gästen nimmt mit dem Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Berlin, Dr. Alexander Brenner, einer der ranghöchsten Persönlichkeiten jüdischen Lebens, in Deutschland als Redner an dieser Gedenkveranstaltung teil.

Dieser Tag des Gedenkens soll, so das Forum Juden-Christen, helfen, durch gemeinsames Hören, Nachdenken und  Schweigen sensibel zu werden für das Leiden der Menschen, die die Lager nicht überlebten oder bis heute an den Folgen ihrer schweren Zwangsarbeit zu tragen haben. Vorsitzender Reinhold Hoffmann: „Nur mit dem Blick auf die Menschen, die vor uns lebten, können wir heute verantwortlich Demokratie und Zukunft leben. Wir brauchen Zeit und Raum für diese Erinnerung, in Schulen, in der Stadt und unseren Kirchen.”

Am Freitag, 31. Januar, wird Dr. Brenner vor Jungen und Mädchen der Marienschule in Lingen sprechen. Nach einer Besichtigung des Gedenkortes Jüdische Schule erfolgt ein Empfang durch Rat und Verwaltung der Stadt im Historischen Rathaus.

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