Wir fassen zusammen, welche Gedenkfeiern am 9.11. 2022 in Freren, Lengerich und Lingen stattfanden. Dabei gehen wir nach den Anfangszeiten vor.

TeilnehmerInnen am Ökumenischen Friedensgebet zwischen dem Synagogen-und dem Familiengedenkstein an der Jüdischen Schule. Foto: fwp

Sie verbrennen alle Gotteshäuser im Lande.“ 

In diesem Satz aus dem Psalm 74, 1-11 drückte sich das aus, was die zahlreichen TeilnehmerInnen am „Ökumenischen Friedensgebet“ ab 9:30 Uhr in der „Jüdischen Schule“ bewegte. Die TeilnehmerInnen, die sich sonst an einem jeden Mittwoch in der Kreuzkirche zum Gebet versammeln, trafen sich an diesem Mittwoch im Gedenkort, um in Gebet und Gesang über die Betroffenheit hinaus der Erinnerung Würde zu geben. Das kaum Nachvollziehbare, was sich vor 84 Jahren auch in Lingen ereignete, machte im Erinnern erneut fassungslos und in dem Ruf schalom, schalom alejchem, im Frieden, Frieden aller Welt fanden die Anwesenden Trost und Hoffnung. Dabei waren auch Angela Prenger und Dr. Walter Höltermann vom Forum. Letzterer verfasste den vorstehenden Text.

Um 10:00 Uhr begann die Gedenkveranstaltung in Lengerich im Bürgerpark mit Bürgermeister Matthias Lühn, zahlreichen Schülerinnen und Schülern und von Forums-Mitglied Gerhard Sels, ohne den es möglicherweise ein solches Erinnern in Lengerich nicht geben würde.

Erinnerung und Gedächtnis – das heißt im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus zuerst: Gedenken an die Opfer. Es bedeutet, die Entwürdigten wieder ins Recht zu setzen. Es bedeutet aber auch Erinnerung an die Taten und die Täter.“ So Simon Göhler vom Forum in seiner Ansprache. Lieder mit Gitarrenbegleitung untermalten die Veranstaltung. Neben dem Forums-Vorsitzenden Simon Göhler nahm auch Mechthild Pölking-Oeßelmann teil, die den vorstehenden Bericht verfasste.

Außergewönlich milde Witterung auch in Lengerich. rechts vorn im Rollstuhl: Gerhard Sels, im Hintergrund viele SchülerInnen. Foto: Simon Göhler

v.l.  Matthias Lühn, Simon Göhler, Mechthild Pölking-Oeßelmann. Foto: Samtgemeinde Lengerich

In Freren fand das Gedenken ab 10:15 Uhr unter der Leitung von Forums-Mitglied Lothar Kuhrts und unter Beteiligung zahlreicher SchülerInnen am Gedenkstein in der Grulandstraße statt. Verantwortlich waren die Stadt Freren, die Jüdische Geschichtswerkstatt Samuel Manne und der Kulturkreis impulse e.V. 

Pater Volker Kreutzmann SCJ (Gymnasium Handrup) nahm sich in seiner Ansprache der Bedeutung des Erinnerns an und betonte, dass man es nicht allein dabei belassen dürfe. Aus der Erinnerung heraus sei es wichtig, die richtigen Weichen für sein eigenes Handeln und Tun zu stellen. Diese Aufgabe bliebe und so sei die Erinnerung Auftrag zum Handeln im Guten. Den vorstehenden Text verfasste Samtgemeindebürgermeister Godehard Ritz, zugleich Forums- Vorstandsmitglied.

Am Gedenkstein in Freren v.l.: Lothar Kuhrts, Barbara Bündermann (Vorsitzende Kulturkreis Impulse e.V.,)  Pater Kreutzmann, Bürgermeister Klaus Prekel, Samthgemeindebürgermeister Godehard Ritz. Foto: Stadt Freren

In der St.Bonifatiuskirche in Lingen fand ab 18:00 Uhr ein Ökumenischer Gottesdienst mit zahlreichen SchülerInnen der Berufsbildenden Schule in Lingen statt. Ausgehend vom Schicksal der jüdischen Familie Hanauer aus Lingen wurde unter Leitung von Pastor Gernot Wilke-Ewert der Pogromnacht und des langjährigen Schweigens über die Verbrechen gedacht.

Ab 19:00 fanden sich am Gedenkort Jüdische Schule sehr zahlreich Menschen ein, die am Synagogengedenkstein der Vernichtung der Lingener Synagoge in der Pogromnacht gedenken wollten. Sie hörten beeindruckende Musik der Cellistin  Angelina Dederer .

Forums-Vorsitzender Simon Göhler in seiner Begrüßung: Der Begriff Pogrom steht für Verwüstung, Zertrümmerung, Zerstörung. Ferner beschreibt er die Hetze und gewalttätige Angriffen gegen das Leben und den Besitz einer religiösen Minderheit mit Duldung oder Unterstützung der Staatsgewalt. (…)  zu dieser Gedenkveranstaltung begrüße ich Sie ganz herzlich, besonders begrüße ich Herrn Oberbürgermeister Krone, Herrn Landtagsabgeordneten Fühner, die Mitglieder des Lingener Stadtrates, die Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrerinnen und Lehrer des Gymnasium Georgianums. (…) Die Nacht vom 9. auf den 10. November vor genau 84 Jahren gehört zu den schlimmsten (…) Momenten der deutschen Geschichte. Allerdings: Im Vergleich zu dem, was noch kommen sollte (…), war sie nur ein Vorbote. Aber ihre Geschehnisse waren auch für sich ein solcher Schlag in das Gesicht von Humanität, Respekt und Anstand, dass wir uns an dieses Datum immer wieder erinnern müssen.“ Göhler endete: „Dass damals so viele weggeschaut oder tatenlos zugeschaut haben, beschämt mich zutiefst.“

Oberbürgermeister Dieter Krone ging auf den aktuellen Antisemitismus ein. Ausgehend von Gewalttaten gegen jüdische Menschen beklagte er, dass jüdisches Leben in Deutschland wiederum bedroht sei. „Mein Appell geht dabei an Sie alle: Letztlich sind wir aufgerufen, uns dem Antisemitismus aktiv entgegenzustellen. Wir tragen die Verantwortung dafür, den Verschwörungstheorien keinen Glauben zu schenken und uns dem Hass entgegenzustellen. Wegsehen, Schweigen oder Gleichgültigkeit helfen nicht. Gedenktage wie der heutige erinnern an die Opfer, um sie nicht zu vergessen, denn durch das Vergessen würden sie ein zweites Mal zu Opfern werden.“ Krone forderte: „Die Erinnerung darf nie enden; sie muss auch künftige Generationen zur Wachsamkeit mahnen. Ich bin deshalb sehr froh, dass ihr, liebe Schülerinnen und Schüler der sechsten Klasse des Georgianums Lingen, heute mit dabei seid und sogar das Programm mitgestaltet. Nur durch Initiativen, wie die an eurer Schule, kann es gelingen, die Erinnerung wach zu halten und sie zugleich als Mahnung zu begreifen.“

Foto: Stefan Roters, Gymnasium Georgianum

Die angesprochenen Schülerinnen und Schüler hatten in einem Projekt unter Leitung von Angela Prenger vom Forum Steine mit den Namen von Schoah-Opfern aus Lingen restauriert. Angela Prenger dankte den Schülern und Meike Behm und Peter Lütje, die die Restaurierung in der Lingener Kunsthalle unterstützt hatten. Die Namenssteine lagen am Fuße des Synagogengedenksteins.

Die beiden Stellvertretenden Vorsitzenden des Forums, Angela Prenger und Dr. Walter Höltermann nach dem Ökumenischen Friedensgebet vor den Namenssteinen. Foto: fwp