Lingen (PM) Bereits eine Tradition: Die 10. Klassen des Lingener Franziskusgymnasiums besuchten zum Schoah-Gedenktag – dem Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz am 27. Januar 1945 durch die Rote Armee – das Forum Juden-Christen Altkreis Lingen e.V. und reinigten Stolpersteine. Wegen der bevorstehenden Zeugnisausgabe fanden die Veranstaltungen diesmal am Vortag statt.

Zwei Gruppen unter Leitung von Günter Schröder und Dieter Schulte ließen sich von Georg Wichmann und Dr. Walter Höltermann auf dem Jüdischen Friedhof in Lingen über jüdische Beerdigungstraditionen informieren. Anders als christliche Gräber werden Jüdische Gräber niemals aufgelassen. Auch ist außer den Grabmalen kein Grabschmuck üblich, stattdessen werden in Erinnerung an Gräber, die zum Schutz gegen Tiere in der Wüste mit Steinen geschützt wurden, Steine auf Grabsteine gelegt.

Die Klasse 10a des Franziskusgymnasium mit Lehrer Günter Schröder (links) lauscht den Ausführungen des Stellvertretenden Forums-Vorsitzenden Dr. Walter Höltermann (rechts) beim Besuch des Jüdischen Friedhofs in Lingen. Foto: fwp

Zwei Klassen reinigten zur gleichen Zeit bei wenig freundlichen Wetterbedingungen Stolpersteine. Dabei wurden Informationen aus der Stolperstein-Broschüre zitiert, die Anne Scherger und andere für das Forum und die Stadt Lingen (Ems) erstellten und die in 4. Auflage vorliegt.

Im Anschluss an Friedhofs-Besuch und Stolperstein-Reinigung trafen sich alle Klassen am Gedenkort Jüdische Schule. 

Der Lingener Künstler Peter Lütje schuf die Bronze-Büste von Hannah Arendt, die neben dem Eingangstor zum Gedenkort Jüdische Schule steht. Lütje berichtete den Schülerinnen von der „Banalität des Bösen“. Diesen Begriff prägte Hannah Arendt in ihrer Reportage „Eichmann in Jerusalem“. Adolf Eichmann, Cheforganisator der Schoah, wurde in Jerusalem zum Tode verurteilt. Den Tipp zu seiner Ergreifung in Argentinien hatte der hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer gegeben.

Peter Lütje berichtete den Schülerinnen von der “Banalität des Bösen”. Foto: fwp

Arendt war erschüttert über Eichmanns bürokratischen Charakter- ein banaler böser Mensch. Lütje rief die Schüler dazu auf, sich ihres eigenen Gewissens zu bedienen und anders als Eichmann niemals einem „Führer“ zu folgen. 

Angela Prenger und Friedhelm Wolski-Prenger stellten den Gruppen den Synagogenstein (zur Erinnerung an die zerstörte Synagoge) und den Familienstein (zur Erinnerung an die verfolgten und ermordeten jüdischen Familen aus Lingen vor.

Peter Lütje neben seinem Kunstwerk. Foto: fwp

Bein einem Abschlusstreffen aller Schüler, Lehrer und Vortragenden auf dem Synagogenplatz- dem Vorplatz des Gedenkortes – dankte Angela Prenger, Stellvertretende Vorsitzende des Forums, dem Franzsikusgymnasium für das Interesse an jüdischem Leben in Lingen.

Auf dem Synagogenplatz: die Vortragenden des Forums mit den begleitenden Lehrkräften. v.l.n.r.: Dr. Friedhelm Wolski-Prenger, Angela Prenger, Anna Reißwich (Lehrerin und Mitglied des Forums), Peter Lütje, Dieter Schulte, Günter Schröder, Thomas Küpker. Nicht im Bild: Walter Höltermann und  Georg Wichmann. Foto: Jule Altendeitering, Schülerin des  Franziskusgymnasiums