Forum Judentum Christentum

Archiv

Forum Juden-Christen: Neuer Vorstand nimmt Arbeit auf

11 Freitag Sep 2020

Posted by forumjc in Allgemein, Archiv

Zur ersten Sitzung traf der neu gewählte Vorstand des Forum Juden- Christen Altkreis Lingen im Gedenkort Jüdische Schule zusammen. Im Anschluss an einen Rückblick über die Arbeit der letzten Jahren wurden unter Leitung des neuen Vorsitzenden Gernot Wilke-Ewert Aufgabenbereiche besprochen. Wilke-Ewert bedankte sich bei seinem Vorgänger und jetzigem Ehrenvorsitzenden, Dr. Heribert Lange, für dessen aktuelles Veranstaltungsprogramm. Lange wird die „Lehrhausgespräche“ und andere Angebote auch zukünftig koordinieren. (s. Veranstaltungen)

v.l.n.r.: Simon Göhler, Godehard Ritz, Mechthild Pölking-Oeßelmann, Gernot Wilke-Ewert, Friedhelm Wolski-Prenger, Walter Höltermann, Georg Wichmann; nicht im Bild Bernhardine van Olfen und Michael Fuest.

 

 

Forum Juden-Christen wählt Gernot Wilke-Ewert zum neuen Vorsitzenden – Dr. Heribert Lange wird Ehrenvorsitzender

12 Sonntag Jul 2020

Posted by forumjc in Archiv

„Soweit, so gut!“ – Dank an das Forum, Dank an die Familie

Zehn Jahre hat Dr. Heribert Lange den Verein Forum Juden- Christen Altkreis Lingen als Vorsitzender geleitet. Zu seinem Nachfolger wählten die Mitglieder am Donnerstagabend in der Kunsthalle einstimmig Pastor Gernot Wilke-Ewert. Heribert Lange wird weiterhin Verantwortung übernehmen und wurde unter langanhaltendem Beifall zum Ehrenvorsitzenden des Vereins benannt.

“Du bist fleißig im guten Sinne, fürsorglich, verlässlich, ein begnadeter Redner und hast in den vergangenen Jahren mit deinen Ausführungen, die Moral und Inhalt verknüpfen, Menschen berührt“, betonte der neue Vorsitzende. Herzlich dankte er seinem Vorgänger, überreichte ihm eine von Peter Lütje angefertigte Skizze, die Hannah Ahrend darstellt.

Heribert Lange habe im Verein seine Handschrift hinterlassen und so manche Rede habe Gänsehaut erzeugt. „So darf ich dir heute zwei Flaschen Rotwein überreichen, die diese Namen tragen“, bemerkte Wilke-Ewert unter herzlichem Applaus. Den erhielt auch Ehefrau Doris, zudem einen Blumenstrauß. Sie weiß, „dass Heribert aus Leidenschaft wohl noch weiter das Amt ausgeübt hätte.“

 

In seiner umfassenden Vorstellung erinnerte Lange an die vor zehn Jahren begonnenen Lehrhausgespräche und bettete die zahlreichen Veranstaltungen ein in die Aufgaben, die sich das Forum in seiner Satzung gegeben hatte. „Einen Brückenschlag zwischen Juden und Christen unter Einbeziehung der Geschichte der jüdischen Gemeinden im Altkreis Lingen zu bauen. Die Erinnerung und Bewahrung jüdischer Kultur zu pflegen. Das Judentums und seine Traditionen kennenlernen, die Erhaltung und Betreuung der Lern- und Gedenkorte sowie der Friedhöfe zu fördern, ein Zeichen gegen das Vergessen zu setzen, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus entgegenzutreten, und nach Wegen der Versöhnung und des friedvollen Miteinanders aller Menschen zu suchen“, seien die Aufgaben und Ziele. Mit Friedensgebeten, Schulveranstaltungen, Lesungen, Gedenktagen, Begegnungsprojekten und Aktionen, Kooperationen und weiteren Veranstaltungen habe das Forum seine Satzung ausgestaltet. Langes Schlusswort lautete: „Soweit, so gut!“ Er dankte ganz besonders seiner Ehefrau Doris und der Familie. Den Vorstandsmitgliedern übergab er als Abschied jeweils eine aus Holz geschnitzte Mesusa – Ein Segen für das Haus.

 

Text: Johannes Franke, Lingener Tagespost (11.07.2020, mit freundlicher Genehmigung)

S.a. http://www.noz.de/lokales/lingen/artikel/2085349/soweit-so-gut-dank-an-das-forum-dank-an-die-familie

Hannah Arendt in Lingen: Büste von Peter Lütje an der Jüdischen Schule

25 Montag Mai 2020

Posted by forumjc in Archiv

Die 1906 in Hannover geborene und in Königsberg aufgewachsene Hannah Arendt studierte 1924 bis 1928 Philosophie, Theologie und Klassische Philologie in Marburg, Freiburg und Heidelberg. 1933 wurde sie als Jüdin kurzzeitig inhaftiert und floh nach Paris. 1941 ging es weiter über Lissabon in die USA. Dort schrieb sie für jüdische Zeitschriften, arbeitete als Lektorin und engagierte sich bei der Rettung jüdischen Kulturguts. Nach dem Sieg über den Naziterror blieb sie in New York, besuchte aber wiederholt Deutschland. 1955 erschien ihr Buch Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft auf Deutsch, 1960 ihr Buch Vita activa oder Vom tätigen Leben. Bis heute sehr bekannt ist ihr Bericht Eichmann in Jerusalem über den Prozess gegen den Cheforganisator der Schoa. Ab 1967 hatte sie eine Professur an der New School for Social Research in New York inne. Für Arendt war die eigene Urteilsbildung gleichbe­deutend mit politischem Handeln: ‘Nicht mitmachen, selbst urteilen’, zu einer leben­digen Demokratie gehöre das eigene Urteil, besonders wenn es der Mehrheit wider­spreche.

Diese Frau hatte den Lingener Künstler Peter Lütje (Foto) beeindruckt. Wie er bei der Prä­sentation seines Werkes ausführte, müssen Frauen verstärkt in den Fokus der Öf­fentlichkeit gestellt werden. So schuf er, finanziert durch eine Sponsorengruppe, eine Hannah-Arendt-Büste in Bronze. Diese steht nun auf einer ebenfalls von Lütje auf­gemauerten Stele neben dem schmiedeeisernen, vom Lingener Ehrenbürger und Schoa- Überlebenden Bernhard Grünberg gefertigten Eingangstor zum Gedenkort Jüdische Schule. Sie soll als Dauerleihgabe dort ihren Platz als weiteres Zeichen der Erinnerung an die Bedeutung des unverzichtbaren jüdischen Beitrages zur Wissen­schaft finden.

Der Vorsitzende des Forums Juden-Christen Altkreis Lingen, Dr. Heribert Lange, führte in der öffentlichen Vorstandssitzung des Forums zur Vorstellung der Büste am 23. Mai 2020, dem 71. Jahrestag des Grundgesetzes aus: „Wir sind Ihnen, den Sponsorinnen und Sponsoren, sehr dankbar, dass Sie diese Idee realisiert, also den Ankauf des Werks für das Forum besorgt und damit ein unübersehbares Zeichen für die Sinnhaftigkeit von Erinnerung und Erinnerungskultur geschaffen haben – und zwar im räumlichen Kontext mit dieser Gedenkstätte und im geistigen Kontext mit der Erinnerungsarbeit.“ An den Künstler gerichtet schloss Lange: „ ‘Alle Künste’ , lieber Pe­ter Lütje – so hat es neulich der Philosoph Wilhelm Schmid gesagt – ‘sind Brücken über Abgründe. Die Ideen dazu wurden bei vielen Künstlern aus der Erfahrung der Ab­gründigkeit heraus geboren.’ Deine Idee, diese Büste von Hannah Arendt zu schaf­fen, und sie hier an diesem Ort zu platzieren, gemahnt uns, der Abgründe, vor allem der Abgründe des Geistes in Menschengesellschaften immer weiter gewärtig zu sein und uns ihrer immer weiter zu erinnern. Hannah Arendts Werk ist eine Apologie der Erinnerung und Hannah Arendt ist auf solche Weise Patin unserer Erinnerungsarbeit und der unserer Nation aufgetragenen Gedenkkultur – nicht irgendwie und irgendwo, sondern hier und jetzt!“

Die Sponsoren sind Georg Aehling, Annette Höing, Walter Höltermann, Annette Koop, Doris Lange, Peter Leuschner und Bernhard Merswolke

Fotos: Friedhelm Wolski-Prenger

Vgl. auch den Bericht von Thomas Pertz in der Lingener Tagespost:

http://www.noz.de/lokales/lingen/artikel/2057783/eine-patin-der-erinnerungs-und-gedenkkultur-in-lingen

Zur Zeit läuft eine Ausstellung zu Hannah Arendt im Historischen Museum Berlin: http://www.dhm.de/besuch-service.html

vgl. dazu auch den Bericht in der “Jüdischen Allgmeinen”: http://www.juedische-allgemeine.de/kultur/kein-recht-zu-gehorchen/

Ursula Rudnick: Purim ist ein jüdische Fest gegen Antisemitismus

12 Donnerstag Mrz 2020

Posted by forumjc in Allgemein, Archiv

 An einem jüdischen Feiertag, dem Purim-Fest, hatten wir  zum letzten „Lehrhausgespräch“ in diesem Winterhalbjahr eingeladen. Im vollbesetzten Gedenkort Jüdische Schule ordnete Prof. Dr. Ursula Rudnick aus Hannover das Buch Esther aus der hebräischen Bibel historisch und bibelwissenschaftlich ein.

Das Buch Esther beschreibt die Geschichte der Juden im antiken Perserreich, wo ein hoher Beamter des damaligen Perser-Königs – Haman – die Ermordung aller in Persien weilenden Juden geplant hatte. Haman hatte sich darüber geärgert, dass Mordechai, der Pflegevater der (jüdischen) Königin Esther ihm keine Ehre erweisen wollte. Rudnick: „Der Historiker Daniel Goldhagen nennt diese Art von Judenfeindschaft ‘eliminatorischen Antisemitismus’. Antisemitismus, der sich nicht damit begnügt, Juden zu verunglimpfen, zu diskriminieren oder zu vertreiben. Nein, es ist eine Form des Antisemitismus, der auf die vollständige Auslöschung der jüdischen Gemeinschaft zielt: ein Völkermord.“

Opfer und Gebete der Königin Esther vermochten das erste historisch bekannte Pogrom gegen die Juden in der Diaspora des persischen Reichs zu verhindern.  Es gelang Mordechai und Esther, den Perserkönig dazu zu bewegen, dass sich die Juden gegen ihre Ermorung wehren durften. So besiegten sie ihre Feinde, Haman fand den Tod. Das Purimfest erinnert daran.

Die Bibelwissenschaft sei sich Rudnick zufolge einig, dass diese Geschichte kein historischer Tatsachenbericht ist. Es handele sich um literarische Figuren. Ziel sei es zu zeigen, dass die Antisemiten bezwungen werden können.

Foto: Gernot Wilke-Ewert: Prof.Dr. Ursula Rudnick mit unserem Vorsitzenden   Dr. Heribert Lange. Gesellig wurde der Abend auch, weil mit Gebäck und Wein ganz im jüdischen Sinne Purim gefeiert wurde, dem einzigen jüdischen Fest, bei dem Alkohol trinken ausdrücklich geboten ist. Da mussten wir ausnahmsweise die christliche Fastenzeit kurz aussetzen.

Wir trauern um Benno Vocks

27 Donnerstag Feb 2020

Posted by forumjc in Archiv

Das Forum Juden-Christen

trauert um 

Benno Vocks

2. April 1944 – 21. Februar 2020

Die Verantwortung der Deutschen für den Holocaust und für Hitlers Nazi-Terror gehörte zu den Grundüberzeugungen von Benno Vocks, der bis 2018 stellvertretender Vorsitzender des Forums Juden–Christen war.

Noch in einem kürzlichen Gespräch erklärte uns der nun verstorbene Freund bewegt, wie sehr ihn in seinem Leben die jüngere deutsche Ge­schichte beschäftigt habe und wie bedeutsam für ihn dabei die Prägung gewesen sei, die er dem Vorbild seines Lingener Lehrers Dr. Johannes Göken verdanke.

Die Spuren der Geschichte mit Bedacht und geduldig zu suchen, die Geschehnisse und die Menschen ihrer Zeit, die Toten und die Überle­benden, besonders wohl die Schicksale der jüdischen Menschen aus Lingen, aufzuspüren, verstand er als seinen Auftrag. Behutsam, taktvoll und mit Respekt vor den Menschen und ihren Schicksalen hat er an die­ser Aufgabe gearbeitet und für die unauslöschliche Erinnerung an die Opfer Großes geleistet.

Davon zeugen 49 Stolpersteine hier in Lingen an den früheren Lebens­stätten der jüdischen Menschen, die von den NS-Terroristen verbannt, in den Tod getrieben oder ermordet wurden. Die Texte, die er zu den Le­bensgeschichten der Menschen schrieb, bezeugen seine Verbundenheit mit ihren Schicksalen. Seine Begegnungen mit Überlebenden, ihre im­mer respektvolle Begleitung und die Freundschaften, die daraus mit den späteren jüdischen Ehrenbürgern Lingens erwuchsen, sind zu einem bleibenden Zeugnis seiner Menschlichkeit geworden.

Benno Vocks hat sich um die Menschen, denen unsere Erinnerungsar­beit gilt, und um die Pflege und Bewahrung einer lebendigen Gedenkkul­tur in Lingen verdient gemacht.

Dr. Heribert Lange

Vorsitzender

Das Foto stammt von Wilfried Roggendorf, Lingener Tagespost, mit freundlicher Genehmigung

Rede Dr. Lange Mahnwache 2020 zu Hanau 23.02.2020

24 Montag Feb 2020

Posted by forumjc in Archiv

Guten Abend Ihnen allen, die dem Aufruf zu der Mahnwache heute, von Meike Behm und Robert Koop, nicht ganz ohne Beteiligung des Forum Juden-Christen, initiiert und geplant, hier auf dem Marktplatz zu Lingen gefolgt sind. Mit Ihnen allen haben wir uns zu dieser Mahnwache versammelt, die wir, ihre Initiatoren, unter das Motto gestellt haben:

„Lingen: Gemeinsam gegen Hass, gegen Hetze gegen Rassismus!“Unser Dankes- und Willkommensgruß gilt des Weiteren Herrn Oberbür-ger­meister Krone, den Vertretern des Rats, den Kirchen, der Jüdischen Gemeinde Osnabrück, der Sultan-Ahmed-Moschee-Gemeinde Nordhorn, dem Kurdischen Kulturverein Lingen, dem DGB, der AWO, den im Rat der Stadt Lingen vertre­tenen demokratischen Parteien, der Friedensgebetsgruppe der Kreuzkirche, dem Forum Juden-Christen im Altkreis Lingen, der Klimagruppe Emsland, der Kunsthalle und der Kunstschule Lingen, dem TPZ, Arts by children, dem DB Lingen, dem Lingener Anwaltsverein, der Caritas, dem SKF und SKM, dem Verein Frauen helfen Frauen, dem Internationalen Kulturverein von Frauen für Frauen, dem Gleichstellungsbüro der Stadt Lingen, dem LWH, dem Kulturfo­rum St. Michael und dem Meppener Kunstkreis. –

Aber damit nicht genug:

Hier vorne sind außer meiner Wenigkeit aber auch noch der Herr Oberbür-ger­meister Dieter Krone, die Ideen- und Impulsgeberin unserer heutigen Mahn-wa­che, die Direktorin der Kunsthalle, Meike Behm, Frau Tiesmeyer vom DGB Emsland, und, worüber wir besonders glücklich sind, die stellvertretende Schul-sprecherin des Gymnasiums Georgianum, Marie Beenken, um ebenfalls heute Abend zu Ihnen zu sprechen, wenn auch in etwas anderer Reihenfolge.

Und sprechen zu uns werden auch, und haben auch schon auf ganz besonders ei­gene, ein- und ausdrucksvolle Weise zu uns gesprochen Zain Landozz and Fri­ends, soeben mit Biassi sowie Tobias Bako und seine Musikgruppe mit Rock-in‘ in the Free World und am Ende noch mit Imagine – und das alles ohne die Er­wartung eines Honorars.

„Am Anfang steht der Angriff gegen die Menschlichkeit. Ihm folgt alsbald der Angriff gegen die Menschen.“ Gerade so hat es soeben die Bundestagsvize-prä­sidentin Claudia Roth zutreffend formuliert. Ich darf hinzufügen: Noch vor dem Angriff [aber] steht der Hass.

Beinahe jede Woche hören wir die Ermahnungen des Bundespräsidenten zur Gleichgültigkeit in der Sprache, zu Abschätzigkeit und zur ihrer Verrohung, mittels der der gebotene Respekt vor dem Anderen immer weiter unter die Räder gerät. Immer spürbarer – NEIN: immer bedrückender werden und wirken die Zeichen, Formeln und Akte der Menschenverachtung, die jedem von uns in sei-nem Alltag und in seinem Leben, gar nicht nur immerfort in den diversen In­ter-netforen, begegnen.

Menschenverachtung, die Projektion eigener Wahrnehmung von Unzulänglich-keit, Unzufriedenheit, Minderwertigkeit und Geringschätzung – die Projektion solcher Wahrnehmungen ist zum gesellschaftlichen Gebrauchsgegenstand, zur willkürlichen Waffe gegen die Anderen geworden bzw. das Feindbild, das man sich von ihnen gemacht hat.

Die Vorstellung, dass das, was wir zuletzt in Halle und jetzt schon wieder in Ha­nau erlebt haben, das Werk von Irren oder kranken Menschen und ent­spre-chend einzuschätzen sei, ist nicht einmal halb richtig. Denn: Auch der auf diese Weise kranke Mensch nimmt seine Wahnbilder aus dem Leben dieser Ge­sellschaft: aus ihrem Reden, aus ihrem Handeln und aus ihren Aggressionen, auch den verbalen.

Ausgrenzung, die daraus folgt, gerät so zum Instrument der Selbstbefreiung von Unmut, Unzulänglichkeit, Selbstzweifeln oder gar Verdruss. Sie wird befeuert von den absurden Parolen von der Minderwertigkeit des Anderen, auch wenn er gar nicht anders ist, als ein Mensch anders sein kann. Aber mit dem Label des Fremden, des Migranten, der anderen Hautfarbe, Religion oder Lebensart lässt sich das Bild des Sündenbocks, des Feinds einer völkischen Gemeinschaft und ihrer „Schwarzen Schafe“ leicht bewerkstelligen – sogar auf bewährte Weise, wie wir aus der Geschichte des Nationalsozialismus und seiner millionenfachen Mordmaschinerie wissen. Es ist die immer weiter falsche Lehre von der Rasse, vor allem der minderen und mindewertigen Rasse, die missliebigen Menschen kurzerhand zugeschrieben wird, sie aus dem Schutz ihrer eigentlich doch unver-äußerlichen Menschenwürde entlässt und zum Freiwild erklärt. Zuletzt waren zehn in Deutschland geborene Bürger der Bundesrepublik aus Hanau die Opfer dieser kruden Ideologie. Die Opfer trugen die folgenden Namen:

Ferhat Ünver, Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Gökhan Gültekin, Ham­za Kurtovic, Kalojan Velcov, Vili Viorel Paún, Said Nesar Hashemi, Fatih Saracóglu – auch die Mutter des Attentäters zählt zu den Opfern und er selbst wurde am Ende sein eigenes Opfer.

Lassen Sie uns ihrer aller bitte während einer kleinen Weile der Stille gedenken! ——— Ich danke Ihnen!

Heute fragen wir uns einmal mehr: Warum? Warum musste das alles so geschehen, wieder geschehen und warum geschieht es immer weiter? Warum ei­gentlich?

Nun, weil auch wir, die Kinder und Enkel der Hitlergeneration alles andere als fertig sind mit diesem Gift oder gar immun dagegen, dem Gift des Hasses, des Rassenhasses, von dem auch Angela Merkel zutreffend, wie ich finde, so ge-sprochen hat. Es sind die alten Muster, die zu beleuchten, zu brandmarken und aus unserer Gesellschaft zu bannen eine in diesem Land bis heute unerledigte Aufgabe ist – sogar in den Schulbüchern der Kinder, wie soeben ein kundiger Soziologieforscher erklärt hat. Die verquasten Reden aus Höckes Flügel oder anderen, ähnlich gestrickten Zirkeln verdeutlichen nur, wie sehr doch zutrifft, was vor 70 Jahren Berthold Brecht im Arturo Ui aufgeschrieben hat: „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch“. –

Ja, ich bekenne mich daran schuldig. Wir alle sind schuldig – da und solange wir es dabei einfach belassen haben, wenn wir nicht unseren Mut und unseren Ver­stand zusammengenommen haben, um dagegen aufzustehen – aufzustehen ge­gen den Ungeist der Menschenverachtung, das eherne Gesetz der Faschisten.

Ich bitte Sie: Lassen Sie uns einander an die Hand nehmen und uns stark machen und zusammen und einmütig Nein sagen, wenn diese Rattenfänger mit ihrem uralten Gift unsere Gesellschaft durchqueren, damit wir ihr verhängnis­volles und inzwischen viel zu weit gediehenes Werk der Spaltung der Gesellschaft endlich aufhalten und beenden. Lassen Sie uns aufbrechen zu einer Gesellschaft, die den historischen und epochalen Veränderungen Rechnung trägt, und deren Sinnmitte ihre Buntheit ist.-

Ich verneige mich, wir alle verneigen uns vor den Toten von Hanau. Die Auslö­schung ihrer Leben und das fortdauernde Wissen darum ist von nun an ein Stück unserer eigenen, unser aller gesellschaftlichen Verantwortung. – Ich danke Ihnen für Ihre freundliche Geduld!

Gemeinsam gegen Hass, gegen Hetze, gegen Rassismus!

21 Freitag Feb 2020

Posted by forumjc in Archiv

Am Sonntag, dem 23. 02.2020 fand auf dem Marktplatz in Lingen eine Mahnwache anlässlich des rechtsterroristischen Mordanschlages in Hanau statt. Dem Aufruf einer Vielzahl von Parteien und Organisationen, darunter das  Forum Juden-Christen,  folgten 1000 Teilnehmer aus Lingen und anderen Orten.

Foto: Ludger Jungeblut, Lingener Tagespost

Die Eröffnungsrede hielt der Vorsitzende des Forums, Dr. Heribert Lange. Über die Rede berichtet die Lingener Tagespost so: 

Dr. Lange „verlas die Namen der Toten, um dann um eine Schweigeminute zu bitten. Er zitierte Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth mit den Worten: „Am Anfang steht der Angriff gegen die Menschlichkeit. Ihm folgt alsbald der Angriff gegen die Menschen.“ Die Vorstellung, dass das, was in Halle und jetzt in Hanau passiert sei, das Werk von Irren oder kranken Menschen sei und entsprechend einzuschätzen, sei nicht einmal halb richtig. „Auch der auf diese Weise kranke Mensch nimmt seine Wahnbilder aus dem Leben dieser Gesellschaft: aus ihrem Reden, aus ihrem Handeln und aus ihren Aggressionen, auch den verbalen.“ Die krude Ideologie von der völkischen Gemeinschaft entlasse Menschen aus ihrer unveräußerlichen Menschenwürde und erkläre sie zum Freiwild. Lange rief dazu auf, gegen den Ungeist der Menschenverachtung, das eherne Gesetz der Faschisten, aufzustehen. Lange: „Lassen Sie uns aneinander an die Hand nehmen und uns stark machen und zusammen und einmütig Nein sagen, wenn diese Rattenfänger mit ihrem uralten Gift unsere Gesellschaft durchqueren, um ihr verhängnisvolles und inzwischen viel zu weit fortgeschrittene Werk der Spaltung der Gesellschaft aufzuhalten und zu beenden.“

Meike Behm, Direktorin der mitaufrufenden Kunsthalle Lingen, rezitierte einen Text  von Carolin Emcke: Gegen den Hass.  Foto: Ursula Feldmann – Mit freundlicher Erlaubnis des Fischer-Verlages lässt sich der Text von Carolin Emcke nachlesen:https://www.fischerverlage.de/media/fs/308/LP_978-3-10-397231-3.pdf?fbclid=IwAR2UP831S2LmOXWjBQ77N6jmV-BHzwi7myR1gcS5kwzjLX6XEM0WhUj8QyA

Lesen Sie die ganze Rede von Dr. Lange unter http://www.forum-juden-christen.de/category/archiv/

Die ausführliche Berichterstattung von Ludger Jungeblut in der Lingener Tagspost findet sich unter http://www.noz.de/lokales/lingen/artikel/2002963/1000-buerger-in-lingen-sagen-rassistischer-gewalt-den-kampf-an

C- Werk baut Tischvitrine für Thorarolle

16 Sonntag Feb 2020

Posted by forumjc in Archiv

Die Auszubildenden im Tischlerhandwerk des Christophorus-Werkes werden eine Tischvitrine für die Thora Rolle bauen, die das Forum als Dauerleihgabe von der jüdischen Gemeinde Osnabrück zur 150 Jahrfeier der Jüdischen Gemeinde Lingen bekommen hat. Dr. Heribert Lange und Gernot Wilke-Ewert vom Vorstand des Forums erläuterten bei einem ersten Treffen die jüdische Schule und die Bedeutung der Thora-Rolle. Jetzt geht es weiter mit der Planung der Tischvitrine. Die Auszubildenden wollen den Thoratisch gerne erstellen und bedankten sich für die sehr informative Stunde.

Manfred Rockel: Die Kivelinge und der Nationalsozialismus – Lehrhausgespräch mit großem Publikum

14 Freitag Feb 2020

Posted by forumjc in Archiv

Dr. Lange und Manfred Rockel begrüßen die zahlreichen Zuhörer. Foto: Ursula Feldmann

Lingen. Die Kivelinge und der Nationalsozialismus. Zu diesem Thema hat Manfred Rockel seine Forschungsergebnisse jetzt in der Lingener Kunsthalle präsentiert. Wie verhielten sich Kivelinge in der NS-Zeit, wie wurden sie behandelt und wie wurde die Zeit nach 1945 thematisiert?

160 Zuhörer bekamen Antworten. Die Kivelinge sind ein mittelalterlicher Wehrverbund unverheirateter junger Männer zum Schutz der Stadt. “Was die Kivelinge heute leisten ist beeindruckend” erklärte Manfred Rockel in seiner Einführung und erinnerte an die alle drei Jahre stattfindenden Kivelingsfeste und die kulturgeschichtlichen Geschenke an die Stadt. 

“Zudem geben die Kivelinge eine inhaltlich breit gefächerte Zeitung, eher ein Buch, heraus. Diese sind die Hauptquellen für meine Fragestellung”, erläuterte der ehemals in Lingen tätige und heute pensionierte Lehrer vor der großen Zuhörerschaft. So hatte das einladende Forum Juden Christen aufgrund des sich abzeichnenden großen Interesses die Veranstaltung auch kurzfristig von der kleinen Jüdischen Schule in die Kunsthalle verlegt.

Laut Rockel dauerte der Prozess der sogenannten “Gleichschaltung” – der Ausrichtung aller Institutionen und Vereine auf den Nationalsozialismus – im Fall der Kivelinge rund zwei Jahre. Vorstandsmitglieder wurden nach einer Satzungsänderung bestimmt und nicht mehr gewählt, die Stellung des NS-Bürgermeisters Erich Plesse gestärkt. Dieser drängte auch den vor 1933 als Gegner des Nationalsozialismus geltenden Kivelingskommandeur Heinrich Driemann aus dem Amt und ersetze ihn durch das spätere SA-Mitglied Karl Berning.

Für den zweiten Teil seines Vortrags hatte Rockel die in der NS-Zeit erschienen Publikationen der Kivelinge untersucht. Gleich an mehreren Beispielen konnte er verdeutlichen, wie auch einige langjährige Autoren der Kivelinge das NS-System nach der Machtübernahme begrüßt und verherrlicht haben. Und nach 1945? “Für Jahrzehnte tat man einfach so, als ob gar nicht Anstößiges gewesen wäre.“

Von 1975 bis 2000 erschienen nach Aussage Rockels erstmals Artikel, die auch die menschenverachtende Ideologie des Systems aufzeigten, für die Zeit nach 1999 konstatierte er eine “weitere positive Entwicklung”. Als einen “Quantensprung” bezeichnete er die Doktorarbeit über die Kivelinge von Sabine Diepenbrock aus dem Jahr 2005. “Wobei ich bei der Interpretation der NS-Zeit zu einem anderen Ergebnis komme.”

In der anschließenden Diskussion erläuterte der Historiker Michael Brodhaecker, dass die “Nicht-Aufarbeitung bis Mitte/Ende der 1970er-Jahre vergleichbar mit den Umgang in anderen Regionen ist. Was mich aber schon wundert ist, dass es immer noch keine grundlegende Arbeit über die Zeit des Nationalsozialismus in der Stadt gibt. Da sind andere Städte deutlich weiter.”

Lingener Tagespost 14. Februar 2020, Carsten van Bevern, mit freundlicher Genehmigung

Über die Veranstaltung wurde ein Video gedreht. Es findet sich unter: http://www.youtube.com/watch?v=OCnqb-At3FI&feature=youtu.be

s.a. den ausführlichen Bericht zu den Forschungsergebnissen Rockels in der Lingener Tagespost vom 15. Februar 2020

http://www.noz.de/lokales/lingen/artikel/1997366/die-lingener-kivelinge-und-der-nationalsozialismus

Im Vorfeld des Lehrhausgespräches brachte die Lingener Tagespost am 08.02. 2020 einen ausführlichen Vorbericht:

https://www.noz.de/lokales/lingen/artikel/1987975/welche-rolle-spielten-die-kivelinge-im-nationalsozialismus

Schoa -Gedenktag in der Bonifatiuskirche Lingen mit hebräischen Liedern von Esther Lorenz und Peter Kuhz

31 Freitag Jan 2020

Posted by forumjc in Archiv

Das breite Spektrum hebräischer Lieder war in der Gedenkveranstaltung am 27. Januar 2020 in der Lingener Bonifatiuskirche zur Erinnerung an die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz vor 75 Jahren zu hören. Rezitiert wurden Texte der Befehlshaber des Völkermordes Hitler und Himmler. Rund 250 Menschen waren der Einladung gefolgt.

Bei der gemeinsam vom Dekanat Emsland-Süd , der Stadt Lingen, dem Ludwig-Windthorst-Haus und dem Forum Juden-Christen ausgerichteten Feier konzertierte die Sängerin Esther Lorenz, begleitet von dem Gitarristen Peter Kuhz. In den Gesangspausen wurden Texte der NS-Verbrecher Adolf Hitler und Heinrich Himmler sowie ein Text von Hannah Arendt aus „Eichmann in Jerusalem“ gelesen.
In seiner Begrüßung hob der Vorsitzende des Forums Juden-Christen, Heribert Lange, die jüdischen Beiträge für Wissenschaft und Kultur in Deutschland hervor. Er dankte Esther Lorenz und Peter Kuhz für die Anreise aus Berlin. „Ausdrücklich aber auch dafür, dass Sie den Blick unserer Erinnerung auf die Kultur des Judentums lenken, hier die Musik-Kultur des europäischen Judentums, deren Auslöschung ja ebenso zum Programm der Nazis gehörte wie die physische Auslöschung allen jüdischen Lebens in Europa.“ Lange machte darauf aufmerksam, dass für die Ausführung des Massenmordes an den europäischen Juden, von Sinti und Roma und anderen Opfergruppen Zehntausende Mittäter erforderlich waren.

Industrieller Massenmord

Dass die Vernichtung der Juden von Anfang an zum Programm der Nazis gehörte, erwies eine Lesung von Bernhard Kues aus „Mein Kampf“. Wie die SS den industriellen Massenmord ins Werk setzte, verdeutlichte ein ebenfalls von Bernhard Kues vorgetragener Auszug aus den berüchtigten Posener Himmler-Reden vor hohen SS-Führern 1943. In die „Banalität des Bösen“ (aus: Eichmann in Jerusalem), vorgetragen von Meike Behm, zeigt Hannah Arendt mit ihrem Text das perverse und gewissenlose Verantwortungssystem des Organisators der Verschleppungs- und Mordaktionen, Adolf Eichmann, auf. Agnes Kläsener und Holger Berentzen lasen den Psalm 91, “Wer im Schutz des Höchsten wohnt “, den Opfer noch vor ihrem Gang in die Gaskammern von Auschwitz beteten.

Ausdrucksstarke Stimme

Unter dem Titel „Numi Numi“ (Titel eines Schlafliedes) stellten Esther Lorenz und Peter Kuhz das breite Spektrum hebräischer Lieder vor, alte Volkslieder, Lieder mit Texten aus der Liturgie, dem Hohelied Salomons, aber auch moderne Songs aus dem neuen Israel. Mit ihrer schönen, mal kräftigen, mal zart klingenden, ausdrucksstarken Stimme sang sich Esther Lorenz in die Herzen der Zuhörer. Kaum jemand in der Kirche dürfte die hebräische Sprache verstanden haben. Lang anhaltender Beifall zeigte, dass es den Künstlern dennoch gelang, die Gefühlswelt und die zentralen Aussagen der Lieder mit der Sprache der Musik zu vermitteln. 

← Ältere Beiträge
Neuere Beiträge →
  • Über uns
    • Satzung
    • Beitrittserklärung
  • Veranstaltungen
  • Erinnerungen
    • Menschen
    • Orte
    • Lokale Literatur
  • Aktuelles
  • Archiv
    • 2005 - 2015
    • 2004
    • 2003
    • 2002
    • 2001
    • 1996 - 2000
  • Bildergalerie
  • Links
  • Kontakt
  • Impressum
  • Datenschutzerklärung