An einem jüdischen Feiertag, dem Purim-Fest, hatten wir  zum letzten „Lehrhausgespräch“ in diesem Winterhalbjahr eingeladen. Im vollbesetzten Gedenkort Jüdische Schule ordnete Prof. Dr. Ursula Rudnick aus Hannover das Buch Esther aus der hebräischen Bibel historisch und bibelwissenschaftlich ein.

Das Buch Esther beschreibt die Geschichte der Juden im antiken Perserreich, wo ein hoher Beamter des damaligen Perser-Königs – Haman – die Ermordung aller in Persien weilenden Juden geplant hatte. Haman hatte sich darüber geärgert, dass Mordechai, der Pflegevater der (jüdischen) Königin Esther ihm keine Ehre erweisen wollte. Rudnick: „Der Historiker Daniel Goldhagen nennt diese Art von Judenfeindschaft ‘eliminatorischen Antisemitismus’. Antisemitismus, der sich nicht damit begnügt, Juden zu verunglimpfen, zu diskriminieren oder zu vertreiben. Nein, es ist eine Form des Antisemitismus, der auf die vollständige Auslöschung der jüdischen Gemeinschaft zielt: ein Völkermord.“

Opfer und Gebete der Königin Esther vermochten das erste historisch bekannte Pogrom gegen die Juden in der Diaspora des persischen Reichs zu verhindern.  Es gelang Mordechai und Esther, den Perserkönig dazu zu bewegen, dass sich die Juden gegen ihre Ermorung wehren durften. So besiegten sie ihre Feinde, Haman fand den Tod. Das Purimfest erinnert daran.

Die Bibelwissenschaft sei sich Rudnick zufolge einig, dass diese Geschichte kein historischer Tatsachenbericht ist. Es handele sich um literarische Figuren. Ziel sei es zu zeigen, dass die Antisemiten bezwungen werden können.

Foto: Gernot Wilke-Ewert: Prof.Dr. Ursula Rudnick mit unserem Vorsitzenden   Dr. Heribert Lange. Gesellig wurde der Abend auch, weil mit Gebäck und Wein ganz im jüdischen Sinne Purim gefeiert wurde, dem einzigen jüdischen Fest, bei dem Alkohol trinken ausdrücklich geboten ist. Da mussten wir ausnahmsweise die christliche Fastenzeit kurz aussetzen.