Paul Schneider: „Das Verbrechersymbol grüße ich nicht!“

Lingen. „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen“. Unter diesem biblischen Titel eröffnete das Forum Juden-Christen Altkreis Lingen gemeinsam mit der evangelisch-lutherischen Kreuzkirchengemeinde Lingen und Lohne eine Ausstellung mit einem Vortrag von Dr. Walter Höltermann. Der Stellvertretende Vorsitzende des Forums stellte Leben und Tod des evangelischen Pfarrers Paul Schneider (1897 – 1939) vor, dem die Ausstellung gewidmet ist.

Höltermann stellte den Kirchenkampf in der Nazizeit vor. Die katholische Kirche hatte mit dem Konkordat zwischen dem Vatikan und Hitler ihren Frieden mit dem Regime gemacht. In der evangelischen Kirche tobte der Kampf zwischen den nazifreundlichen „Deutschen Christen“ und der  Bekennenden Kirche, die sich zum Verdruss der Nazis gegen die „arische“ Verfälschung des Christentums wandte.

Paul Schneider schloss sich der kirchlichen Widerstandsbewegung an und zeigte sich unbeugsam gegen Einflussnahme der Nazis in die Kirche. Mehrmals vom Terrorinstrument Gestapo inhaftiert, wurde er 1937 in das KZ Buchenwald verschleppt. Auch dort setzte er seinen Widerstand fort. So weigerte er sich am 20. April 1938, zum Staatsfeiertag „Hitlers Geburtstag“, als einziger Häftling die Hakenkreuzfahne zu ehren: „Das Verbrechersymbol grüße ich nicht!“

Mit seiner Weigerung, die Mütze abzunehmen, begann eine besonders brutale Folter durch einen sadistischen Aufseher. Obwohl in Einzelhaft genommen, predigte er aus dem Fenster gegen die Nazis. Als nach den Novemberpogromen 1938 Juden, unter anderem aus dem Emsland, nach Buchenwald verschleppt wurden, protestierte Schneider aus dem Zellenfenster gegen die SS- Mörder. Ein Mitgefangener: „Er gab uns durch seine Worte und durch seinen Tod wieder Hoffnung.“

Nach seiner Ermordung durch einen Lagerarzt im Juli 1939 wurde seine Beerdigung unter großer Beteiligung seiner evangelischen Gemeinden und der Pfarrerschaft im Hunsrück, der katholischen Gemeinde und der Bekennenden Kirche aus ganz Deutschland zu einer Demonstration gegen die Nazis. Schneider war, nach den Worten Dietrich Bonhoeffers, der erste Märtyrer der Bekennenden Kirche.

Vor Höltermanns Referat begrüßten Pastor Paul-Gerhard Meißner, Forum-Vorsitzender Simon Göhler und Lingens Erster Bürgermeister Stefan Heskamp die zahlreichen Zuhörenden. Heskamp zeigte sich beeindruckt von der umfangreichen und informativen Ausstellung, der er viele Interessierte wünschte.

Die Ausstellung in der Lingener Kreuzkirche ist noch bis zum 19. September von Montags bis Freitags jeweils von  15:00 – 18:00 Uhr sowie Mittwochs und Samstags von 10:00 – 12:00 Uhr zu sehen. Der Eintritt ist frei.

BU: Pastor Paul-Gerhard Meißner, Bürgermeister Stefan Heskamp, Angela Prenger, Walter Höltermann, Simon Göhler, Anne Gottschalk, Claudia Meinert (alle Forum-Vorstand), v.l.

Foto: Friedhelm Wolski-Prenger