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„Wir sind dankbar und gerührt”

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Freren (ws) – Vor 65 Jahren steckten die Nationalsozialisten in ganz Deutschland Synagogen in Brand und schändeten zahllose jüdische Einrichtungen. Von den Terror-Aktionen des 9. November 1938 blieb auch das jüdische Bethaus in Freren nicht verschont.

„Wir haben die Pflicht, uns zu erinnern, als Mahnung an die Zukunft, auf dass sich Taten wie die der Nazis niemals wiederholen”, sagte der Osnabrücker Rabbiner Marc Stern bei der Gedenkfeier in Freren, zu der auch Eva Manne-Zajd und Renee Manne, die Schwestern des von den Nazis ermordeten Samuel Manne, aus Schweden gekommen waren. Früher wurde nur das obere Stockwerk als Bethaus genutzt, während unten die Familie Manne wohnte. Inzwischen ist das Haus restauriert und soll zukünftig als interkulturelle Begegnungsstätte dienen. „Wir sind besonders betroffen, hier zu stehen, vor dem Haus, in dem unsere Eltern und unser Bruder Samuel wohnten. Wir sind dankbar und gerührt, dass dieses Haus so einen wirkenden Inhalt bekommen hat”, hob Renee Manne in ihrer Rede hervor.

Im Februar 1939 heiratete Martin Manne, der aus Hannover stammende Kaufmann, Erika Schwarz in Freren. Ihr Sohn Samuel wurde am 31.12.1939 in Rheine geboren. Das Haus der Mannes war das einzige „Judenhaus” in Freren und mit einem David-Stern gekennzeichnet. Am 11. 12.1941 wurden von dort die letzten Frerener Juden, das Ehepaar Manne, der damals 2jährige Sohn Samuel und die Großmutter in das Getto Riga deportiert. Das Haus übernahm ein Frerener Nationalsozialist. Samuels Eltern überlebten und wanderten nach dem Krieg nach Schweden aus, wo Eva und Renee geboren wurden.el-am-sonntag_16-11-03_2

Zu der Gedenkveranstaltung waren neben Vertretern des Forums Juden-Christen auch Frerens Stadtdirektor Godehard Ritz und Bürgermeister Klaus Prekel gekommen, die gemeinsam einen Kranz niederlegten. Lehrer Lothar Kuhrts, der seit 25 Jahren die Geschichte der Juden Frerens aufarbeitet, war mit über 200 Schülern aus Thuine und Freren erschienen.

An die Kinder und Jugendlichen gerichtet, erklärte Renee Manne ihre Botschaft anhand eigener Erfahrungen aus der späten Kindheit: „Ich war damals zwölf Jahre, als die neue Mitschülerin Yvonne kam. Sie wurde von Anfang an nicht von uns akzeptiert. Niemand wollte mit ihr sprechen und spielen. In der sechsten Klasse kam wieder eine neue Mitschülerin zu uns. Helena wurde komischerweise sofort von uns akzeptiert. Als wir uns nach Schulschluss auf den Nachhauseweg machten, habe ich Helena zugerufen ,komm mit uns’. Helena antwortete darauf: Ich gehe zehnmal lieber mit Yvonne, als mit euch Feiglingen’. Ihr könnt euch vorstellen, wie ich mich geschämt habe. Ich bewundere noch heute den Mut von Helena. Es dauerte nicht lange, da wurde Yvonne auch von uns anerkannt. Eva und ich haben heute den Wunsch, dass das Frerener Bethaus uns alle daran erinnert, dass Menschen unsere Unterstützung und Hilfe brauchen. Es soll uns daran erinnern, dass wir das tun, was wir in unserem Innern für richtig halten, dann sind Eva und ich sehr glücklich.”

Als die Namen der umgekommenen Frerener Juden verlesen wurden, legten die Schüler am Gedenkstein an der Grulandstraße gelbe Steine mit den Namen der Getöteten nieder. Darunter war auch ein Stein für Samuel Manne. Abschließend trug Rabbiner Stern die Totenklage vor.

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