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Das Forum Juden-Christen möchte an die jüdische Tradition der Friedhofsbesuche im so genannten Monat “Elul” erinnern und lädt daher am Mittwoch, 20. September, 17 Uhr, zu einem Besuch mit Führung auf dem jüdischen Friedhof ein. Die männlichen Teilnehmer werden gebeten, eine Kopfbedeckung zu tragen.

In der christlichen Tradition gibt es bestimmte Tage, an denen die Menschen ihrer Toten gedenken und die Gräber aufsuchen. Aus der jüdischen Tradition sind die “Elul”-Tage bekannt, an denen die Juden ihrer Toten gedenken. Sie liegen 30 Tage vor dem Jüdischen Neujahrsfest (Rosh HaShana), in diesem Jahr am 23. September.

Der Vorstand des Vereins Juden-Christen möchte die “Elul”-Tage zum Anlass nehmen, den jüdischen Friedhof wieder in Erinnerung zu bringen.

Anne Scherger, die sich liebevoll mit anderen um den Friedhof bemüht, wird die “Gräber zum Sprechen bringen”. Sie hat viel zu erzählen.

Anne Scherger: “Wenn hier die Tage kürzer werden, der Herbst sich ankündigt, ist die Zeit, in der man der Verstorbenen gedenkt, nicht mehr weit. An Allerheiligen/Allerseelen, am Volkstrauertag und Totensonntag besuchen viele von uns den Friedhof mit den geschmückten Gräbern und denken in stiller Trauer an die verstorbenen Angehörigen und Freunde.

In der sich anschließenden Adventszeit jedoch mit Vorfreude auf die Weihnachtszeit sind alle Gedanken, die um den Tod und die Vergänglichkeit des Lebens kreisen, beiseite geschoben. An Silvester steigert sich die Lebensfreude, und das neue Jahr wird mit Begeisterung begrüßt mit der Aussicht auf ein nicht allzu fernes Erwachen der Natur und neue Lebenserwartungen.

Was sich in der christlichen Umwelt in dieser Hinsicht als Brauch darstellt, unterscheidet sich von der jüdischen Tradition. Das jüdische Jahr beginnt im Herbst mit dem Monat Tishri. In diesem Jahr 2006 fällt der 1. Tishri, also Rosh HaShana 5767, das jüdische Neujahrsfest, auf den 23. September. Rosh HaShana gilt als ein ernstes Fest, weil es die zehn Bußtage bis Jom Kippur (Versöhnungsfest) einleitet, an denen Gott Gericht hält über die Menschen.

Aber es ist keine Trauerzeit, weil der gläubige Jude weiß, dass beim Klang des Shofar der himmlische Richter aufsteht und sich auf den “Thron des Erbarmens” setzt. Nicht nur während der Neujahrsgottesdienste, sondern bereits im Vormonat des Tishri, im Monat Elul, erklingen die Töne des Widderhorns, um die Gemeinde an Buße und Umkehr zu erinnern.

Schon im Elul beginnen die Vorbereitungen für die Hohen Feiertage. Man stimmt sich ein für das (24-stündige) Fasten an Jom Kippur und besucht den Friedhof. Gläubige Juden fühlen sich ihren teuren Verstorbenen in dieser Zeit der inneren Einkehr und des Nachdenkens über die Endlichkeit des Seins sehr nahe. Sie bitten sie um Fürsprache beim himmlischen Gericht, damit sie eingeschrieben werden im “Buch des Lebens” zu einem guten neuen Jahr. ”

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