Forum Judentum Christentum

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Gedenkort Jüdische Schule: Offene Tore am Pfingstmontag voller Erfolg

31 Mittwoch Mai 2023

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Wegen des Pfingstfestes, in diesem Jahr fast gleichzeitig mit dem jüdischen Schawuot (Fest zur Erinnerung an die Verkündung der Zehn Gebote an das jüdische Volk), fand die Öffnung der Tore am Gedenkort Jüdische Schule in Lingen ausnahmsweise am Montag statt. Claudia Meinert, Mechthild Pölking-Oeßelmann und Jens Niemann vom Forum informierten über 40 Interessierte, die den Weg in die Jakob-Wolff-Straße gefunden hatten.

Vorgestellt wurden das Gebäude und dessen Überlebensgeschichte, die Gedenksteine und die Dauerausstellung im ehemaligen Schulraum.

Pfingswetter am Familiengedenkstein. Claudia Meinert erklärt interesierten BesucherInnen die Geschichte der vertriebenen und ermordeten jüdischen Familien aus Lingen. Foto: Jens Niemann

Die nächste Öffnung findet am Sonntag, dem 25. Juni 2023 statt.

„Juden durften kein Haustier haben.“ – GrundschülerInnen besuchten Forum Juden-Christen.

16 Dienstag Mai 2023

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„Juden durften keine Haustiere haben.“ Diese Information über die Herabsetzung jüdischer Menschen durch die Nazis erschreckte die Viertklässler, die einen ganzen Vormittag im Gedenkort Jüdische Schule und auf dem Jüdischen Friedhof zubrachten. „Ich habe einen Hund, der mir sehr gut tut“, reagierte ein Schüler auf die unfassbare Herabsetzung von Menschen. Eine Schülerin: „Ich wäre traurig, wenn ich meinen Hamster nicht mehr haben dürfte.“

Angela Prenger vom Forum ließ die SchülerInnen vorlesen, welche Herabwürdigungen ganz normale Lingener Kinder ertragen mussten, nur weil sie einen anderen Glauben hatten. Am Beispiel des 1923 geborenen Jungen Bernhard Grünberg, der beim Beginn der Naziherrschaft im Alter der BesucherInnen war, erklärte Prenger die Trauer über die verlorene Kindheit. Der Ausschluss von Bernhard Grünberg aus der Klassengemeinschaft erschütterte die Zuhörenden sichtlich.

Hebräische Buchstaben sind schwierig. Der Familienstein erinnert an die jüdischen Familien, die in Lingen lebten.

Unter Leitung von Mechthild Pölking- Oeßelmann vom Forum erkundeten die Kinder das Außengelände des Gedenkortes in einem Stationslauf.

Erkundung Außengelände: Lisa Surmann (l)  und Mechthild Pölking- Oeßelmann weisen auf weitere Erkundungen hin.

Dr. Walter Höltermann führte die Gruppe auf dem Jüdischen Friedhof. Er ging dabei besonders auf den Grabstein des 2021 beerdigten Bernhard Grünberg ein, der zugleich als Gedenkstein für dessen ermordeten Eltern und seine ermordete Schwester erinnert.

Kann Zehnjährigen diese Geschichte zugemutet werden? Diese Frage bejaht nicht nur das Forum Juden Christen, sondern auch die Lehrerinnen Lisa Surmann und Katharina Eiter von der Grundschule Altenlingen. Voraussetzung ist eine altersgemäße Darstellung.  (Text und Fotos: fwp)

Blindekuh mit dem Tod- Kindheitserinnerungen von Holocaust-Überlebenden aus Czernowitz.

16 Dienstag Mai 2023

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Auf Einladung von Forums- Mitglied Georg Aehling, Verleger der edtion virgines (Düsseldorf-Lingen), nahmen der Forums- Vorsitzende Simon Göhler und die Stellvertretende Vorsitzende Angela Prenger an einer Buchvorstellung in der Zentralbibliothek in Düsseldorf teil. Die Graphic Novel „Blindekuh mit dem Tod“, vorbereitet vom Czernowitzer Museum für die Geschichte und Kultur der Juden in der Bukowina, erschien zunächst in ukrainischer Sprache im Rahmen des internationalen Projekts „Erinnerung lernen”. Zielgruppe des Buches sind Jugendliche. Unterstützt wird das Werk u.a. vom Auswärtigen Amt und der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf.

„Blindekuh mit dem Tod” zeichnet die Geschichte des Holocausts am Schicksal von vier Kindern in Czernowitz nach. Alle Ereignisse, alle Gebäude, alle Personen sind historisch verifiziert. In fünf Kapiteln erzählt die Graphic Novel die Kindheit von vier Kindern, die alle den Holocaust überlebt haben: Durch den Einsatz von Farben und die Gestaltung der Tür mit Blick auf das Jüdische Haus in Czernowitz werden die unterschiedlichen Lebenssituationen in der Stadt von 1940 bis 1945 gezeichnet, vom nahezu sorgenfreien Leben in Czernowitz, dem „Jerusalem an der Pruth”, das Leben im Ghetto im Jahr 1940 über die bedrückende Lagererfahrungen bis zur Befreiung durch die Rote Armee und das Weiterleben danach.

Die Graphic Novel beruht auf Augenzeugenberichten, Archivdokumenten sowie alten Fotografien und zeichnet die Geschichte der Schoah in Czernowitz nach. Das einstmals österreich-ungarische, heute ukrainische Czernowitz war vor der Schoah ein Zentrum jüdischer Kultur. So stammten Paul Celan und Rose Ausländer aus Czernowitz.

Göhler und Prenger konnten sich mit einem Überlebenden austauschen, dessen Geschichte im Buch aufgegriffen wird. Herbert Rubinstein floh 1945 als Neunjähriger aus Czernowitz und lebt heute in Düsseldorf. Dort ist er in der Jüdischen Gemeinde aktiv.

v.l.: Georg Aehling, Simon Göhler, Herbert Rubinstein ehemaliger Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinden im Rheinland), Angela Prenger. Foto: Klaus-Peter Hommes

Bibliografische Angaben: Blindekuh mit dem Tod. Kindheitserinnerungen von Holocaust-Überlebenden aus Czernowitz

Natalya Herasym, Mykola Kuschnir, Anna Yamchuk, Anna Tarnowezka. Übersetzung aus dem Ukrainischen: Hannah Goldshteyn, Valeria Fedorchenko, ISBN: 978-3-910246-13-3, 20,00 €

Mitgliederversammlung: Facharbeiten zum Judentum vorgestellt

28 Freitag Apr 2023

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Bildanalyse und jüdische Sportler

Zwei Schülerinnen des Lingener Franziskusgymnasiums referierten im „Studienteil“ der diesjährigen Mitgliederversammlung des Forums, die im Gedenkort Jüdische Schule stattfand. Unter Leitung von Elisa Eilermann hatte das Gymnasium das Seminarfach „Judentum“ angeboten. Unter anderem mit Unterstützung des Forums befassten sich die TeilnehmerInnen mit vielen Aspekten jüdischen Lebens.

Wie üblich im „Seminarfach“, in dem wissenschaftliches Arbeiten eingeübt wird, werden Facharbeiten verfasst. Ihrer Neigung zur bildenden Kunst entsprechend hatte sich Helena Stehmann mit dem Meppener Künstler Armin Pack (1940-2021) auseinandergesetzt. Pack hatte sehr viele jüdische Gedenkorte im Emsland, u.a. den jüdischen Friedhof in Lingen gezeichnet. Mit diesem Werk beschäftigt sich Stehmanns Arbeit mit dem Titel „Der jüdische Friedhof in Lingen – exemplarisch erarbeitet an einer Zeichnung des Künstlers Armin Pack.“

Die Autorin stellte den Mitgliedern des Forums Arbeitsprozess und Ergebnisse ihrer Arbeit vor. Aus ihrer Bildanalyse: „Die Zeichnung (…) zeigt den Friedhof aus der Perspektive des Eintritts durch das Eingangstor. In der rechten unteren Ecke des Bildes befindet sich das Jahr, in dem das Bild entstanden ist und die Unterschrift des Künstlers. (…) Der Vordergrund der Zeichnung besteht größtenteils aus einer großen und fast weißen Rasenfläche, welche mit kleinen, schwarzen, unkoordinierten Linien und Strichen dargestellt ist. Die Rasenfläche ist zudem mit kleinen stempelartigen Punkten versehen. Auf der linken Seite des Bildes zeichnete Pack die (…) Verbindungsmauer zwischen dem jüdischen und christlichen Friedhof.

Die Linien, die den Schatten darstellen, verändern sich in Richtung Rasenfläche in lange, dünnere Federstriche. Wenn auf die Mauer geblickt wird, zieht sich diese über die ganze linke Seite des Bildes. Bei ihr sind mehr oder weniger klare Mauersteine ausfindig zu machen, welche jedoch unsymmetrisch zueinander sind.

Die oberen Steine der Mauer werden durch dickere, schwarze Abtrennungen sichtbar, welche ebenfalls asymmetrisch zueinander angeordnet sind. Über ihr sind die verschiedensten Sträucher und Pflanzen zu erkennen, die leicht über sie hinausragen. In der unteren linken Ecke ist ebenfalls ein Strauch zu erkennen, der jedoch klar über die Mauer wächst.“

Die jüdischen Cousins Gustav und Alfred Flatow, beide Turner und Leichtathleten, vertraten Deutschland bei den Olympischen Spielen. Beide wurden in Theresienstadt ermordet. Mit ihrem Schicksal befasste sich Emma Harbig aus ihrem Interesse für das Turnen. Deutlich wurde, wie der Deutsche Turnerbund jüdische Mitglieder bereits 1933 ausschloss. Die Ausgrenzung von Juden wurde allerdings 1986 durch die Stiftung der „Flatow-Medaille“ aufgearbeitet. Die Medaille wird seither an Turnerinnen und Turner verliehen, wie Harbig hervorhob.

Simon Göhler, Vorsitzender des Forums, dankte den Referentinnen und ihrer Lehrerin mit einem kleinen Geschenk. v.l: Emma Harbig, Elisa Eilermann, Helena Stehmann, Simon Göhler. Foto: fwp

 

Rallye an der Jüdischen Schule

07 Freitag Apr 2023

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Zwei Klassen der Ludgerischule in Groß Hesepe besuchten Ende März den Gedenkort Jüdische Schule. Mit großer Freude erkundeten die motivierten Viertklässler trotz Nieselregens in einer Rallye das Außengelände. Ebenso interessiert folgten sie der altersgemäß aufbereiteten Lebensgeschichte von Bernhard Grünberg.

Die Viertklässler erforschten den Synagogenstein und den Familiengedenkstein. Foto: Ludgerischule Groß Hesepe.

Der Referentin Angela Prenger dankten die Lehrerinnen: „Ich spreche für uns alle (besonders auch für die Kinder), dass dieser Besuch wirklich interessant war und vielen im Gedächtnis bleiben wird,“ schrieb Christin Hüsken, die mit ihrer Kollegin Frau Bierbaum die Kinder begleitete.

40 Jahre Erinnerungskultur im südlichen Emsland / Feier und Buchvorstellung

04 Dienstag Apr 2023

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Gespräch am Rande: Oberbürgermeister Dieter Krone (Lingen), Forum- Vorsitzender Simon Göhler, Michael Grünberg, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Osnabrück. (v.L.) Foto: Bernhard Kües.

Zu einem großen Erfolg wurde die vom Forums-Vorstand unter Leitung von Simon Göhler vorbereitete Feier des Forum Juden-Christen Altkreis Lingen e.V. zu seinem 40. Geburtstag. Am 5. April 1983 wurde in der Gemeinde St. Josef in Lingen-Laxten der Arbeitskreis Judentum-Christentum gegründet.

Mit  geladenen Gästen wurde dieser Jahrestag am 3.April 2023 am Gründungsort gefeiert. Als Zeugen dieser Zeit anwesend waren der damalige Vikar der Gemeinde, Pastor Dr. Kraienhorst, und der Gründungsvorsitzende Josef Möddel. Insgesamt nahmen vier Vorsitzende teil, neben Josef Möddel sein Nachfolger als Vorsitzender Pastor Wolfgang Becker, der langjährige Vorsitzende des Forums, Dr. Heribert Lange, und der aktuelle Vorsitzende Simon Göhler. 

Aus der Politik nahmen die Bundestagsabgeordneten Dr. Daniela de Ridder (SPD) und Albert Stegemann (CDU) teil. Anwesend waren Oberbürgermeister Dieter Krone (Lingen), die Bürgermeister Godehard Ritz (Freren) und Markus Silies (Emsbüren) und der emsländische Landrat Marc- André Burgdorf. Letzterer richtete namens der Kommunalpolitiker ein beeindruckendes Grußwort an die Festgemeinde.

v.l. Marc- André Burgdorf, Michael Grünberg, Simon Göhler, Georg Aehling. Foto: Bernhard Kües.

Zuvor hatte im Anschluss an die einleitenden Worte des Vorsitzenden des Forums, Simon Göhler, der Vorstandsvorsitzende der Jüdischen Gemeinde Osnabrück, Michael Grünberg gesprochen. Grünberg rief dazu auf, in der Erinnerungsarbeit nicht nachzulassen.

„Man hätte sich laut Michael Grünberg, dem gebürtig aus Sögel stammenden Vorsteher der Jüdischen Gemeinde Osnabrück, eigentlich denken können, dass zur Zeit der Gründung des Arbeitskreises Judentum-Christentum vor 40 Jahren ‚schon vieles auf den Weg gebracht worden ist in Bezug an die Erinnerung an und Aufklärung dieser Verbrechen. Dem war aber nicht so.‘

Er erinnerte in diesem Zusammenhang auch (…) an seine Eltern. ‚Als diese in den 60er-Jahren zum ersten Mal nach Israel reisten, konnten sie es sich dort kaum erlauben, deutsch zu sprechen.‘

Aus diesem Grund bedankte sich Michael Grünberg für das Engagement der Mitglieder des Arbeitskreises sowie des 2001 daraus hervorgegangenen Forum Juden-Christen. Er bezeichnete es als ‚Wunder‘, was bis heute aus den Anfängen vor 40 Jahren entstanden ist und ergänzte anspielend auf den Titel ‚Es begann mit dem Jüdischen Friedhof‘ des nun veröffentlichten Buches: ‚In diesem Fall ist der Friedhof ja tatsächlich der Ausgangspunkt dieser Entwicklung gewesen. Normalerweise ist dies ja der Endpunkt.

Am Ende blieb vom Bielefelder Transport nur jeder Zehnte am Leben’, erklärte Grünberg bei der Vorstellung des Buches weiter. Gut 90 Mitstreiter, Vereinsmitglieder sowie den Vereinszielen verbundene Bürger waren dazu in die Gemeindebegegnungsstätte St. Josef in Lingen-Laxten gekommen.“ 

Lauschen dem Duo NIHZ und Baruch Chauskin: Simon Göhler, Michael Grünberg, Ruth de Vries, Ruth Grünberg, Bernhard Ebenthal (v.l.) Foto: LT, Carsten van Bevern (mit freundlicher Genehmigung)

Neben dem Gedenken an die Arbeitskreis-Gründung diente die Veranstaltung zugleich der Vorstellung des Buches „Es begann mit dem jüdischen Friedhof.“ Verleger Georg Aehling führte anhand einer Präsentation in den Aufbau des Buches ein.

Collage aus vier Werken: Anne Scherger, Verfolgt und ermordet, Karl- Heinz Vehring, Jüdische Bürger nach dem 2. Weltkrieg in Lingen, Angela Prenger und Friedhelm Wolski-Prenger, Allein in die Freiheit und das vorgestellte Buch. Foto: LT Carsten van Bevern, mit freundlicher Genehmigung

Die Autoren Angela Prenger und Friedhelm Wolski-Prenger stellten zwei Kapitel vor. Angela Prenger berichtete über den vom anwesenden Johannes Wiemker begründeten Arbeitsbereich „Judentum begreifen“. Sie verwies darauf, dass die Veranstaltung wegen der anstehenden Seder-Vorbereitungen zu Pessach vorverlegt wurde, da sonst die Teilnahme der jüdischen Gäste nicht möglich gewesen wäre. Unter anderem hätte Kantor Baruch Chauskin nicht teilnehmen können, was angesichts der Begeisterung, die sein Gesang wiederum auslöste, bedauerlich gewesen wäre. Er wurde meisterlich vom Duo NIHZ (Sanna van Elst und Bobby Rootveld) begleitet. Letztere hatten wegen der Termin-Vorverlegung einen geplanten Auftritt abgesagt.

Die gefeierten Musiker; Bobby Rootveld, Sanna van Elst, Baruch Chauskin. Foto: Bernhard Kües.

Angela Prenger stellte fest, dass das Forum immer noch zu wenig über das heutige Judentum wisse. „Wir müssen immer weiter lernen!“

Friedhelm Wolski-Prenger ging auf das letzte Buchkapitel „Politische Einmischungen“ ein. Er bedauerte nochmals , dass der Rat der Stadt Lingen gegen das Votum von Oberbürgermeister Krone am Namen der von den Nazis 1938 so benannten Bernd-Rosemeyer-Straße festhalte. Wolski-Prenger schloss mit der Prognose, dass das letzte Wort über den Nazi-Straßennamen noch nicht gesprochen sei.

Die Autoren. Foto: Rainer Rings

Es folgte eine Gesprächsrunde zur Vereinsgeschichte unter Leitung von Vorstandsmitglied Godehard Ritz. Daran beteiligt war Anne-Dore Jakob (jetzt Berlin), die als Pax-Christi-Aktive mit dem Arbeitskreis bei Ausstellungen und Publikationen mitgearbeitet hatte. Dr. Kraienhorst ging auf die Anfangszeit des Arbeitskreises ein, Pastor Wolfgang Becker sprach darüber, wie sich wegen der zunehmenden Aktivitäten des Arbeitskreises die Gründung eines Vereins abzeichnete. Dr. Heribert Lange berichtete von den Jahren ab 2005, als sich das im April 2001 gegründeten Forum in einer schweren finanziellen Krise befand.

v.l. Godehard Ritz, Anne-Dore Jakob, Dr. Bernhard Kraienhorst, Pastor Wolfgang Becker, Dr. Heribert Lange. Foto: LT, Carsten van Bevern, mit freundlicher Genehmigung.

Der „Rettungsvorsitzende“ war Dr. Walter Klöppel. Wegen dessen bald eintretenden Erkrankung leitete ab 2008 häufiger Lange den Verein, zu dessen Vorsitzenden er 2013 gewählt wurde. Seit 2022 ist Simon Göhler Vorsitzender des Forums. 

Erhielten von Simon Göhler – wie alle Beteiligten – aus der Hand von Simon Göhler Präsente: Autorin, Autor, Verleger. Foto: Bernhard Kües.

Nach dem offiziellen Teil ergaben sich viele Gespräche am Rande eines Buffets.

Vier Vorsitzende am Buffet! v.l. Dr. Heribert Lange, Josef Möddel, Simon Göhler, Pastor Wolfgang Becker. Foto: Rainer Rings

Der Bericht von Carsten van Bevern erschien in der Lingener Tagespost am Jahrestag, dem 5. April 2023 unter der Überschrift “Alles begann mit dem Jüdischen Friedhof”. Auszugsweise zitiert (blaue Textteile) wird aus der Online- Fassung, die sich findet unter https://www.noz.de/lokales/lengerich/artikel/buch-zum-40-jaehrigen-bestehen-des-forum-juden-christen-in-lingen-44476550

Ein Beitrag von Marie Lipinsky bei EmsTV findet sich unter https://emstv.de/videobeitrag/ml1-es-begann-mit-dem-judischen-friedhof/

Das Forum dankt den Medienvertretern für die Berichte.

Altenpflegekräfte aus Emsdetten besuchen Jüdischen Friedhof/ 90 Jahre “Ermächtigungsgesetz”

24 Freitag Mrz 2023

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Pflegekräfte des Altenwohnheims St. Josef-Stift in Emsdetten besuchten am 23. März den Jüdischen Friedhof in Lingen.  Am 90. Jahrestag des „Ermächtigungsgesetzes“, mit dem der Jahrhundertverbrecher Hitler von einer Mehrheit des Reichstages gegen die Stimmen der noch nicht verhafteten SozialdemokratInnen zum Diktator wurde, informierte der Stellvertretende Vorsitzende des Forums, Dr. Walter Höltermann, die Gruppe über jüdische Beerdigungsriten, die Anstrengungen zur Wiederherstellung der vernachlässigten Begräbnisstätte durch den Arbeitskreis Judentum-Christentum in den 1980er Jahren und über die jüngste Grabstelle. Zwei Jahre zuvor war der Ehrenbürger der Stadt Lingen, Bernhard Grünberg, am Gedenkstein für seine ermordete Familie beigesetzt worden. Sein Geburtstag jährte sich am Vortag zum 100. Mal.

Walter Höltermann (li.) mit den MitarbeiterInnen aus Emsdetten am Grabstein für Bernhard Grünberg. Foto: fwp

100. Geburtstag von Bernhard Grünberg:Forum gedenkt mit Friedhofsführung

23 Donnerstag Mrz 2023

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Am 22. März 1923 wurde der spätere Ehrenbürger der Stadt, Bernhard Grünberg, in Lingen geboren. Seinem Wunsch gemäß wurde er im April 2021 auf dem Jüdischen Friedhof beigesetzt.

Sein Anliegen war immer, über das Schicksal seiner von den Nazis ermordeten Familie zu berichten. Daher ehrte das Forum Juden-Christen Altkreis Lingen e.V. ihn mit einer Führung des Forums – Vorsitzenden Simon Göhler auf dem Jüdischen Friedhof.

An der Führung nahmen Beamte der Polizeiinspektion Emsland-Grafschaft / Bentheim und zwei enge Freundinnen Grünbergs teil. Eigens aus Großbritannien angereist war Leonie Edgell, die von Elisabeth Spanier (Lingen) begleitet wurde.

Elisabeth Spanier, Leonie Edgell und Angela Prenger am Grab-/ Gedenkstein für Bernhard Grünberg und seine Familie. Foto: fwp.

Die Stellvertretende Forums – Vorsitzende Angela Prenger erinnerte im Schwerpunkt der Führung am Gedenkstein für die ermordeten Eltern und die Schwester Grünbergs an die Verbrechen der Nazis und an das Überleben Bernhards durch einen „Kindertransport“. Er sah seine Familie nach seiner Abreise nach England als 15-Jähriger 1938 nie wieder. „Aber man kann nur mit Hoffnung leben“, zitierte Prenger Bernhard Grünberg.

Am Gedenkstein für Marianne, Bendix und Gerda Grünberg, zugleich Grabstein für Bernhard Grünberg. Foto: fwp

Die Polizeibeamten waren im Rahmen einer „Demokratiewoche“ der Polizeidirektion Osnabrück einen ganzen Morgen unter dem Titel „Jüdisches Leben in Lingen“ Gäste des Forums. Unter Leitung von Polizeioberrat Robert Raaz und dem Organisator, Kriminalhauptkommissar Andreas Hüsken, ließen sich die Polizistinnen und Polizisten zunächst über den Vorplatz des Gedenkortes Jüdische Schule („Synagogenplatz“) sowie die Gedenksteine für die vernichtete Synagoge und die Lingener jüdischen Familien informieren.

Polizeibeamtinnen und Vorstandsmitglieder des Forum Juden-Christen Altkreis Lingen e.V. Foto: fwp

An der von ihm geschaffenen Büste der jüdischen Philosophin Hanna Arendt berichtete der Lingener Künstler Peter Lütje über Arendts berühmte Schrift „Eichmann in Jerusalem“.

Simon Göhler stellte die Geschichte der Jüdischen Schule vor, die im Gegensatz zur zerstörten Synagoge erhalten blieb. Im Gedenkort erinnerte Dr. Friedhelm Wolski-Prenger an den Berliner Polizeibeamten Wilhelm Krützfeld, der in einer mutigen Aktion gemeinsam mit seinen Beamten des von ihm geleiteten 16. Berliner Polizeireviers in der Pogromnacht am 9. November 1938 die Zerstörung der Neuen Synagoge verhinderte. Heute beinhaltet das imposante Gebäude das Museum „Centrum Judaicum“.

Simon Göhler berichtet über die Familie Herz. Zuvor hatten die PolizeibeamtInnen den Gedenkstein für Jeanette Herz und ihre Famiile auf dem Jüdischen Friedhof besucht. Foto: fwp

Zum Abschluss des Vormittags besuchte die Gruppe die „Stolpersteine“ der Familie Herz an der Wilhelmstraße und die Stolpersrteine vor der Georgstraße 12, die an die ermordeten Familienangehörigen von Bernhard Grünberg erinnern. Besonders beeindruckt waren die Polizeibeamten vom Schicksal des kleinen Nico de Jong, der im Alter von zwei Jahren ermordet wurde. PM

2. Lingener Lyrikmarathon voller Erfolg

10 Freitag Mrz 2023

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Ein voller Erfolg war nach den Worten des Vorsitzenden des Forums, Simon Göhler, der „2. Lingener Lyrikmarathon“. In der dreistündigen Veranstaltung im Gedenkort Jüdische Schule in Lingen lasen viele Rezitatorinnen und Rezitatoren 36 Gedichte.

Freudige Erwartung der vielen BesucherInnen. Vorn der 1. Lingener Bürgermeister Stefan Heskamp, daneben Moderator Georg Aehling. Fotos: fwp

Georg Aehling ist Verleger der edition virgines (Düsseldorf). Dieser Verlag brachte den voluminösen Gedichtband „Ist es Freude, ist es Schmerz?“ heraus. Dessen Herausgeber Herbert Schmidt hatte 1.200 Gedichte und die Biografien von 305 Autorinnen und Autoren mit jüdischen Wurzeln zusammengestellt.

Aehling moderierte auch den Abend. Er ging zu Beginn auf den doppelten Anlass der Veranstaltung ein, die Woche der Brüderlichkeit, die vom Koordinierungsrat der Christlich-Jüdischen Gesellschaften Anfang März ausgerufen wurde. Weiterer Anlass war der Weltfrauentag, an dessen Vorabend die Veranstaltung stattfand. Daher stammten die rezitierten Gedichte aus der Feder jüdischer Frauen.

Aehling führte zur Zielsetzung des Forums aus: „Wir wollen heute vor allem auch die kulturellen Leistungen jüdischer Dichterinnen und deren Einsatz für eine freiheitliche, demokratisch-humanitäre und menschenfreundliche Gesellschaft würdigen.“

Der Moderator ging weiter auf den Titel des Gedichtbandes ein. Dieser weise auf den Doppelcharakter der Gefühlslagen hin: „Schmerzliche Erlebnisse infolge gesellschaftlicher Ausgrenzung und Verfolgung, der Vernichtung oder des Exils und damit einhergehende Identitätszweifel, die den Gedichten eine besondere Aus­drucksstärke verleihen.“ Die Gäste erwarte das erhebende Erlebnis schöner und wertvoller Poesie in vielen Facetten und aus vielen Epochen. Denn die lyrische Begabung so zahlreicher Juden als Volk des Wortes und der Schrift habe sich in der deutschen Sprache ganz besonders zu Hause gefühlt.

Erster Rezitator war der Erste Bürgermeister der Stadt Lingen, Stefan Heskamp, der „Kanarienvögleins Traum“ von Friederike Kempner vortrug: Es bettet sich das Vögelein/ In seinem eignen Flaum,/Es hüllet sich das Köpfchen ein,/Und träumt den schönsten Traum. /Vom blauen Himmel lebenslang

Simon Göhler mit Weltkugel, während er “Die Welt” rezitiert.

Simon Göhler rezitierte „Die Welt“ von Jenni Aloni: Was ist die Welt? Ein Bruchstück des Atoms,/ das Kreisen seines Splitters um den Kern,/ des allumfassenden Gebots Erfüllung,/und wenn du willst, ein Nichts, ein Wahn.

Anne Höltermann las ein Gedicht von Elfriede Gerstl: „1936 packte Mutter den ersten Fluchtkoffer“. 1942 packte mutter den kleinen fluchtkoffer/ schwarze tuchmäntel aus den 30ern zurücklassend/ wir werden nicht mehr so viel brauchen.

Anne Höltermann mit Georg Aehling

Außer der Reihe trug die stellvertretende Vorsitzende des Forums, Angela Prenger, einen Text der Lingener Lyrikerin Helga Hanauer vor. Im Gedicht „Erinnerung“ verarbeitete Hanauer ihre tiefe Enttäuschung über das Vergessen jüdischen Lebens und Leidens in der Geburtsstadt ihres Vaters Gustav Hanauer: man wollte/ das getane begraben/in der tiefsten see

Der 1. Lingener Lyrikmarathon hatte 2016 stattgefunden. Das Forum Juden-Christen will nach dem großen Erfolg nicht wieder sieben Jahre vergehen lassen. Der 3. Lyrikmarathon soll bereits 2025 stattfinden.

Literaturhinweis: Die meisten Gedichte stammten aus der von Herbert Schmidt herausgegebenen Anthologie “Ist es Freude, ist es Schmerz? Jüdische Wurzeln – deutsche Gedichte”, Düsseldorf 2012, edition virgines, 1284 S., € 69.- 

Frieden ist möglich! Walter Höltermann appelliert an Engagement

25 Samstag Feb 2023

Posted by forumjc in Aktuelles, Allgemein

Fotos: fwp

Die christlichen Kirchengemeinden hatten zum Jahrestag des Überfalls von Putins Armeen auf die Ukraine am 24.02.2023 zum Friedensgebet auf den Lingener Marktplatz eingeladen. Zum Abschluss sprach der stellvertretende Vorsitzende des Forums, Dr. Walter Höltermann. Er sagte:

Vor genau einem Jahr ist der Krieg zu uns gekommen und seitdem ist er unter uns. Jeden Morgen gelangt er durch die Zeitung auf unserem Frühstückstisch und am Abend durch das Fernsehen in unsere Wohnzimmer. Es sind immer die gleichen Bilder: Tote, leidende Menschen, zerstörte Wohnungen, beschädigte Krankenhäuser, zerstörte Infrastrukturen sowie Soldaten und Kriegsgerät. Das erste Opfer dieses Angriffskrieges war die Wahrheit: Russland begründete ihn mit der Notwendigkeit der Entnazifizierung und Demilitarisierung der Ukraine um einen Genozid zu beenden. Das Wort Genozid in einem Kontext mit der Ukraine erinnert uns an die dort stattgehabte Vernichtung der Juden während des zweiten Weltkriegs und wirkt mehr als verstörend, denn Präsident Selenskyj ist Jude. Seitdem sind 12 Monate vergangen, sind allein unter der Zivilbevölkerung über 8.000 Tote und etwa 14.000 Verletzte zu beklagen, sind mehr als 1 Millionen geflüchtete Ukrainer zu uns nach Deutschland gekommen. Doch der Krieg geht weiter. Die Bilder und die Nachrichten machen mich fassungslos, ohnmächtig und manchmal auch wütend. Die unterschiedlichen und zunehmend kontroversen Auffassungen innerhalb unserer Gesellschaft weisen auf das Dilemma von Solidarität mit dem ukrainischen Volk und der Verlängerung des Krieges hin. Umso mehr frage ich mich, wann wird es Frieden geben, wann und unter welchen Bedingungen werden die Waffen schweigen?

Der Journalist Klaus Prömpers hat 2015 ein Buch mit dem Titel „So geht Frieden“ geschrieben. Prömpers berichtet darin über Menschen des öffentlichen Lebens, denen er begegnet ist und wie diese um den Frieden gerungen haben. Einer der Personen die er vorstellt, ist Kardinal Joseph Höffner. Kardinal Höffner wurde 2003 vom Jerusalemer Zentrum Yad Vashem zum „Gerechten unter den Völkern“ erhoben. Zusammen mit seiner Schwester hat er während des 2. Weltkriegs ein junges jüdisches Mädchen und eine jüdische Frau vor dem Zugriff der Gestapo versteckt. Unter der Leitung des Kardinals Höffner hat die Deutsche Bischofskonferenz 1983 ein Hirtenwort mit dem Titel „Gerechtigkeit schafft Frieden“ herausgegeben. In diesem Papier heißt es auch angesichts der Gefahr einer nuklearen Kriegsführung wörtlich: „Heute ist der Krieg weniger ein Mittel, um politische Ziele zu erreichen. Denn niemals sind die Folgen des Krieges so offenbar gewesen, und niemals war so klar, dass jeder mögliche Gewinn in keinem Verhältnis zu den Opfern stehen würde.“ (…) Klaus Prömpers kommt in seinem Buch zu der Erkenntnis: Frieden schaffen ist ein komplexer Prozess und die Suche danach ist mühsam. Doch trotz mancher Ernüchterung, so Prömpers, kennzeichnet alle der von ihm beschriebenen Personen der Optimismus, dass Veränderung möglich ist, wenn man wirklich will.

Auch wir können uns von diesem Optimismus angesprochen fühlen. Auch wir können Antworten auf Krieg, Hass und Verachtung finden und müssen diese nicht einfach nur an „die Politik“ delegieren. Doch wie können wir das tun?

„Sprechend und handelnd schalten wir uns in die Welt der Menschen ein, die existierte, bevor wir in sie geboren wurden“ schrieb Hannah Arendt in der Vita Activa, „und diese Einschaltung“, so Arendt weiter, „ist wie eine zweite Geburt, in der wir die nackte Tatsache des Geborenseins bestätigen, gleichsam die Verantwortung dafür auf uns nehmen.“

Wir dürfen uns nicht wehrlos und sprachlos machen lassen. Wir können sprechen und handeln. Wir können Verantwortung auf uns nehmen. Wir können, so die Publizistin Carolin Emcke, sprechend und handelnd eingreifen in diese von Krieg, Hass, Fanatismus, Gewalt und Diskriminierung geprägte Welt. Doch dazu brauchen wir, so Frau Emcke weiter, Vertrauen in das, was uns als Menschen ausmacht: die Begabung zum Anfangen. Wir können hinausgehen und uns einschalten in diese Welt. Doch dieses Einschalten braucht Bilder und Vorbilder, die uns zeigen und erinnern, was und wer wir sein können.

Ich denke in diesem Zusammenhang an Werner Remmers, der sich als Präsident des Maximilian-Kolbe-Werkes erfolgreich für die Aussöhnung mit dem polnischen Volk engagiert hat. Sein Eintreten für den dauerhaften Bestand der Westgrenze Polens und für die Anerkennung der großen Schuld, die Deutschland gegenüber Polen auf sich geladen hat, wurde er als „Strolch“, „Wirrkopf“ und „Bengel“ beschimpft. Dennoch ging er seinen Weg der Aussöhnung konsequent weiter.

Ich denke in diesem Zusammenhang an Fadi Dekidek, einem Rettungssanitäter in Jerusalem. Herr Dekidek ist Palästinenser und er wurde zu einem Notfall gerufen. Ein palästinensischer Terrorist hatte mit einer Waffe wild um sich geschossen und zahlreiche Menschen getötet sowie verletzt. Dekidek ist Araber aus Ost-Jerusalem und jemand aus seinem Volk hat diesen Terroranschlag ausgeführt. Herr Dekidek fragt nicht nach der Ethnizität, er behandelt Juden, er rettet Juden. Für ihn ist das kein Widerspruch. Im Gegenteil: „Ich bin sicher“, so sagt er, „wir verrichten eine heilige Arbeit, als ein Beispiel für die ganze Welt.“

Ich denke in diesem Zusammenhang an ein Ereignis in Stockholm, das sich ebenfalls vor einigen Wochen ereignet hat. Dort hatte ein Rechtsextremer ein Koran-Exemplar verbrannt und sich dazu auf seine Meinungsfreiheit berufen. Im Gegenzug wollte ein Ägypter in Schweden eine Thorarolle verbrennen. Er zeigte dieses den schwedischen Behörden an und diese nahmen daran keinen Anstoß, da dieses durch die Meinungsfreiheit gedeckt ist. Führenden Vertretern der muslimischen Community ist es jedoch gelungen, den Mann von seinem Vorhaben abzubringen. Diese argumentierten, dass eine solche Tat dem Islam widerspreche. Sie sagten dem Mann, dass die jüdische Gemeinde in Schweden ein enger Partner ist und sich für Muslime engagiert. Er könne deshalb nicht einfach die religiösen Gefühle von Juden verletzen, um ein Zeichen zu setzen.

Ich denke in diesem Zusammenhang an die Aktion Sühnezeichen Friedensdienste. Das Anliegen dieser Organisation ist es, zuhörend und mithelfend für von Deutschen begangene Verbrechen des Nationalsozialismus um Vergebung zu bitten und für das heutige Zusammenleben der Menschen Verantwortung zu übernehmen. Dieses Anliegen wurde in Prag von Artur Radvansky gefördert, der dort als Verwaltungsleiter des Neuen Jüdischen Friedhofs tätig war. Artur Radvansky kam 17-jährig als politischer Häftling in das KZ Buchenwald. Sein Weg führte ihn über Ravensbrück und Sachsenhausen nach Auschwitz und zuletzt noch nach Mauthausen und Ebensee. Sechs Jahre träumte er von der Befreiung und von der Rückkehr nach Hause. Als der erste amerikanische Panzerwagen ins befreite KZ Ebensee rollte, wusste Artur Radvansky, dass es für ihn kein zu Hause mehr gab. Sein Vater war im KZ Buchenwald in seinen Armen an Hunger gestorben. Und nach dem, was er in Auschwitz gesehen hatte, ahnte er, dass auch seine Mutter und seine jüngeren Brüder ermordet worden waren. Er stand da, ganz allein, mit leeren Händen, nur im Häftlingsanzug, 23 Jahre alt und musste wieder anfangen zu leben. Er hatte viele Fragen und eine davon war, ob er den Tätern verzeihen könnte. Vergessen könne er nicht, war seine Antwort, aber wenn er sich überzeugen könnte, dass ein Täter bereut, was er getan hat, dann könnte er ihm die Hand reichen. (…) Artur Radvansky hat uns wie Erna de Vries, wie Ruth Foster-Heilbronn und wie Bernhard Grünberg vorgelebt, wie Frieden geht: durch Versöhnung.

Im öffentlichen Diskurs wurde in den letzten Wochen und Monaten im Zusammenhang mit dem Angriff auf die Ukraine wiederholt auf die Verteidigung unserer Werte hingewiesen. Freiheit und Demokratie als Garanten für den Frieden. Wir dürfen uns allerdings nicht nur als freie demokratische Gesellschaft bezeichnen, wir müssen es dann auch sein. Freiheit ist nicht etwas was man besitzt, sondern ein unabgeschlossenes Projekt. Demokratie ist keine statische Gewissheit, sondern eine dynamische Übung im Umgang mit Ungewissheiten und Kritik. Eine freie demokratische Gesellschaft ist etwas, was wir immer wieder lernen und einüben müssen, im gemeinsamen Sprechen und Handeln. Wir müssen es einüben im wechselseitigen Respekt vor der Vielfalt der Zugehörigkeiten und den individuellen Einzigartigkeiten.

Und nicht zuletzt müssen wir es einüben im gegenseitigen Zugestehen von Schwächen und im Verzeihen. Das ist mühsam und es wird dabei immer wieder zu Konflikten zwischen den verschiedenen Überzeugungen und Handlungsweisen kommen. Es ist schwer, die jeweiligen Bezüge und Orientierungen in eine gerechte Balance zu bringen. Doch es ist möglich. Dazu braucht es Haltung, Mut und die Bereitschaft, die Blickrichtung zu ändern um einen Perspektivwechsel zu ermöglichen.

Frieden ist möglich! Und so rufe ich Ihnen zu: „Gehen wir hin und bringen wir den Frieden“. 

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