Etwa 10.000 jüdische Kinder und Jugendliche – darunter der verstorbene Lingener Ehrenbürger Bernhard Grünberg – wurden in den Jahren 1938 und 1939 durch einen „Kindertransport“ per Eisenbahn nach Großbritannien vor der Ermordung gerettet. Darüber und wie sich Kinder beim Verlassen der Familien fühlten, informierten sich Siebtklässler des Lingener Franziskusgymnasiums im Gedenkort Jüdische Schule.
„Wie mag sich ein zweijähriges Kind gefühlt haben, als seine Eltern es in einen Zug in ein fremdes Land setzten?“ Diese Frage stellte Referentin Angela Prenger, Mitautorin einer Biographie über Bernhard Grünberg, den Jugendlichen. Eine Schülerin vermutete, dass sich ältere Geschwister um das Kleinkind gekümmert hätten. Es sei jedoch nur selten der Fall gewesen, dass zwei Kinder aus einer Familie für einen Kindertransport ausgewählt worden sei, so Prenger.
Als die britische Regierung nach der Zerstörung der Synagogen und ersten Massenmorden an jüdischen Menschen im November 1938 die Erlaubnis für die Einreise von Kindern gab, musste zunächst die Zustimmung der Nazis eingeholt und dann rasch nach Transportmöglichkeiten gesucht werden. Eltern mussten sich schnell entscheiden, ob sie für ihr Kind diese Rettungsmöglichkeit wahrnehmen wollten.
„Viele Transportkinder beneideten ihre daheim bleibenden Geschwister“, führte die Referentin aus. Sie glaubten, ihre Eltern liebten sich nicht mehr. Später erst hätten sie verstanden, dass Daheimbleiben die Ermordung bedeutete, so wie es Bernhard Grünbergs Schwester Gerda erging. Wie Bernhard Grünberg sahen die meisten Transportkinder ihre Eltern nie wieder.
Prenger bemängelte das Fehlen des Themas „Kindertransporte“ in Schulbüchern. Die Rettung der Kinder und der Einsatz jüdischer und christlicher Helfer dabei könnten zeigen, dass die Bedrohung jüdischen Lebens bereits vor Beginn des Zweiten Weltkrieges bekannt gewesen sei. Bereits seit 1937 hätten jüdische Kinder nicht mehr öffentliche Schulen besuchen dürfen.
Angela Prenger freute sich darüber, dass die Teilnehmenden des Religionskurses großes Vorwissen über jüdisches Leben mitbrachten. Das Schicksal der geretteten Kinder und das ihrer ermordeten Eltern und Geschwister berührte die Jugendlichen erkennbar.
„Achtet aufeinander“, rief Lehrerin Elisa Eilermann ihre Schülerinnen und Schüler abschließend dazu auf, aus der Ausgrenzung jüdischer Kinder zu lernen.

Foto (Elisa Eilermann): Abschlussfoto am Gedenkstein für die jüdischen Familien aus Lingen. Bildmitte: Angela Prenger, Stv. Vorsitzende des Forums.