Forum Judentum Christentum

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15. Mai 2017 Pressegespräch zum Projekt „Museum Bernd Rosemeyer-Elly Beinhorn“

01 Donnerstag Jun 2017

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Bei einer Pressekonferenz am 15. Mai 2017 hat das Forum Juden-Christen seine kritische Haltung zum geplanten Museum für Bernd Rosemeyer und Elly Beinhorn öffentlich gemacht. Grundlage war der nachfolgende Text.

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Stellungnahme des Forums Juden-Christen zum Plan eines Rosemeyer-Museums in Lingen Aufgrund des einstimmigen Beschlusses der Mitgliederversammlung vom 3. Mai 2017 nimmt das Forum Juden-Christen im Altkreis Lingen e.V. zu den Plänen von Heinrich Liesen zur Einrichtung eines Museums für Bernd Rosemeyer und Elly Beinhorn in Lingen wie folgt Stellung: Das Museum wäre eine öffentliche Angelegenheit, was u.a. daraus zu ersehen ist, dass Herr Liesen Kontakt zum Oberbürgermeister aufgenommen hat. Das Museum will er in Zusammenarbeit mit dem Emslandmuseum realisieren. Herr Liesen strebt eine Einbindung seines Vorhabens in öffentliche Stadtführungen an. Das Forum Juden-Christen im Altkreis Lingen e.V. nimmt seit über drei Jahrzehnten in der Öffentlichkeit und in Zusammenarbeit mit der Stadt Lingen Aufgaben in der Aufarbeitung der NS-Zeit und der Erinnerungsarbeit wahr. Zu den Zwecken des Vereins gehört laut Satzung Zeichen gegen das „Vergessen“ zu setzen, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus entgegenzutreten und nach Wegen der Versöhnung und des friedvollen Miteinanders aller Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft oder Religion, zu suchen. Auf der geistigen Grundlage der bisherigen Aufarbeitung und Gedenkarbeit, wie sie an vielen Gedenkstätten deutschlandweit, aber auch international und speziell auch im Emsland in der Gedenkstätte Esterwegen zum Wohle unseres Landes und in der Suche nach Verständigung unter den Völkern geleistet wird, hat ein Rosemeyer-Beinhorn-Museum keinen Platz. Denn: Bernd Rosemeyer hat seinen Sport in engster Verbindung mit dem NS-Gewaltregime ausgeübt. Er stellte schon 1932 einen Antrag auf Aufnahme in die SS, nachdem er zuvor bereits Mitglied der SA gewesen war. In der SS brachte er es in kurzer Zeit zum Hauptsturmführer. In der Öffentlichkeit trug er mit Stolz die Embleme der SA. Er wurde von der Nazi-dominierten Presse zusammen mit seiner Ehefrau als Held und Sieger glorifiziert, der deutschen Jugend als Vorbild präsentiert, und er ließ sich damit ohne Not für die abgründigsten Ziele des NS-Staates, unter denen damals schon Hunderttausende und später dann Millionen Menschen auf der ganzen Welt gelitten haben, vereinnahmen. Bernd Rosemeyer wollte von Seiten des NS gefördert werden. Er ließ sich auf den NS ein und wurde vom NS in herausragender Weise für dessen Ideologie instrumentalisiert. Besonders deutlich wurde das auf der Trauerfeier für den am 28. Januar 1938 verunglückten Rennfahrers, die am 1. Februar 1938 in Berlin stattfand. An dieser Trauerfeier in der Dahlemer Friedhofshalle nahmen neben den Angehörigen nicht nur die Teamkollegen der Auto-Union und der Chef des NS-Kraftfahrtkorps teil. Es waren auch etliche hochrangige Militärs anwesend. Der Chef der SS, Heinrich Himmler, schickte einen Vertreter aus der obersten Führungsebene, SS-Gruppenführer August Heißmeyer, und sogar die Reichsregierung war durch Verkehrsminister Julius Dorpmüller vertreten. Eine unpolitische Trauerfeier war das nicht. Adolf Hitler meinte in einem persönlichen Kondolenzschreiben an die Witwe, sie möge sich mit dem Gedanken trösten, dass ihr Mann „für deutsche Geltung fiel“. Für unsere demokratische und rechtsstaatliche Gesellschaft gibt es in keinem Bereich Anknüpfungspunkte in den ideologischen Setzungen des NS-Regimes. Auch nicht im Bereich des Sports. Denn dieser wurde vom NS dazu missbraucht, ein Volk letztlich zu Kriegszwecken zu ertüchtigen und ihm ein Überlegenheitsdenken und eine Härte gegen andere einzuimpfen. Auch ging es darum, die jüdischen Sportler auszugrenzen. Hiervon war unter vielen auch Rosemeyers Rennfahrerkollege Hans Levy betroffen, der in die USA fliehen musste. Wir sind der Meinung, dass die Stadt Lingen die geistige Haltung beibehalten sollte, in deren Konsequenz sie zwei überlebenden jüdischen ehemaligen Bürgern 1993 die Ehrenbürgerschaft verliehen hat, in der sie seit Jahrzehnten die Erinnerung an die Pogromnacht vom 9. November 1938 wachhält und in der sie sich darum bemüht, nicht die protegierten Helden, sondern die Widerstandskräfte und die Opfer der NS-Zeit – letztere auch durch Stolpersteine – zu ehren. Diese uns aufgetragene Gedenkkultur sollte nicht durch eine Rosemeyer-Beinhorn-Museums-Bühne konterkariert und zu Fall gebracht werden. Klare Worte sind nötig: Wir fordern die Mitglieder des Stadtrats und den Herrn Oberbürgermeister auf, die von ihnen mitgetragene Gedenkarbeit und gemeinsam gepflegte Gedenkkultur nicht außer Acht zu lassen, sondern daran festzuhalten und sie fortzusetzen. Das Forum Juden- Christen im Altkreis Lingen e.V. will keine Fortsetzung der Glorifizierung einer NS-Figur. Wir möchten kein Bernd-Rosemeyer-Museum. Niemandem hier und sonst im Forum Juden-Christen liegt, ebenso wie auch sonst keiner Bürgerin und keinem Bürger Lingens daran, den Menschen Bernd Rosemeyer zu verurteilen. Denn weder sind wir eine dazu legitimierte rechtliche noch moralische Instanz. Gleichwohl verurteilen wir die Haltung und das Tun Bernd Rosemeyers , der sich aus Gründen des persönlichen Vorteils und Nutzens dem unmenschlichen Hitlerregime angedient hat und von diesem in nachgerade symbiotischer Weise vereinnahmt wurde, und zwar zu einer Zeit, in der bereits klar war, wohin die „Reise“ mit der Menschenwürde bzw. ihrem Bruch und der Verfolgung und Drangsalierung der als unliebsam etikettierten Deutschen und der blutrünstigen Kriegsvorbereitung ging. Sein Leben endete dann aber, ohne dass ihm die Gelegenheit geblieben wäre, es zu bedenken, Unziemliches zu widerrufen und sich neu zu orientieren. Wo könnte deshalb die Befugnis herkommen, über Bernd Rosemeyer den Stab zu brechen? Gleichwohl kann Bernd Rosemeyer, der zu einer Gallionsfigur des NS-Systems avancierte, und damit auf der Täterseite im Apparat von NS und SS stand, kein Vorbild sein – für niemanden von uns, allemal nicht für junge Menschen, und darum eben auch darf er nicht zum Mittelpunkt einer Heldengedenkstätte in der Elektrobäckerei in Lingens Burgstraße werden. Zudem wäre die Existenz einer derartigen Einrichtung gleich einer Ohrfeige für die Opfer des Naziterrors, nicht nur die Lingener Opfer, und käme, so hat der Vorsitzende des Forums Juden-Christen in Nordhorn, Gerhard Naber geschrieben, einem „Schlag gegen alle so intensiven Bemühungen in Lingen um eine gelingende und nachhaltige Erinnerungskultur gleich“. Wir fragen deshalb den Initiator Herrn Liesen: – Welchen Sinn kann in Kenntnis des zwiespältigen Lebenswegs und der Geschichte Bernd Rosemeyers die Einrichtung eines Museums für den Rennfahrer machen – nicht nur für ihn selbst und Heinrich Liesen, sondern für die Stadt Lingen insgesamt, also uns alle? – Gibt es ein Konzept für das Museum, das die Verwerflichkeit der unrühmlichen Doppelrolle in den Blick nimmt und beleuchtet, die der berühmte Rennfahrer aus eigennützigen Gründen in der NS-Zeit und für die Nazis gespielt hat? Man nennt eine solche Einrichtung im Gegensatz zu den Opfermuseen Tätermuseum. – Wie wollen es Stadt, Rat und Verwaltung mit der Roten Linie halten, die wir zwischen Heinrich Liesens Museumsprojekt für einen herausragenden Protagonisten des NS-Systems, den willfährigen Helden Bernd Rosemeyer einerseits und der jahrzehntelangen gemeinsamen Erinnerungsarbeit und Gedenkarbeit in Sachen Nationalsozialismus, Naziterror, Krieg und Holocaust, unserer gemeinsamen Verpflichtung darauf und unserer nie endenden Verantwortung für die Opfer andererseits, doch hoffentlich alle ziehen wollen und ziehen müssen?

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15. November 2016 Lehrhausgespräch „Wie gut sind wir gerüstet für eine multireligiöse Gesellschaft”

27 Dienstag Dez 2016

Posted by forumjc in 2016, Archiv

Beim Lehrhausabend am 15. November 2016 sprach Prof. Dr. Michael Heinig von der Universität Göttingen zum oben genannten Thema. Für die interessierte Öffentlichkeit wird hier ein Bericht über die Veranstaltung veröffentlicht.

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„Wir sind sehr froh und auch ein wenig stolz, dass Professor Dr. Hans-Michael Heinig heute Abend zum dritten Lehrhausgespräch in der diesjährigen Reihe zu uns gekommen ist“, sagte der Vorsitzende des Forums Juden-Christen, Dr. Heribert Lange. Der Ordinarius für öffentliches Recht und zugleich Direktor für Kirchenrecht der evangelischen Kirche Deutschlands, ebenfalls an der Göttinger Uni, sei gerne in seine ehemalige Heimatstadt gekommen. Kompetenz, reichliche Diskurserfahrung im interreligiösen Dialog sowie Erfahrung in der politischen und juristischen Debatte um die Stellung von Religion und Kirchen im Staate, zeichneten den Referenten während des 90-minütigen Lehrhausgespräches aus. In seinen Begrüßungsworten konstatierte der. Lange: „Die Brisanz der aktuellen Debatte hat ihren Grund indessen aber noch in einem weiteren Aspekt oder, wenn Sie so wollen, Problem. Dass nämlich mit der bisher öffentlich nicht so recht, zumindest nicht problematisch wahrgenommenen, nun aber mit aller Macht der in der Öffentlichkeit präsenten Religion des Islam und der zahlreichen Muslime unter den Geflüchteten aus dem Nahen Osten auch eine erst einmal fremd anmutende Kultur zu uns kommt, die über den rein religiösen Aspekt einer Integrationsaufgabe hinaus, so dies bei einer Religion überhaupt geht, auch mit der Frage der gesellschaftlichen Integration sowie der Frage einer multikulturellen Gesellschaft und Gesellschaftskultur verbunden ist, und vermutlich verbunden werden muss.“ Auf die Eingangsfragen: „Wieviel Mulitreligiösität vertragen Staat und Gesellschaft? Wie sehr und wie bald droht unserer Gesellschaft die Islamisierung? Gibt es eine friedensstiftende Kraft und Funktion der Religionen? Wie friedlich und respektvoll können Religionen miteinander umgehen? Gibt es eine friedliche Koexistenz? Oder ganz säkular und knapp: Demokratie und Menschrechte.“ Auf diese Fragen und das vorangestellte Thema gab Professor Heinig plausible Antworten. Deutlich wurde dabei das Spannungsverhältnis zwischen dem Recht, vor allem den Grundrechten laut unserer Verfassung, und der gefühlten, verinnerlichten Wahrnehmung und Meinung der Zuhörer, die eine persönliche Diskrepanz zwischen Recht und Standpunkt darlegten. Das Grundgesetz, vor allem Artikel 4 und weitere Religionsartikel seien verbriefte Garantien für die Religionsfreiheit in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Fülle von Bestimmungen ließen sich auf die Weimarer Reichsverfassung von 1919 zurückführen und seien durch den Parlamentarischen Rat ins Grundgesetz importiert worden, so Heinig. So zum Beispiel das Selbstbestimmungsrecht von Religionsgemeinschaften, Verwaltungsordnungen, Religionsfreiheit, öffentlich-rechtliche Rechtsformen, Körperschaften des öffentlichen Rechts, Besteuerungsrecht, Anstaltsseelsorge, Religionsunterricht an öffentlichen Schulen, Sonn- und Feiertagsregelungen und anderes mehr. Heinig verwies auf das Konkordat, Verträge der evangelischen Landeskirchen oder mit kleineren Religionsgemeinschaften, zum Bespiele mit jüdischen Verbänden oder an erste Annäherungen seitens der Muslime. „Recht, so wie es im Gesetz steht, und wie es uns im sozialen Alltag erscheint, sind zweierlei. Heinig sprach vom „Recht in Büchern und dem Recht in Aktion“, und erläuterte das Spannungsverhältnis an Beispielen. Das Recht bedürfe einer Interpretation, denn Recht sei immer eingebettet in eine kulturelle Praxis, die sehr verschieden sein könne. Der Normwortlaut könne in einer anderen Gesellschaft anders gedeutet werden. Das Recht habe einen Selbststand, führe aber in einem sozialen Wandel dazu, dass es aufbereitet werden müsse. Die Frage: „Wie gut sind wir heute eigentlich gerüstet?“, müsse die gesellschaftlichen Verhältnisse beleuchten, und auf sie müsse auch zurückgeblickt werden. „Wie ist es eigentlich dazu gekommen, wo wir heute stehen? Wie hat das Recht den sozialen Wandel der letzten Zeit verarbeitet?“. Diese und weitere Fragen erläuterte der Referent und betonte: „Ein Großteil unseres heutigen Religionsverfassungsrechts startete bereits 1919.“ Finanzierungsinstrumente wurden für alle Religionsgemeinschaften beibehalten und auch der heutige „religiöse Pluralismus“ hatte bereits 1919 Bestand. Es sei ein Glücksfall, „dass wir altes Recht haben, nicht veraltetes, sondern bewährtes aus der Zeit von 1919“, so Heinig. Auch der Religionsunterricht an öffentlichen Schule gehöre dazu. Während des aufkeimenden Ost-West-Konflikts richtete man sich gegen jede Form des Totalitarismus, Faschismus, Kommunismus, Stalinismus, um den Ausdruck vom „säkularen Weltbild“ als Bedrohung des Christentums zu begegnen. In der Bayrischen Landesverfassung von 1949 wurden christliche Werte ausdrücklich aufgenommen und der Kirche eine besondere Rolle, zum Bespiele im Erziehungswesen und im Wohlfahrtsstaat zugewiesen. Das Christentum verweise auf das „friedliche Zusammenleben“, und in der Präambel des Grundgesetzes stehe „vor Gott und den Menschen“. Auch das EU-Recht übernahm die Religionsfreiheit. „Aus heutiger Sicht heraus fast ein Glücksfall“, so Heinig. Beide Kirchen waren nach 1945 „relativ eigenständige Größen, Institutionen geblieben“, die 95 Prozent der Bevölkerung vertraten. Staat und Kirchen standen sich als „Hoffnungsmächte auf Augenhöhe“ gegenüber. Die Kirchen waren souverän, so wie der Staat. Sie mussten sich durch Verträge koordinieren, die nicht zu Lasten der Kirchen ausfielen. Die „Religionsfreundlichkeit“ sehe man an den „einfach gesetzlichen Regelungen, über die wir bis heute reden und die uns bis heute prägen“, so Heinig. Religion sei etwas höchst persönlich Individuelles. Es entwickelte sich eine deutliche Pluralisierung, Kirchenaustritte vermehrten sich, „mit Religion kann ich nichts anfangen“, passe in ein sich säkularisierendes Weltbild. Polarisierungen veränderten das Recht, die Interpretationen, die Rechtswahrnehmungen und Selbstdeutungen. „Kirche unter dem Grundgesetz“ sagt aus, dass die Kirchen unter dem Grundgesetz stehen, sozusagen subordiniert sind, sich nicht mehr auf gleicher Augenhöhe befänden. Ein gerne herangezogenes Zitat des ehemaligen Bundesverfassungsrichters Ernst-Wolfgang Böckenförde lautet: „Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann.“ Weiter führt er aus: „Das ist das große Wagnis, das er, um der Freiheit willen, eingegangen ist. Als freiheitlicher Staat kann er einerseits nur bestehen, wenn sich die Freiheit, die er seinen Bürgern gewährt, von innen her, aus der moralischen Substanz des einzelnen und der Homogenität der Gesellschaft, reguliert. Anderseits kann er diese inneren Regulierungskräfte nicht von sich aus, das heißt mit den Mitteln des Rechtszwanges und autoritativen Gebots zu garantieren suchen, ohne seine Freiheitlichkeit aufzugeben und – auf säkularisierter Ebene – in jenen Totalitätsanspruch zurückzufallen, aus dem er in den konfessionellen Bürgerkriegen herausgeführt hat.“. Heinig dazu: „Die freie Ordnung müsse vom Bürger getragen werden. Das könne aber der säkulare Staat nicht garantieren, nicht schaffen.“ Neu gerahmt worden seien die Verhältnisse ab den 2000er Jahren, da sich die Verhältnisse seit den 1960er Jahren noch einmal verändert hätten. Heinig verwies auf die SPD-Politik, die Entchristlichung im Osten Deutschlands, auf Großstädte, in denen Christen Minderheiten seien, Migrationsbewegungen, eine deutliche Pluralisierung sei zu verzeichnen und Muslime seien seit der Flüchtlingskrise hinzugekommen. Böckenfördes Diktum sei bei aller religiösen Homogenität in den 1960er Jahren passend gewesen. Heute hätten wir auch durch und innerhalb des Islam sehr heterogene Strömungen, die sehr facettenreich seien. Zu einigen gebe es ein entspanntes Verhältnis. Aber die Praxis zu islamisch geprägten Staaten oder Salafisten zeige heute ein anderes Bild. „Wie gehen wir damit jetzt um, ab den 1990er Jahren“, fragte Heinig. Er rede heute nicht mehr so gerne vom „Staatskirchenrecht“, sondern vom „Religionsverfassungsrecht“. Eine Rechtsordnung, die für alle Religionen gelte, und die in der Verfassung ihre Wurzeln habe. Man sein mitten drin in „Deutungskämpfen, Deutungskonflikten, und unter dem Eindruck des Islam müssten wir eigentlich zwischen guten und schlechten, bzw. verfassungsnäheren und verfassungsferneren Religionen unterscheiden.“ Das „Hierarchisierungsmodell“ sei nach Heinig wenig zielführend. „Obwohl das Grundgesetz gleichen Zugang gewährt“, so Heinig. Muslime erhielten zwar Religionsfreiheit, aber irgendwie gehören sie nicht dazu, seien Bürger zweiter Klasse. „Hier zeigt sich schon die ganze Problematik, über die kräftig zu streiten ist“, so Heinig. Hinter das friedliche Zusammenleben, Gleichberechtigung aller Bürger, gleiche Rechte und Freiheiten, Unabhängigkeit von ihrer Religion (…), „da kommen wir nie wieder hinter zurück.“ Steigt mit der Pluralität das Konfliktpotential und müsse man nicht die Religion aus dem öffentlichen Raum stärker verdrängen? Dieses „Neutralitätsverständnis“ finden man zum Beispiel bei der Partei „Die Linke“ oder bei „Bündnis90/Die Grünen“ wieder. Ist Religion per se nur konfliktfördern und/oder gefährlich? Hier käme man schnell ins Fahrwasser eines weltanschaulichen Säkularismus. Doch das sei nicht das, was das Grundgesetz postuliere. Die Religionsordnungen können wir aber differenzierter ausgestalten und uns auf „Suchbewegung“ begeben, so Heinig. Der Staat, zum Beispiel die Debatten im Bundestag, lasse religiöse Argumente bei verschiedenen Themen in öffentlicher Auseinandersetzung zu. „Das ist unsere deutsche Tradition.“ Es gebe mittlerweile Auseinandersetzungen, Rechtsprechung um religiöse Symbole, zum Beispiel um das Kopftuchtragen in der Schule. Heinig: „Es kommt darauf an, was im Kopf ist und nicht darauf, was [die Schülerin] auf dem Kopf trägt.“ Trotzdem sei die darum geführte Debatte keine verfehlte gewesen. Den Religionsfrieden halte man für wichtig, aber der Schulfrieden und Rechte der anderen Schüler und Eltern seien in einer solchen Gemengelage mit zu berücksichtigen. Der Gesetzgeber kann das Kopftuch nur verbieten, wenn in der Schule oder im Schulbezirk eine Bedrohung des Schulfriedens vorliegt, wenn sich die Konflikte so verhärten, dass es neben verbalen auch zu körperlichen Auseinandersetzungen kommen würde. Die Kopftuch tragende Lehrerin könne weiteren Zündstoff bieten, und ein ordnungsgemäßer Unterricht wäre nicht mehr gewährleistet. Dann dürfe der Staat das Tragen des Kopftuches verbieten. „Die Privilegierung der christlichen Kirchen, eine wohlwollende Neutralität unter Einbeziehung der Muslime ist eine große Baustelle“, so Heinig. Beim Religionsunterricht käme es zum Schwur, wenn gesellschaftlich heterogene Gruppen ihren eigenen Religionsunterricht einfordern. „Die Gleichbehandlung ist in der Verfassung noch nicht ganz eingelöst.“ Unverständlich gerade in katholischen Regionen: Die verlangte Kreuzabnahme. Doch, so Heinig, jeder hat das Recht, die Abnahme des Kreuzes in öffentlichen Räumen (Schule, Gericht) zu verlangen. Beim Beispiel der Vollverschleierung, zum Beispiel in Schulen oder Universitäten „bin ich eher skeptisch“, so Heinig. Hier habe die Schule die Pflicht, mit allen Mitteln durchzusetzen, dass das Gesicht zu sehen sei. „Wir wollen das Gesicht sehen, damit ein geordneter Unterricht stattfinden kann. Dazu brauchen wir Kommunikationsmöglichkeiten. Eine ordnungsgemäße Beschulung ist sonst nicht möglich.“ Harte Fakten, die Professor Heinig vorstellte, die aber von der Rechtsprechung her keine andere Deutung zuließen. Aber Recht entwickelt sich weiter, ist ein Prozess, und der fand auch in den Köpfen der Besucher statt. Denn die anschließende Diskussion zeigte, wie Recht und Gerechtigkeit objektiv und subjektiv auslegbar und nicht immer deckungsgleich sind.

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Ansprache von Dr. Heribert Lange zum Jahrestag des Novemberpogroms von 1938

11 Freitag Nov 2016

Posted by forumjc in 2016, Archiv

9. November 2016

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Meine Damen und Herren, wir alle, die Jahr für Jahr und schon Wochen vorher auf dieses Datum schauen, und uns überlegen, was es dazu wohl noch zu sagen gibt, und was der Gedenktag zur Reichspogromnacht 1938 vielleicht uns allen noch bedeutet, freuen uns sehr und danken Ihnen herzlich, besonders auch den jungen Menschen, die heute hierher gekommen sind – heute, 78 Jahre danach. Mit der reichsweiten Feuersbrunst, in der in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 nahezu alle Synagogen Deutschlands auf Befehl des damaligen Reichskanzlers Adolf Hitler und seines teuflischen Paladins Josef Göbbels in Schutt und Asche versanken, begann der offene und für jedermann wahrnehm-und sichtbare Kampf gegen das Judentum – haargenaus so, wie Hitler selbst dies bereits 1925 in „Mein Kampf“, also 8 Jahre vor der sogenannten Machtergreifung, dargelegt hatte. „Mein Kampf“ wurde übrigens und sozusagen zwangsweise jedem neuvermählten Paar auf dem Standesamt mitgegeben. Der Synagogenbrand galt den jüdischen Kultusstätten, also dem, was für Christen Kirchen sind und wo sie, die Christen, darauf bedacht sind, dass ihren Gotteshäusern keinesfalls Ähnliches oder jede andere Art der Schändung passiert. Das aber war lediglich der Anfang des blindwütigen Kampfs der Nazis, also der Hitler-Faschisten, zur Ausrottung des Judentums, seiner Kultur – die Bücherverbrennung jüdischer und weiterer Autoren hatte bereits 1933 stattgefunden und ebenso die Diffamierung der sogenannten entarteten Kunst – und sodann der jüdischen Menschen Deutschlands und am Ende ganz Europas. Es waren 6 Millionen Menschen, unter ihnen wahrscheinlich 1,5 Millionen Kinder; eines von ihnen war der in Lingen geborene und hier mit seinen Eltern lebende Ihno ten Brink, der im Alter von 12 Jahren in den Gaskammern von Auschwitz ermordet wurde. Und aus Freren kennen wir den Namen des kleinen Samuel Manne. Hätte diese unfassbare Katastrophe der Kultur und der Humanität mitten in Europa mitsamt dem damit verbundenen gigantischen Völkermord, der Shoah, so auch geschehen können, hätte der Holocaust so auch passieren müssen, wenn die Menschen, möglichst viele Menschen, dagegen aufgestanden wären? Wir, die Nachlebenden, können darüber heute nur schlaumeiern und spekulieren. Denn bis heute gibt es trotz der Anstrengungen der Historiker und trotz der eigentlich eindeutigen Wahlergebnisse für die Nazis keine Klarheit darüber, ob und wie viele Menschen denn wirklich gegen Hitler standen, zumindest nicht Mitläufer seines totalitären Unrechtsregimes waren. Gleichwohl bleibt diese Frage immer weiter auf der Tagesordnung der Geschichte. Denn wenn Erinnerungsarbeit und Gedenkkultur über und an die Shoah einen Sinn haben sollen, kann solcher Sinn selbst tatsächlich nur gefunden werden, wenn wir die nie endende historische Verantwortung unserer Nation für den Tod von Abermillionen jüdischer Menschen, von Sinti und Roma, Homosexuellen und politisch Andersdenkenden in unserem Bewusstsein haben, in unserem Bewusstsein behalten und mitbedenken – immer auch mit Blick auf damals, mit Blick auf heute und mit Blick auf morgen. Indessen ist gewiss, dass es den Begriff der Menschenwürde und das Gebot der Menschenachtung auch damals längst schon gab. Denn das Abendland berief sich auch damals schon und schon lange davor auf seine jüdisch-christliche, mindestens aber wohl auf die christliche Tradition und Kultur und deren Gebote – egal, ob sie als gottgegeben galten oder in der inzwischen säkularen Gesellschaft als Ergebnis der Aufklärung und ihrer Philosophen, z.B. Immanuel Kant, betrachtet wurden. Menschenverachtung, Rassenideologie, Antisemitismus, Sexismus, Fremdenhass, Mord und Völkermord waren damit als gesellschaftliche oder politische Instrumente von vorne herein und per se ausgeschlossen – eigentlich, keineswegs aber tatsächlich. Und nicht einmal heute, also Jahrzehnte nach dieser furchtbaren Lektion, die uns nach Hitlers infernalischer Deutschstunde aufgegeben war und aufgegeben bleibt, ist das so, obwohl es überaus achtbare Anstrengungen gab und immer weiter gibt, Mitmenschlichkeit und die Achtung der Menschenwürde zu befestigen, z.B. 1948 durch die UNO-Charta der Menschenrechte, und sodann in den Grundrechten unserer Verfassung. Artikel 1 des Grundgesetz lautet darum: „Die Würde des Menschen ist unantastbar!“ Finden Sie, dass sich damit volksverhetzerische Begriffe und Parolen wie artfremd, Primitivgesellschaften, Quotenneger, Rettung des Deutschtums, Wirtschaftsflüchtlinge, Parallelgesellschaft, Islamisierung, völkisch und die Bewahrung des Völkischen, laut Alexander Gauland, „Am besten mit Bismarck‘-schem Instrumentarium auszurotten, nämlich ,mit Eisen und Blut‘ “ – finden Sie, dass dies alles sich mit dem Menschenwürdeanspruch unserer Verfassung oder gar den, dem christlichen Abendland heiligen Gesetzen Gottes verträgt? Und finden Sie nicht auch, dass die wachsende Zahl sogenannter Hasskriminalität, die wir den Polizeistatistiken entnehmen, das genaue Gegenteil dessen bezeugt? Hasskriminalität ist Kriminalität gegen Menschen und gegen Sachen, z.B. gegen Moscheen, Synagogen und Flüchtlingsheime, die in Brand gesteckt werden oder gegen die Menschen selbst, die darin einstweilen Zuflucht gefunden haben – leider auch in Lingen, wie wir uns ja sicher alle leicht erinnern. Und finden Sie es nicht auch bedrohlich und deprimierend zugleich, dass die Chefideologen dieser Rattenfängergilde inzwischen jedes 10. Wählers, mancherorts sogar jedes 6. Wählers gewiss sein können? Das aber ist ein Mehrfaches von dem, was sich sowieso im Sigma- oder 2-Sigmabereich am Fransenrand jeder Normalstatistik findet. Nicht nur von den derzeitigen Wahlsiegern und ihnen verwandten Gruppen wie NPD, Reichsbürgern, Identitären und ihren europäischen und neuerdings auch überseeischen Mitstreitern, also in den USA: was da heute passiert ist, haben wir wahrscheinlich alle überhaupt noch nicht begriffen – nicht nur in diesen Zirkeln werden Hass und Aggression gegen Fremde geschürt und gepäppelt. Die Rattenfänger sind in der Mitte etablierter Parteien mit ihren Parolen unterwegs z.B. so, wie ich es in einem Antrag gelesen habe, der am Wochenende einem Parteitag im Süden Deutschlands vorgelegen hat: Die Bundeskanzlerin dürfe nicht wiedergewählt werden, weil, ich zitiere: „… sie einen beispiellosen, oft unkontrollierten Migrationsstrom aus den rückständigsten, gewalttätigsten sowie christen- und frauenfeindlichsten Regionen dieser Erde nach Deutschland geleitet“ habe. Carolin Emcke, die neulich mit dem Friedenspreis des deutschen Buchhandels in der Frankfurter Paulskirche geehrt wurde, und in ihrer Dankesrede auch ihre eigene Andersheit und ihre Betroffenheit durch die gesellschaftliche Debatte über Homosexuelle zur Sprache brachte, hat in und zu diesem Zusammenhang, wie ich finde, überaus klug formuliert. Ich zitiere: „Manchmal frage ich mich, wessen Würde, wenn sich [wie auch immer] Menschen gegen Menschen wenden, wessen Würde da beschädigt wird: unsere und die Würde derer, die nicht als zugehörig erklärt werden, oder die Würde jener, die uns und den anderen die Rechte, die zu uns gehören, absprechen wollen. [Denn] Menschenrechte sind kein Nullsummenspiel. Niemand verliert seine Rechte, wenn und solange sie allen zugesichert werden.“ Und sie fuhr fort: „Menschenrechte sind voraussetzungslos. Sie können und müssen nicht verdient werden. Es gibt keine Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit jemand als Mensch anerkannt und geschützt wird“ Ja, sie sagte geschützt! „Zuneigung oder Abneigung, Zustimmung oder Abscheu zu individuellen Lebensentwürfen oder Seinsweisen, sozialen Praktiken oder religiösen Überzeugungen dürfen keine Rolle spielen. Das ist der Kern einer liberalen, offenen, säkularen Gesellschaft.“. Was nun haben das eine, was an Parolen des Ungeists durch unsere Gesellschaft wabert, und das andere, was Frau Emcke uns ins Stammbuch geschrieben hat, mit uns, vor allem mit unser aller Verantwortung zu tun, von der hier ja auch die Rede sein soll? Ich denke, es geht darum, sich zu positionieren, Stellung zu beziehen und die von Überheblichkeit strotzenden Pseudoargumente von Volk und Vaterland als den in Plüsch verpackten Ungeist von damals zu entlarven, als es diese Formel auch schon gab – allerdings trinitarisch und beschworen als die Einheit von Führer, Volk und Vaterland. Was diese unsinnige Flucht in Restauration und Reaktion bedeutet hat und immer neu bedeuten kann, hat der Jenaer Historiker Norbert Frei kürzlich in einem einzigen Satz zusammengefasst – ich zitiere: „Was damals mit dem ,Völkischen‘ angefangen hat, fand seine Erfüllung und sein Ende im Völkermord.“ Deshalb könnte für unsere Verantwortung heute gelten und Aufgabe sein, was die jüdische Philosophin Hannah Ahrendt nach der Shoah und im Rückblick auf diese formulierte: „Was wir tun können? Sprechend und handelnd schalten wir uns in die Welt der Menschen ein, die existierte, bevor wir in sie geboren wurden. Und diese Einschaltung ist wie eine zweite Geburt, in der wir die nackte Tatsache des Geborenseins bestätigen – gleichsam die Verantwortung dafür auf uns nehmen.“ Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen für Ihr Wohlwollen und für Ihre freundliche Geduld!

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Interreligiöses Friedensgebet im Kulturforum Sankt Michael

25 Montag Jan 2016

Posted by forumjc in 2016, Archiv

02. Februar 2016

Im Kulturforum Sankt Michael (Langschmidtsweg 66a, Lingen ) wird um 19:30 Uhr ein interreligiöses Friedensgebet stattfinden.

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Ansprache zur Gedenkfeier am 9. November 2015

09 Montag Nov 2015

Posted by forumjc in 2005 - 2015, Archiv

Der Vorsitzende des Forum Juden Christen Dr. Heribert Lange hat bei den Gedenkfeiern in Lengerich und Lingen am 9. November 2015 aus Anlass der Erinnerung an den Judenpogrom vom 9./10. November 1938 eine Ansprache gehalten, deren Wortlaut hier dokumentiert wird.

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Liebe Lingenerinnen und Lingener, sehr geehrte Damen und Herren, (Liebe Bürgerinnen und Bürger von Lengerich) gerne möchte ich Ihnen zunächst dafür danken, dass Sie auch in diesem Jahr wieder zum Gedenken an die Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 hierhergekommen sind, ganz besonders den noch jüngeren Menschen, mit denen wir unsere Hoffnung verbinden, dass sie die Erinnerung, auch die mahnende Erinnerung an die Geschichte der Shoah eines Tages weitertragen und sie bewahren. In dieser Novembernacht 1938 wurden beinahe überall in Deutschland die Synagogen, jüdischen Bethäuser und andere jüdische Einrichtungen in Brand gesteckt. Es hat sich inzwischen herumgesprochen und steht inzwischen auch in allen einschlägigen Geschichtsbüchern, dass dieses Flammenmeer über Deutschland den Beginn der Shoah bedeutete, also der geplanten und fabrikmäßigen Ermordung der Juden Deutschlands und Europas. Und es ist ebenfalls bekannt, dass die jüdischen Opfer der Nazis, die in den Gaskammern oder auf andere grausame Weise ermordet und in den Feueröfen der KZ verbrannt wurden, in Millionen zählen – genau gesagt sechs Millionen, vielleicht noch mehr. Und immer noch und immer weiter kommen wir Jahr für Jahr wieder, beileibe nicht(!) immer schon seit dem Kriegsende, hier zusammen, um daran zu erinnern – gewiss ja auch, um der Ermordeten zu gedenken, an die sich der eine oder die andere von Ihnen vielleicht noch erinnern kann. Ja, wir wollen, dass ihre Würde, ihre Ehre und ihr Antlitz vor uns wiedererstehen, damit auch dieses nicht in Vergessenheit gerät: dass sie nämlich Menschen waren. Menschen mit derselben Würde und denselben Rechten, also Menschenrechten oder Grundrechten, wie Sie und ich. Ist es nicht aber fragwürdig, daran Jahr für Jahr und immer mit demselben oder einem ähnlichen Ritual zu erinnern? – wurde ich neulich gefragt. Es müsse doch endlich einmal Schluss sein damit, und die Nazi-Geschichte sei ja Gott sei Dank seit sieben Jahrzehnten zu Ende. Fragwürdig? Ja, fragwürdig ist es in der Tat, denn es ist würdig der Frage, der Nachfrage, und auch würdig der Nachfrage nach der gesellschaftlichen Bedeutung eines derartigen Rituals, und ebenso der Frage nach seiner bewusstseinsprägenden Bedeutung für die Menschen, und dabei an vorderster Stelle ihrer Gewissen. Ich kann eine solche Nachfrage, zumindest nach einer Weile des Nachdenkens, nur ernst nehmen – SEHR ernst: Denn auch heute zündeln sie wieder, nicht gleich Synagogen, aber Flüchtlingsheime, mancherorts reihenweise, und richten damit ihre ganze Abneigung und gewiss auch Hass gegen Menschen, die sie nicht einmal kennen, und deren einzigen Makel, wenn es denn ein solcher wäre, ihre Fremdheit nämlich. Aber ist Fremdheit denn wohl nichts anderes und nicht mehr als die Wahrnehmung der Verschiedenheit der Menschen – gewiss auch wohl einer bis dahin unbekannten Verschiedenheit? Und gibt es, wenn das so ist, irgendeinen Grund, sich über sie zu erheben, wenn sie verschieden sind von uns, aber doch Menschen eben wie wir? Meine Damen und Herren, die Manier und der Anspruch, sich über andere Menschen zu erheben, sie gar für minderwertig zu erklären und sich damit von seiner gesellschaftlichen Verpflichtung für das Miteinder aller Menschen in einer Gesellschaft zu verabschieden, ist das ideologische Kalkül der Faschisten, die überall in Europa, nicht weniger bei uns, wie Gespenster der Nazis aus der Deckung kommen – umso mehr, je größer die Flüchtlingsströme werden. Es ist ihr Trick, sich der, in einer staatlichen Gemeinschaft für alle gültigen Verpflichtung zur Solidarität und des Respekts vor der Würde des Nächsten, der Menschenwürde eines jeden, zu entziehen und damit zugleich der gemeinsamen Verantwortung für das Ganze. Bezeichnenderweise ist die Sprache immer noch dieselbe geblieben wie damals: Judensau oder Judenarsch sind umgangssprachliche Begriffe zur Bezeichnung missliebiger Schulkameraden geworden – ganz egal ob sie jüdischen, christlichen, islamischen Glaubens sind und ebenso gelten „Ungeziefer“ und „Schmarotzer“ als Oberbegriffe zur Charakterisierung von Flüchtlingen und Migranten, Menschen also, die hierherkommen, weil sie der Bedrohung ihres Lebens und des Lebens ihrer Familien entkommen wollten. ABER: Auch für die Brunnenvergifter und Rattenfänger rechter Couleur oder aus der Ecke der Islamisten gilt, ebenso übrigens wie für uns alle, der Satz aus dem Koran: „Niemand von Euch hat den Glauben erlangt, solange er nicht für seine Brüder liebt, was er für sich selbst liebt“. Erkennen wir in diesem Satz nicht sogleich wieder, was auch das Gesetz der Juden ist und im 3. Buch Mose, dem 18. Kapitel, Vers 18 so steht? „…, [sondern] Du sollst Deinen Nächsten lieben wie Dich selbst“. Und: sogar wörtlich genauso lautet der entsprechende Vers in der christlichen Bibel nach Matthäus, 12, 31. Der englische Staatsphilosoph Thomas Hobbes, der im 17. Jahrhundert lebte, ist bei seinen Überlegungen, wie es denn gelingen könne, eine befriedete und friedliche staatliche Gesellschaft zu schaffen, von seiner eigenen Vorstellung des Urzustands menschlicher Gesellschaften ausgegangen und beschrieb diesen als „Krieg aller gegen alle“. Um zu einem Ende dieses kriegerischen und verteufelten Gesellschaftszustands zu kommen, schlug er vor, dass die Bürger ihre eigene Macht und ihre Machtmöglichkeiten an den Staat als dem Hüter des Gewaltmonopols abtreten und im Gegenzug dafür mit der Garantie ihrer Sicherheit durch den Staat rechnen dürfen. Etwa so funktioniert Gesellschaft heute beinahe in allen freiheitlichen staatlichen Systemen – aber längst nicht immer sonderlich GUT. Waren da die eben zitierten Religionen und ihre Stifter 1 000 und 2 000 Jahre früher als Hobbes nicht wohl klüger als dieser, als sie die LIEBE, wir würden heute sicher sagen wollen, die Achtung voreinander, zum obersten Prinzip erklärten und damit das weitere Prinzip eines friedlichen Miteinanders und vor allem Füreinanders? Und finden Sie nicht auch, dass man aus den Erfahrungen der Geschichte, nicht nur der jüngsten Geschichte, keinen anderen Schluss ziehen kann als den, dass der Mensch erstens ohne das Du und den und die Anderen zum Scheitern seines Lebens verurteilt ist, und zweitens das Gegeneinander der Menschen am Ende auch ihre Vernichtung bedeutet? – Mit anderen Worten: Kann es überhaupt ein rationales Kalkül für Ausgrenzung, Hass und Anfeindung oder Angriff gegen andere Menschen hier oder sonst in der Welt – noch dazu mit dem Ziel der Befriedung ihrer Gesellschaften – geben? Meine Antwort auf diese Frage ist ein klares und sehr entschiedenes NEIN und meine Appell an den Bürgersinn der Lingenerinnen und Lingener lautet: „Wehret den Anfängen!“ Lassen Sie mich bitte abschließend, und anschließend an diese Überlegungen, nun auch noch einmal zurückkommen auf die Frage nach der Fragwürdigkeit unserer Gedenkfeiern: Gedenken ist die uns noch verbliebene Möglichkeit, unseren Respekt vor den Mordopfern der Nazis, nicht nur der Juden, auch der Roma, der Homosexuellen und der missliebigen Neinsager, insbesondere der Sozialisten, Kommunisten und der Männer und Frauen der Kirchen zu bekunden, die die Bedeutung der Menschenwürde kannten und den Glauben an die Menschenrechte, über die wir soeben gesprochen haben, bereits hatten und von ihnen überzeugt waren, ehe diese in der UNO-Charta von 1948 aufgeschrieben wurden, um sodann beinahe weltweite Geltung zu erlangen. Erinnern aber müssen wir ebenfalls und immer weiter, weil uns die gegenwärtige, mindestens aufgeregte, wenn nicht hasserfüllte Debatte einmal mehr daran gemahnt, dass Geschichte nicht an sich und aus sich allein lebendig bleibt, und Lehren, die man aus ihr ziehen kann, sich dann vielleicht sogar als wegweisend erweisen, sondern immer nur dann, wenn wir den Menschen die Katastrophen vor Augen führen, die sie selbst mit ihren menschenverachtenden und ich-süchtigen Ideologien über ihr eigenes Geschlecht gebreitet haben. Ich danke Ihnen für Ihre freundliche Geduld!

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Trauerakt Ruth Foster

09 Dienstag Sep 2014

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Am 9. September 2014 wurde auf dem jüdischen Friedhof in Lingen eine Gedenktafel für die am 5. August 2014 in London im Alter von 92 Jahren verstorbene Lingener Ehrenbürgerin Ruth Foster geb. Heilbronn enthüllt. Der Vorsitzende des Forum Juden-Christen Dr. Heribert Lange hielt dabei folgende im Wortlaut wiedergegebene Ansprache:

Als die gerade 20-jährige Ruth Heilbronn im Dezember 1941 zusammen mit ihren Eltern nach Riga deportiert wurde, war sie alt und erfahren genug, um illusionslos in die Zukunft zu schauen. Denn sie hatte bereits erlebt, wie zerbrechlich Nachbarschaft, Solidarität, Schutz, Hilfe und Gemeinsamkeit in Wirklichkeit waren, geworden waren – in einem Land nämlich, das den Primat der arischen Rasse zur Gesellschafts- und zugleich zur Staatsdoktrin erhoben hatte, in einem Land, in dem der Anspruch auf Achtung und Toleranz, aber auch auf Gleich-berechtigung und Gleichbehandlung zerronnen war; für die Menschen zumindest, die wie die Familie Heilbronn aufgrund ihres Glaubens – und aus keinem anderen Grund sonst !!! – nicht mehr als  Menschen, als Deutsche, wohlbemerkt: nicht mehr als Deutsche arischer Abkunft, angesehen und darum des Todes, genauer gesagt: der Ermordung für würdig befunden wurden. Es gehört für mich dazu, auch heute (!), zu erklären und immer weiter zu sagen, dass es mindestens sechs Millionen europäische Juden waren, die der Tod durch die Mordkommandos der Nazis in Todesfabriken wie Auschwitz oder sonst wo, z.B. auch in den Wäldern von Riga, damals dann über kurz oder lang ereilte.

Ruth Heilbronn überlebte die Verfolgung der Mörder – am Ende durch die Befreiung durch die damals so genannten feindlichen Armeen der alliierten Kriegsmächte, in diesem Fall der Roten Armee und mithilfe der Menschen, die ihr sodann wieder aufhalfen und sie instand setzten, in ihre Vaterstadt Lingen zurückzukehren. War es also eine Fügung Gottes, dass sie überlebte? Und was war dann die Shoah, in der doch ihre Eltern und die meisten anderen Glaubensgenossen ihr Leben auf unvorstellbar grausame Weise lassen mussten?

Nicht nur Ruth Foster, wie sie und ihr aus Polen stammender jüdischer Ehemann sich nach ihrer Emigration nach England nannten, waren wohl oder übel, eben so wie die meisten Über-lebenden der Shoah, von diesem Zwiespalt und der nie endenden Frage erfüllt: Wo war da ihr Gott, der gerechte Gott des Volkes Israel? Und wie die meisten von ihnen hat sie dennoch die Anfechtungen und Zweifel, die aus der furchtbaren Theodizeefrage erwachsen waren, tapfer und entschieden bestanden, und ist ihrem Glauben bis zu ihrem Ende auf dieser Erde treu geblieben.

Und mehr noch: Sie war es, die Ausschau hielt, schon vor mehr als 30 Jahren, nach den Menschen, den Menschen in der Stadt ihrer Kindheit und Jugend in Lingen, den jüdischen Men-schen Lingens, die, sofern sie überlebt hatten, beinahe in alle Welt zerstreut waren, und nach all den Menschen, in denen sie glaubte und hoffte, den Menschen selbst, die Idee des guten Gottes von seinem guten Menschen und seiner Würde wiederfinden oder endlich entdecken zu können, wenn es denn gelingen sollte oder überhaupt gelingen könnte, das entsetzliche Er-leben und die grauenvolle Erfahrung vom Ungeheuer Mensch, von den ungeheuren Deutschen, und den ungeheuren Ghettos, KZs und Ermordungsfabriken später doch einmal noch zu bannen.

Waren es wohl diese starke Idee und der unübersehbare Impuls ihrer eigenen Nachfrage hier bei uns und ihres Wiederkommens, die in unserer Stadt Lingen nachgerade zu einer Erwek-kungsbewegung für die Aufgabe der Erinnerung führten, und waren es nicht Ruth Fosters großmütige und menschenfreundliche Gesten und ihr beherztes und wirkungsvolles Mittun dabei, die uns heute, also den Erben des Nazi-Wahnsinns, und den Erben des äußeren, vor allem aber des noch viel größeren moralischen Trümmerhaufens, zu der Einsicht brachten, dass auch wir mit der Schuld dieser Nation unausweichlich und unentschuldbar verbunden sind?

Und war es nicht die zuerst von ihr ausgestreckte Hand der Versöhnung, die wir dann dankbar, und voller Ergriffenheit, aber auch voller Bewunderung über so viel menschliche Größe ergreifen konnten und ergriffen haben – freilich immer verbunden mit ihrem Vertrauen dar-auf, dass wir bereit seien, die Lektion der Geschichte zu lernen und unserem Bemühen dar–um, dies auch zu leben?

Diese Lektion aber lautet, und muss auch immer weiter so lauten, wie es im Talmud steht: „Das Geheimnis der Erlösung ist die Erinnerung“ – ein Satz übrigens, den uns der vormalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker zugänglich gemacht hat.

Ruth Foster-Heilbronn hat ihn uns gelehrt und sie hat uns vor alle dem und obendrein instand gesetzt zu lernen – diese Botschaft zu lernen, die Botschaft des Talmud. Denn mit ihr und ih-rem physischen Überleben hatte auch ihr Glaube überlebt, den die damals noch so junge, aber schon so reife Anne Frank mit in den Tod und in die Ewigkeit nahm und dessen überwältigende Macht in dem an dieser Stelle so bedeutungsvollen Wort „dennoch“ steckt. Er lautet: „Und dennoch glaube ich an das Gute im Menschen!“

Wir stehen hier heute, um Dank zu sagen, Dank für ein Leben, das auch uns galt – ein Leben voller Großmut, von beispielhafter menschlicher Größe und voll der unerschütterlichen Hoffnung auf die gute Zukunft des Menschengeschlechts.

Ich verneige mich in tiefer Ehrfurcht und in großer Dankbarkeit vor Ruth Foster-Heilbronn und dem Beispiel ihres immer erinnerungswürdigen Lebens.

Möge, so steht es in hebräischen Lettern auf dem ihr gewidmeten Gedenkstein, nämlich aus dem 1. Buch Samuel, Kapitel 25, Vers 29, „möge ihre Seele eingebunden sein in das Bündel des Lebens“.

Erlauben Sie mir bitte, denn es sind ja überwiegend Christen, die hier versammelt sind und es waren Christen, die Niedertracht und Verfolgung immer schon gegen  Juden gerichtet haben, erlauben Sie mir also, auch weil wir ja mindestens, aber auch spätestens bei diesem Trauerakt mit einem Zeichen der Buße und unserer Bußfertigkeit „dran“ sind, Ihnen am Schluss unserer Gedenkfeier den nachfolgenden Gebetstext des großen Papstes Johannes XXIII. vorzulesen, den er vor mehr als 50 Jahren in Rom verfasst und gesprochen hat:

„Wir erkennen heute, dass viele Jahrhunderte der Blindheit unsere Augen verhüllt haben, so dass wir die Schönheit Deines auserwählten Volkes nicht mehr sehen und in seinem Gesicht nicht mehr die Züge unseres erstgeborenen Bruders wiedererkennen.

Wir erkennen, dass ein Kainsmal auf unserer Stirn steht. Im Laufe der Jahrhunderte hat unser Bruder Abel in dem Blute gelegen, das wir vergossen, und er hat Tränen geweint, die wir verursacht haben, weil wir Deine Liebe vergaßen.

Vergib uns den Fluch, den wir zu Unrecht an den Namen [der] Juden hefteten. Vergib uns, dass wir Dich in ihrem Fleische zum zweiten Mal ans Kreuz schlugen. Denn wir wussten nicht, was wir taten.“

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Lingener Tagespost: CDU und BN gegen Bau vor Jüdischer Schule

13 Mittwoch Nov 2013

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Lingen. CDU und Bürgernahe im Lingener Stadtrat lehnen eine Bebauung der derzeit freien Fläche vor dem Gedenkort Jüdische Schule ab.

Wie berichtet, hat das Forum Juden-Christen vorgeschlagen, das in städtischem Besitz befindliche Grundstück so umzugestalten, dass die derzeit recht unansehnliche Grünanlage die Bedeutung des Gedenkortes besser unterstreicht. Dem Vernehmen nach hat es wohl in den vergangenen Wochen die Anfrage eines Investors nach einer geschäftlichen Bebauung gegeben.

Die CDU teile die Argumente des Forums Juden-Christen zu 100 Prozent, unterstrichen Fraktionsvorsitzender Uwe Hilling und seine Stellvertreterin Irene Vehring am Dienstag. Hilling betonte, dass eine Bebauung des Grundstücks grundsätzlich nur im Einvernehmen mit dem Forum Juden-Christen erfolgen könne. Das Forum habe in dieser Sache eindeutig Stellung genommen, verwies der Christdemokrat auf das Ziel, den Vorplatz würdiger zu gestalten.

Die Vertreter der CDU machten deutlich, dass das Gebäude anders als in der Vergangenheit, wo es als Schule baulich im Hintergrund gestanden habe, seit 1998 ein Gedenkort sei. Diesen gelte es, entsprechend optisch aufzuwerten. „Für uns kommt ein Verkauf des Grundstücks deshalb nicht in Betracht“, erklärte Irene Vehring. Die Stadt stehe hier auch in einer moralischen Pflicht, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Eine Bebauung sei allenfalls vorstellbar, wenn sich in Lingen einmal eine jüdische Gemeinde bilden sollte.

Das Meinungsbild der Ratsfraktion decke sich im Übrigen mit dem von Oberbürgermeister Dieter Krone, sagten die Unionsvertreter. Krone hatte an der Fraktionssitzung am Montagabend teilgenommen.

Robert Koop, Fraktionsvorsitzender der BN, erklärte am Dienstag, dass die BN jede Bebauung des Grundstücks vor der Jüdischen Schule ablehnen. „Wir tragen auch die Vorstellung mit, das Grundstück vorzuhalten für den Bau einer Synagoge, falls in unserer Stadt eine jüdische Gemeinde neu entsteht.“ Aus moralischen Gründen wie aus der historischen Verantwortung heraus sei eine Nutzung des Grundstücks als Geschäftshaus ausgeschlossen. Die Bürgernahen würden sich für eine würdige Neugestaltung der kleinen Freifläche einsetzen, damit diese besser zum Gedenkort hinführe, so Koop.

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Ansprache zum Novemberpogrom von 1938

09 Freitag Nov 2012

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Am 9. November 2012 fand in Lingen wie alljährlich eine Veranstaltung zum Gedenken an den Novemberpogrom von 1938 statt. Dr. Heribert Lange sprach als geschäftsführender Vorsitzender für das Forum Juden Christen. Der Wortlaut der Ansprache wird im Folgenden veröffentlicht.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe ältere und jüngere Mitbürgerinnen und Mitbürger Lingens,

sehr herzlich möchte ich Sie wieder willkommen heißen zur Gedenkfeier vom Forum Juden-Christen im Altkreis Lingen und der Stadt Lingen zum 9. November 1938, der „Reichspogromnacht“. Besonders freuen wir uns, dass auch in diesem Jahr wieder eine ganze Reihe Jugendlicher dabei sind – m.W. vom Stadtjugendring, vom Kinder- und Jugendparlament und von den Berufsbildenden Schulen. Das macht Mut – besonders den Älteren unter uns.

Jeder und jedem der hier Anwesenden ist hinlänglich bekannt, dass in der Nacht zum 9. November 1938 überall im damaligen Deutschen Reich, und zwar auf Befehl Hitlers, die Synagogen in Brand gesteckt wurden, und dass es auch den hilfswilligen Feuerwehrleuten untersagt war, mit ihren Wehren gegen das unermessliche Flammenmeer vorzugehen. Das Naziregime wollte seinen ungeheuerlichen Frevel an den jüdischen Gotteshäusern in Deutschland ausdrücklich als Racheakt verstanden wissen, wobei man wissen muss, dass es zwar für Strafe und Sühne, nie aber für Rache, noch dazu solchen Ausmaßes, einen auch nur halbwegs vernünftigen Grund geben kann. Tatsächlich ging es den Machthabern des Hitlerregimes allein um einen weiteren und diesmal spektakulären Schlag gegen die Juden in Deutschland, nachdem beinahe allen von ihnen in den Jahren davor schon ihre Rechte als Staatsbürger aus dem einzigen Grund, dass sie Juden seien, aberkannt worden waren. Die „Reichspogromnacht“ kennzeichnete auf furchtbare Weise den Anfang vom Ende jüdischen Lebens in Deutschland und in jenen Staaten Europas, deren sich die Hitlerarmeen mit der nachrückenden SS im späteren Krieg bemächtigt hatten. Am Ende waren es 6 Millionen jüdische Menschen, die der NS-Staat gemäß der Logistik von Mordfabriken umbringen ließ.

Der Rassenwahn war es, der die Nazis in fanatischer Weise zu ihren Untaten antrieb: die aberwitzige, nie plausible Idee von der Minderwertigkeit der Juden, die man zu einer Rasse und zu Schädlingen des sogenannten gesunden arisch-deutschen Volkskörpers bestimmt hatte, und zwar mit Hilfe ebenso willfähriger wie beschränkter Mediziner und Erbbiologen. Menschenrechte, die es, auch wenn sie erst nach der furchtbaren menschlichen und moralischen Katastrophe des Holocaust, der Shoah, aufgeschrieben wurden, schon immer gegeben hatte, leiten ihren Anspruch, nämlich die Achtung der Menschenwürde, indessen nicht von der Hautfarbe, der Begabung, der Rasse oder ethnischen Abstammung ab, und auch nicht von Alter, Geschlecht, Krankheit, Behinderung oder Migrationshintergrund, sondern allein von der Schuldigkeit jedes Staats und seiner Gesellschaft gegenüber jedem Menschen und jedem Bürger, für den und auf den hin jede freie und humane Gesellschaft mit ihrer staatlichen Ordnung verfasst ist: Die Gewährleistung der Menschenrechte zur Gewährleistung der Menschenwürde ist somit nicht mehr, aber auch nicht weniger als des Staates Schuldigkeit gegenüber jedem seiner Bürgerinnen und Bürger und keineswegs eine Gnade, die uns nach Gutdünken der Regierenden zuteil wird oder nicht.

Dies ist übrigens  ein Grund, warum auch NSU-Leute zurückschauen sollten und des Unheils gedenken und befinden, dass nur das Konzept der wechselseitigen Achtung vor der Menschenwürde des jeweils anderen sie selbst davor bewahrt, zwischen die Mahlsteine einer Menschenwürdedebatte zu geraten und dabei nicht nur politischen, sondern auch physischen Schaden zu nehmen. Denn an der Hand, mit deren einem Finger sie auf die anderen zeigen, sind vier weitere Finger, die auf sie selbst weisen. Nur die wechselseitige Achtung jedes, aber auch wirklich jedes Menschen aufgrund seiner, mindestens schon aus staatlichen Rechten resultierenden Menschenwürde, nicht zu reden von der Menschenwürdebegründung Immanuel Kants und der Gottesebenbildlichkeit, die Christen sich und gewiss auch allen anderen Menschen aus ihrem Glauben zuschreiben, NUR solche wechselseitige Achtung kann Frieden schaffen und die Befriedung einer Gesellschaft leisten. Auch wird damit klar, dass ein Staat dann schon die Axt an die Wurzeln seiner Glaubwürdigkeit und seiner eigenen Humanitätskultur legt, wenn er wie Hitler und seine zahllosen Mordgesellen sich berufen und auch berechtigt fühlen würde, einzelne Menschen und Gruppen aus ihrem existenziellen Menschenwürdeanspruch auszugrenzen und sie dessen zu berauben – egal aus welchen Gründen.

Judentum ist eine Religions- und Kulturgemeinschaft und ohnehin nie einer Rasse gleich gewesen. Würden wir aber billigen, dass unsere Bewertungen anderer Menschen, Völker, Rassen an die Stelle ihrer Menschenwürde und der dieser dienenden Menschenrechte träten, dann hätte es in den USA nie einen Präsidenten Barack Obama und in Südafrika nie einen Nelson Mandela geben können, beide übrigens Träger des Friedensnobelpreises. Und wer kann das vernünftigerweise wollen bzw. nicht wollen?

Meine Damen und Herren, wir wollen gedenken und zu diesem Gedenken auch  die Ansprache unseres Oberbürgermeisters hören und wir wollen singen und wir wollen als Zeichen unseres Gedenkens einen Kranz beim Synagogengedenkstein niederlegen und wir wollen dann zusammen mit Gertrud Anne Scherger zur Schlachterstrasse 12 gehen, wo sich der Stolperstein, ein Gedenkstein also auch, für Max Hanauer befindet, der in einem sogenannten Vorzugsghetto für altgewordene Juden, im KZ Theresienstadt nämlich, umgekommen ist. Ich lade Sie dazu entsprechend Ihren Möglichkeiten am Ende unserer Feier HIER herzlich ein, und ich danke Ihnen für Ihre Geduld.

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Lingener Tagespost: Mitgliederversammlung 2010

24 Samstag Apr 2010

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Heimatverein kooperiert mit Forum

Die Vorsitzende des Heimatvereins Lingen, Johanna Rickling, hat in der Mitgliederversammlung des Forums Juden-Christen die Absicht des Vereins unterstrichen, auch künftig mit dem Forum gemeinsame Veranstaltungen durchzuführen, „weil die jüdischen Bürgerinnen und Bürger zur Stadtgeschichte gehören“.

Kassenwartin Ingrid Hartmann berichtete von soliden Finanzen. Großen Dank zollte sie Edeltraut Graeßner für deren Hilfe bei der Buchführung. Ein Darlehen soll Ende des Jahres zurückgezahlt sein. Kassenprüfer Rüdiger van Acken stellte eine exzellente Führung der Kasse fest; der Vorstand wurde einstimmig entlastet.

Anne Scherger erläuterte den Entwurf einer Zeichnung für den Innenraum der Jüdischen Schule. Auf Anregung des Vorstandes hatte sie den mit ihr befreundeten Künstler Pinchas Katz darum gebeten. Katz möchte gerne ein Bild in einer Größe von 1,15 mal 0,70 Meter in Öl auf Holz malen. Es zeigt die Zerstörung der Lingener Synagoge am 9. November 1938.

Zur Einstimmung auf die Versammlung sang Johannes Wiemker die jüdischen Lieder Avinu Malkénu („Unser Vater, unser König“) und Shalom Aléchem („Der Friede sei mit Euch“).

Patenschaften für 20 weitere „Stolpersteine“

Die Fortführung der Aktion „Stolpersteine“ in Lingen zur Erinnerung an ermordete jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger findet große Resonanz. Darauf machte Anne Scherger in der Mitgliederversammlung des Forums Juden-Christen Altkreis Lingen e. V. im Gedenkort Jüdische Schule aufmerksam.

„Institutionen, Vereine und Privatpersonen haben sich bereit erklärt, mindestens 20 weitere Stolpersteine zu finanzieren und Patenschaften für die Steine zu übernehmen“, freute sich Anne Scherger. Sie erforscht seit vielen Jahren akribisch das Schicksal von Lingener Juden. Die Stolpersteine mit den eingravierten Namen der Opfer werden vom Künstler Gunter Demnig aus Köln hergestellt. In vielen deutschen Städten wurden in den letzten Jahren derartige Erinnerungssteine verlegt; in Lingen versenkte Demnig im April 2005 im Beisein vieler Bürger zwölf Stolpersteine ins Pflaster.

Nach einer Empfehlung des Kulturausschusses wird die Stadt 3 000 Euro für das Projekt bereitstellen. Das Geld soll für die Erstellung einer Dokumentation verwendet werden, in der das Schicksal aller Opfer beschrieben wird. Die Federführung hat hier Stadtarchivar Dr. Stephan Schwenke.

Mit großer Freude wurde in der Mitgliederversammlung die Mitteilung aufgenommen, dass der Lingener Ehrenbürger Bernhard Grünberg zur Einweihung der weiteren Stolpersteine, die auch an seine Eltern und seine Schwester erinnern, von England in die Emsstadt kommen möchte.

In Vertretung des erkrankten Vorsitzenden Dr. Walter Klöppel, dem die Mitglieder die besten Genesungswünsche aussprachen, umriss sein Stellvertreter Dr. Heribert Lange das Selbstverständnis des Vereins: „Wir verstehen uns als Sachwalter der Erinnerung und des Gedenkens an die Shoah, die von Deutschen inszeniert und exekutiert wurde und unter den Augen weiter Teile der Kirchen stattgefunden hat und zumindest einen Teil ihrer geistigen Wurzeln im Antijudaismus der christlichen Theologie hat.“ Die Erinnerung an dieses geistige und menschliche Inferno verpflichte dazu, sich für den Prozess der Versöhnung anzustrengen.

Nach einem Rückblick auf das abgelaufene Vereinsjahr erläuterte Dr. Lange das geplante Programm für 2010 und 2011. Das Jüdische Morgengebet wird am 3. Oktober im Jüdischen Bethaus in Freren stattfinden. Dazu soll auch die von Lothar Kuhrts und Heiner Schüpp entwickelte Dauerausstellung eröffnet werden, die sich mit der Geschichte des Bethauses, vor allem aber mit dem Schicksal der Frerener und Lengericher Juden befasst.

Zum Holocaust-Gedenktag am 27. Januar wird die Ausstellung unter dem Thema „Kein Kinderspiel“ gezeigt. Darin geht es um Spielzeug, das Kinder im KZ Theresienstadt herstellten. Das Forum wird sich wie immer an den Gedenkfeiern zur Reichspogromnacht vom 9. November 1938 sowie an der Woche der Brüderlichkeit im Frühjahr 2011 beteiligen. Geplant sind ab Herbst 2010 auch wieder Lehrhausgespräche, deren inhaltliche Themen gerade vorbereitet werden. Im Rahmen des laufenden Programms wird am 16. Mai die neue Synagoge in Osnabrück besucht.

Johannes Wiemker lobte Lingener Schüler dafür, dass sie sein Programmangebot „Judentum begreifen“ gerne in Anspruch nehmen. Wer Interesse an dem Programm hat, kann sich mit Andreas Löpker von der Stadt Lingen, Telefon 0591/9144412, E-Mail: a.loepker@lingen.de, oder mit Johannes Wiemker, Telefon 0591/5646, E-Mail johannes.wiemker@gmx.de, in Verbindung setzen.

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Ansprache zum Novemberpogrom von 1938

10 Dienstag Nov 2009

Posted by forumjc in 2005 - 2015, Archiv

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Am 9. November 2009 fand in Lingen wie alljährlich eine Veranstaltung zum Gedenken an den Novemberpogrom von 1938 statt. In Vertretung des 1. Vorsitzenden Dr. Walter Klöppel sprach Dr. Heribert Lange für das Forum Juden Christen. Der Wortlaut der Ansprache wird im Folgenden veröffentlicht.

Sehr herzlich möchte Sie alle Junge und alte Bürgerinnen und Bürger der Stadt Lingen am Ort des Pogroms vom 9. November 1938 gegen die jüdischen Bürgerinnen und Bürger Lingens und ihre Einrichtungen begrüßen – des Pogroms, dessen wir auch in diesem Jahr wieder gedenken wollen und dessen wir soeben im ökumenischen Gottesdienst in der Trinitatis-Kirche im gemeinsamen Gebet gedacht haben. An dieser Stelle, an der wir uns heute Abend versammelt haben, stand, bis sie am 9. November 1938 in einem von den Nazis über das gesamte damalige deutsche Reich entfachten Flammenmeer versank, die jüdische Synagoge. Als der Gründervater des Forums Juden Christen, Josef Möddel, sich in den 1970er Jahren erstmals auf den jüdischen Friedhof unserer Stadt begab, da fand er ihn verrottet und verwahrlost vor und offenbar auch zum Steinbruch verkommen; denn eine Reihe der Gedenksteine auf den Gräbern war nicht mehr da. Als nach Wiederherrichtung des Friedhofs Bernhard Grünberg, der mit 15 Jahren als einziger seiner Familie dem Holocaust durch die Flucht mit einem Kindertransport nach England mit geraumer Not entkommen war, als inzwischen betagter Mann nach Lingen zurückkehrte, beschloss er, für seine Familie, die nach Riga verschleppt worden war und im dortigen Ghetto den Tod fand, einen Gedenkstein auf dem jüdischen Friedhof aufzustellen, und er beschloss auch, sich am Ende seines Lebens an dieser Stelle beisetzen zu lassen. Indessen bedurfte es einiger Mühe, Überzeugungsarbeit und Entschlossenheit, um alle Beteiligten dann auch davon zu überzeugen, dass nur das Wort „ermordet” als einzig authentische Bezeichnung für den Tod seiner Familie tauge und darum auch so auf diesem Gedenkstein zu stehen habe. Helga Hanauer schließlich, die als Kind den Holocaust in Holland unter der fürsorglichen Obhut wahrlich gottgefälliger Ordensfrauen überlebt hatte, geriet die völlige Außerachtlassung der Geschichte der jüdischen Familien Lingens während der Naziherrschaft bei der Aufzeichnung der 1000-jährigen Stadtgeschichte – ebenfalls in den 1970er Jahren – zu aussichtsloser und darum tödlicher Enttäuschung.

Hannah Arendt, die große jüdische Autorin und Vordenkerin hat gesagt: „Bewältigen können wir die Vergangenheit nicht, so wenig wie wir sie ungeschehen machen können. Wir können uns aber mit ihr abfinden. Die Form, in der dies geschieht, ist indessen die Klage, die aus aller Erinnerung steigt…”, und sie sagte weiter: „Sofern es überhaupt ein ‘Bewältigen’ der Vergangenheit gibt, besteht es im Nacherzählen dessen, was sich ereignet hat. Es regt zu immer wiederholendem Erzählen an: der Dichter in seinem sehr allgemeinen, der Geschichtsschreiber in einem sehr speziellen Sinn haben die Aufgabe, dieses Erzählen in Gang zu bringen und uns in ihm anzuleiten.”

Wenn wir uns heute hier und in inzwischen guter Tradition alljährlich an die Aufgabe machen, an das Unrecht des Naziterrors zu erinnern und seiner zahllosen Opfer gedenken, dann versuchen wir das in Hannah Arendts Weise, damit der unvorstellbare, unsägliche und wahnsinnige Völkermord niemals in Vergessenheit geraten möge; wir tun dies aber auch, um den Millionen Toten durch unser Gedenken, wenn es denn Verzeihung und Vergebung kaum geben kann – vermutlich nie – um ihnen allen durch unsere Ehrerbietung und die Trauer um das furchtbare Opfer ihres millionenfachen Tods ihre Würde zurückzugeben – die Menschenwürde, das wichtigste Unterpfand und im Übrigen auch Organisationsprinzip jeder Gesellschaft, die auf den Grundsätzen des Humanismus oder des Glaubens ihrer Menschen gründet.

Die Juden und Christen gleichermaßen „heilige” Schrift erklärt uns unsere Herkunft gemäß dem Schöpfungsakt im 2. Kapitel des Buches Genesis im 7. Vers: „Dann formte Gott den Menschen aus der Erde des Ackerbodens und blies in seine Nase den Odem des Lebens. So wurde der Mensch zu (s)einem lebendigen Wesen” – wir haben gelernt zu sagen: Gott schuf den Menschen nach seinem Bild und Gleichnis. Würde und Menschenwürde, die wir uns zurechnen, sind uns so vom Schöpfer zu Lehen gegeben und an keiner Stelle dieses Buchs oder in einer anderen weltlichen oder Religionsverfassung steht geschrieben, dass sie, die Menschenwürde, nur den einen zukommt und den anderen nicht. Denn nach dem Plan Gottes sind alle Menschen derselben Abkunft und ihre Würde ist demselben, seinem Geist geschuldet Und dennoch haben Christen und Juden, obwohl als Kinder desselben Schöpfers Brüdern gleich, die einen gegen die anderen, sich gleich den biblischen Brüdern Kain und Abel und wie diese gegeneinander, erhoben, indem die einen die Ebenbürtigkeit der anderen wie mit dem mörderischen Anschlag des Kain gegen seinen Bruder zunichte machten.

Für die Christen und ihre Kirchen wurde der Antisemitismus zu ihrem Kainsmal und durchzieht, seit es Christentum gibt, unheilvoll die Geschichte der Menschheit: Die Ungleichheit von Menschen, die Infragestellung ihrer gleichrangigen Würde, die Idee vom Übermenschen oder der Überlegenheit einer besonderen Rasse, womöglich der sogenannten nordischen Rasse, und die mindere Achtung der Kleineren, der Ärmeren, der Anderen – dies alles sind Haltungen, die der Spur der unseligen Antisemitismus-Ideologie folgen und bis heute wirksam sind: Auch in unserer Gesellschaft – gegen Migranten, gegen Roma, gegen Analphabeten, Andersgläubige, Homosexuelle, gegen Hilfsbedürftige, gegen behinderte Menschen oder gegen die Alten. Es bedurfte also nicht mehr der Erfindung der Faschismus-Ideologie, um sich gegen andere Menschen oder ethnische Gruppen zu stellen – unter der Naziherrschaft dann mit millionenfacher tödlicher Perfektion. Denn nicht die verblendeten und wahnsinnigen Naziherrscher haben diesen Ungeist erfunden, vielmehr ist er, der Antisemitismus, ihm, dem Hitler-Faschismus gleich einer Blaupause in die Hände gefallen und damit, wenn auch ungewollt, zu seinem furchtbaren ideologischen Werkzeug geworden. Der perversen Fähigkeit der terroristischen Naziideologen war es indessen vorbehalten, sich dieser unsäglichen geistigen Tradition des christlichen Abendlands auf ihre einzigartig teuflische Weise perfekt zu bedienen.

Wenn wir schaffen wollen, was man von uns an diesem Tag, an diesem Abend erwarten darf, erwarten muss, dann haben wir bei unserem Erinnern und Gedenken zu Bedenken, dass es auch eine Schuld, mindestens aber eine Mitschuld des gesamten christlichen Abendlands und des traditionellen Christentums gibt, ganz gleich, ob ihre Protagonisten Bischof Williamson von der Piusbruderschaft oder Martin Luther heißen. Und wir haben weiter zu bedenken, dass das blinde Hinterherlaufen hinter unreflektierten Vorurteilen, Affekten oder Ideologien, wie wir selbst erlebt haben und wie die Geschichte zeigt, den Anfang vom Ende einer humanen und miteinander befriedeten Gesellschaft bewirken kann.

Künftiger neuer Schuld werden wir nur entgehen können, wenn wir dies nicht nur immer wieder neu bedenken, d.h. den todbringenden Ungeist und seine Wurzeln nie zu vergessen und an seine furchtbare Folge, die Shoah, die am 9. November 1938 ihren Anfang nahm, zu erinnern, sondern auch zu handeln, und zwar Tag für Tag, wie es uns von allem Anfang an durch die Bestimmung des Schöpfers aller Menschen aufgegeben ist und wie es in unserer Verfassung in Artikel 1 gleich im ersten Satz heißt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar”. Und die Väter unserer Verfassung meinten damit die Würde jedes Menschen.

Ich danke Ihnen für Ihre freundliche Geduld!

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