Forum Judentum Christentum

Aktuelles

Bernhard Grünberg verstorben

18 Montag Jan 2021

Posted by forumjc in Aktuelles, Allgemein

Am 16. Januar 2021 verstarb  Bernhard Grünberg, Ehrenbürger der Stadt Lingen (Ems) im Alter von fast 98 Jahren in Derby-Alvaston, Großbritannien. Das Forum Juden-Christen verliert einen Freund und einen weiteren Zeugen der Zeit des Naziterrors.

Bernhard Grünberg (2.v.r.) bei der Verlegung von Stolpersteinen vor dem Grundstück in der Lingener Georgstraße, in der er mit seinen Eltern lebte. Mit im Bild (v.l) Oberbürgermeister Dieter Krone, der damalige Vorsitzende des Forums, Dr. Heribert Lange und Anne-Gertrud Scherger, Autorin mehrerer Werke zur jüdischen Geschichte in Lingen. Foto: Carsten van Bevern, Lingener Tagespost (LT)

Eine erste Würdigung von Thomas Pertz in der LT findet sich unter

https://www.noz.de/lokales/lingen/artikel/2208186/lingens-ehrenbuerger-bernhard-gruenberg-ist-am-16-1-21-gestorben

Noch am Tage des Todes von Bernhard Grünberg berichtet die LT über ein Pressegespräch des Forum Juden-Christen:

https://www.noz.de/lokales/lingen/artikel/2207154/corona-sorgen-um-lingens-juedischen-ehrenbuerger-bernhard-gruenberg

Ems-Vechte-Welle bringt Sendungen des Forum Juden-Christen

12 Dienstag Jan 2021

Posted by forumjc in Aktuelles, Allgemein

In einer von Manfred Rockel und Dr. Walter Höltermann vorbereiteten Sendereihe bringt die Ems-Vechte-Welle vom 12. Januar an Beiträge zu den – neben den jüdischen Menschen – weiteren Verfolgten des Naziterrors im Emsland und der Grafschaft Bentheim . Die Beiträge sind im Podcast nachzuhören unter:

https://www.emsvechtewelle.de/wochenserie-die-verfolgten-des-dritten-reichs-teil-1

Die weiteren Beiträge sind jeweils mit den weiteren Zahlenendungen nachzuhören und nachzulesen.

Jüdischer Friedhof: Mauer-Restauration macht Fortschritte

21 Montag Dez 2020

Posted by forumjc in Aktuelles, Allgemein

Erfreuliche Fortschritte sind bei der Renovierung der Mauer zwischen dem jüdischen Friedhof und dem Alten Friedhof in Lingen zu vermelden. Große Teile der zum jüdischen Friedhof gehörenden Mauer sind bereits mit Sandsteinplatten bedeckt, so dass keine Feuchtigkeit mehr von oben eindringen kann. Jede Platte musste einzeln für ihren Platz auf der Mauer ausgemessen und zugeschnitten werden.

Große Teile der Mauer bereits geschützt.

Gefördert wird die vom Forum Juden-Christen seit Jahren geforderte Maßnahme durch den Landesverband der jüdischen Gemeinden Niedersachsen, der auch Eigentümer des Friedhofs ist, durch die Stadt Lingen, dem Landesamt für Denkmalpflege, der HEH Essmann-Stiftung, der Sparkasse Emsland und der Friedhofskommission Lingen/ Ems.

Arbeiten gehen weiter: Noch fehlende Abdeckung

Die Mauer muss noch neu verfugt werden. Die im November begonnen Bauarbeiten sollen im Juni 2021 fertiggestellt werden.

S.auch den Beitrag

http://www.forum-juden-christen.de/mauer-des-juedischen-friedhofs-in-lingen-wird-saniert/

Chanukka – Glückwunsch

19 Samstag Dez 2020

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Ein Text von Josef Möddel, dem Gründungsvorsitzenden des Forum Juden-Christen.

Diesen Chanukkaleuchter bekam ein Lingener für die Lingener, die an Chanukka glauben, von Heidi Joseph aus Princeton, N.J., USA, nach der letzten Nacht des Chanukkafestes.

Heidi ist die Tochter von Herbert Joseph, der einst in der Jüdischen Schule in Lingen mit Bernhard Grünberg und Ruth Heilbronn Hebräisch lernte.

Heidi ist auch die Großnichte von Henriette Flatow. Nach dem Hebräischunterricht gingen Herbert und Ruth schon mal zu „Tante Jette“, die hatte für die Kinder immer einige Plätzchen in ihrer großen Blechdose.

Zu den Lingenern, die an Chanukka glauben, und damit an die Wiedererrichtung der zerstörten Synagoge hier, gehörte Bernhard Neuhaus, Gott hab´ihn Selig, der sagte nämlich „der Vorplatz vor dem Gedenkort Jüdische Schule muss für eine neue Synagoge freigehalten bleiben“. Und Eva-Maria Essmann glaubte auch daran und gestaltete den Vorplatz liebevoll und pflegt ihn bis heute.

Chanukka oder Hanukkah ist das Fest für die Wiedereinweihung des zweiten Tempels nach der Zerstörung des ersten.

Happy last night of Hanukkah!

May the light of the season bring you good health and joy!

Heidi

Forum lehnt Liesen- Museum weiter ab – Umbenennung der Rosemeyer-Straße

05 Samstag Dez 2020

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Die Berichterstattung der Lingener Tagespost  zum Besuch in der jüdischen Schule („Forum Juden-Christen ein Leuchtturm der Erinnerungsarbeit“, 24.11. 2020), das Interview mit dem Antisemitismus-Beauftragten der Bundesregierung, Dr. Felix Klein („Ringen um Museum ist ein gutes Zeichen 24.11. 2020) sowie den Leserbrief „Kein Rosemeyer-Museum“ von Ines Heimberg (LT vom 1-12.2020) nimmt der Vorstand des Forum Juden-Christen Altkreis Lingen e.V zum Anlass, seine Haltung zum geplanten Museum zu bekräftigen. Die Erklärung im unredigierten Wortlaut:

1. Der Antisemitismusbeauftragte Dr. Felix Klein hatte Lingen auf Einladung des Bundestagsabgeordneten Albert Stegemann besucht, um sich über die Erinnerungs- und Antirassismusarbeit des Forums zu informieren.

2. Das Forum Juden- Christen lehnt ein Museum für den SS-Hauptsturmführer und Rennfahrer Rosemeyer nach wie vor ab. Diese Haltung hat sich auch nicht durch eine wissenschaftliche Begleitung des Museumsprojekts geändert. Zwischen den Initiatoren des ‚Bernhard Rosemeyer und Elly Beinhorn Museums‘ und seines Beirats und dem Forum Juden-Christen im Altkreis Lingen e.V. gibt es keine Zusammenarbeit und eine solche ist auch nicht geplant.

3. Das Forum Juden-Christen im Altkreis Lingen e.V. setzt sich weiterhin für eine Aufarbeitung der Geschichte Lingens in der Zeit von 1933 bis 1945 ein und befürwortet ein Museum zur Erinnerung an die Opfer des Nazi-Terrors in dieser Stadt.

4. Es ist nach Ansicht des Vorsitzenden des Forums Juden-Christen, Gernot Wilke-Ewert, und seines Stellvertreters Dr. Walter Höltermann an der Zeit, der 1938 von den Nazis in Bernhard-Rosemeyer-Straße umbenannten vormaligen Bahnhofstraße ihre alte Bezeichnung zurückzugeben, oder, sehr viel besser noch, beispielsweise nach Fredy Markreich zu benennen. Diesem wurde am 10. November 1938 von der SA im Auftrag der NSDAP und im Schutz der damaligen Staatsorgane sein Geschäft in der Großen Straße vollständig demoliert und er wurde anschließend, wie fünf andere jüdische Männer aus Lingen, in das KZ Buchenwald verschleppt.

Mauer des jüdischen Friedhofs in Lingen wird saniert

30 Montag Nov 2020

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Der jüdische Friedhof in Lingen ist von herausragender Bedeutung für das Forum Juden-Christen. Dass die im Eigentum des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen stehende Ruhestätte dem Vergessen und der Verwahrlosung  entrissen wurde,  war der Anfang des Arbeitskreises Juden- Christen unter Leitung von Josef Möddel, aus dem das Forum hervorging.  Führungen über den Friedhof sind wesentlicher Teil der Erinnerungsarbeit des Forums. Gertrud Anne Scherger legte 2009 einen umfangreichen Dokumentationsband über den Friedhof und jüdische Begräbniskultur vor. Auch daher war es dem Forum – vor allem Dr. Heribert Lange und Simon Göhler – wichtig, dass die einsturzgefährdete Mauer zwischen dem jüdischen Friedhof und dem angrenzenden “Alten”  Friedhof restauriert wird. Die jahrelangen Bemühungen hatten jetzt Erfolg, wie der folgende Bericht von Johannes Franke (Lingener Tagespost) darstellt.

Die etwa 90 Meter lange Mauer zwischen dem jüdischen und Alten Friedhof wird saniert. Christian Schulte, Florian Heinen und Gernot Wilke-Ewert erläuterten bei einer Ortsbesichtigung die Vorgehensweisen. (v.l.) Fotos: Johannes Franke

“‘Wir wollen die denkmalgeschützte Mauer für die zukünftigen Generationen erhalten und fachmännisch erneuern lassen’, sagt Florian Heinen, Geschäftsführer der Friedhofskommission. Die Werterhaltung wäre mit dem Verfugen nicht möglich gewesen, so dass wir uns zu einer ‘großen Lösung in Gesprächen mit dem Landesamt für Denkmalpflege und der Stadt Lingen entschieden haben’, so Heinen. Die Mauer soll der in den 1990er -Jahren sanierten Außenmauer an der Weidenstraße und am Dortmund-Ems-Kanal optisch angeglichen werden, erhält eine Sandsteinabdeckung und gewährleistet eine längerfristige Instandhaltung. ‘Die schrägen Abdeckungen, sogenannte Bischofsmützen, sind Schwachstellen, Wasser dringt ein, der Frost lässt den Klinker platzen’, betont Christian Schulte, Leiter des städtischen Bauhofes.

Seit einigen Jahren verbindet eine schmiedeeiserne Pforte die beiden Friedhöfe, sodass die Mauer eher funktionale und weniger religiöse Gründe hat. ‘Den Besuchern ermöglicht die nicht abgeschlossene Tür, beide Friedhöfe zu besuchen. Die Mauer ist keine Trennungs-, sondern eine Verbindungsmauer’, betont Gernot Wilke-Ewert, Vorsitzender des Forums Juden-Christen.” Soweit zunächst Johannes Franke in seinem Bericht. Dazu ergänzt Heribert Lange, dass “das zusätzliche Tor zwischen ‘Altem’ und Jüdischem Friedhof auf ausdrücklichen Wunsch von Herrn Riethmüller vom  Landesverband der Jüdischen Gemeinden Niedersachsen geschaffen wurde – und zwar aus dem Material des gleichzeitig ersetzten Haupttors an der Straßenseite, und von dem Kunstschmied Krukowski, der das neue Haupttor geschaffen hat, kostenfrei dazu geliefert und angebracht. An beiden Toren gibt es links von ihnen an der Mauer eine Erklärung über den Friedhof, seine Geschichte und das vorgeschriebene Verhalten der Besucher von jüdischen Friedhöfen. Diese stammt von Josef Möddel und wurde aus Spenden finanziert – wie auch zuletzt die Restaurierung der einzelnen Grabsteine.”  Johannes Franke weiter:

“Die Sanierung mit den vorhandenen Klinkern bezeichnet Florian Heinen als ‘Kulturdenkmal für die Lingener Zeitgeschichte und Wertschätzung dieses würdigen Ortes.’ Die Sanierung der Klinkersteine und sogenannten Bischofsmützen führt das Natursteinwerk Monster aus Nordhorn durch. Gefördert wird das etwa 90 000 Euro kostende Projekt durch Förderungen der Stadt Lingen. Hinzu kommen Gelder vom Landesamt für Denkmalpflege, dem Landesverband der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen, von der Essmann-Stiftung, der Sparkasse sowie Mittel der Friedhofskommission. Für die gute Zusammenarbeit mit den städtischen Behörden sowie dem Kommissionsmitglied und Baubegleiter Werner Breitenbach dankten Heinen und Wilke-Ewert. Im Frühjahr 2021 soll die sanierte Mauer fertiggestellt sein.” s.auch:

https://www.noz.de/lokales/lingen/artikel/2175004/kulturgeschichte

Zu hoffen ist, dass Männer beim Betreten des jüdischen Friedhofs respektvoll eine Kopfbedeckung tragen  – wie hier Gernot Wilke-Ewert, fwp.

 

Gedenken an die Novemberpogrome 1- Ökumenischer Gottesdienst

11 Mittwoch Nov 2020

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Die andauernde Corona – Pandemie erforderte eine besondere Form des Gedenkens an die Novemberpogrome 1938. Der katholische Pfarrer Dr. Antony Kallarakkal und die evangelisch-lutherische Pastorin Dr. Helen-Kathrin Treutler feierten 82 Jahre nach der Pogromnacht in der Lingener St. Bonifatius-Kirche gemeinsam mit etwa vierzig TeilnehmerInnen einen christlich-ökumenischen Gedenkgottesdienst. Schülerinnen des Gymnasiums Georgianum unter Leitung ihrer Lehrerin Judith Lühle erinnerten in beeindruckender Weise an die Ausgrenzung der Juden in Lingen. Die ausgewählten Zitate verdeutlichten, dass sich die Abiturientinnen akribisch mit den Schicksalen der von den Nazis verfolgten und ausgegrenzten Mitbürgerinnen und Mitbürgern auseinandergesetzt hatten.

Die durchaus politische Predigt hielt Pastorin Treutler, die zunächst die Dimension des Novemberpogroms in Erinnerung rief. An die Schülerinnen gerichtet: „ Sie, die SchülerInnen des Georgianums haben sich die Frage gestellt, warum? Warum müssen wir uns diese Zahlen heute wieder vor Augen führen? Warum sollen wir heute noch an etwas erinnern, warum diese Gedenkveranstaltung ?(…) Sie (…) haben Ihre Antworten gefunden, warum man es doch tun sollte. Ich bin ganz beeindruckt von dem, was Sie selbst vorbereitend verfasst und hier im Gottesdienst gesagt haben. Ihre Überlegungen sind so weitreichend und weitsichtig.“

Theologisch deutet die Predigerin dann drei Bibelstellen. Judentum und Christentums seien vergleichbar mit einem Apfelbaum, dem Birnenzweige eingepfropft seien. „Paulus selbst vergleicht die Christen mit eben diesen eingepfropften Ästen an dem Baumstamm des Judentums. Wir sind also in, so kann man es wohl sagen, in direkter Astnachbarschaft mit Menschen jüdischen Glaubens. Und Paulus schreibt noch einen Satz dazu in dem Brief an die Römer(…) ‚Nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich.‘ (…)

Das, was den Christenzweig hält, sind seine Wurzeln im Judentum, es ist der Baumstamm des Judentums. Die jüdischen Traditionen, das Judentum an sich trägt uns. Denn: Jesus selbst war Jude. Paulus war Jude. Viele Jünger ebenfalls. Alle Vorankündigungen für die Geburt Jesu als Messias stehen in der Heiligen Schrift des Judentums. Ohne Erstes Testament, (…) der Thora, kein zweites, kein Neues Testament. Das Christentum gibt es nur durch das Judentum. Stirbt das jüdische Leben, so stirbt das christliche Leben.“

Im Predigttext wird weiter klar benannt, dass die Taten der Nazis und das Schweigen der Mehrheit nicht umkehrbar sind. „Aber was wir für Familie Hanauer, Familie Grünberg, Familien Cohen und die weiteren Lingener jüdischen Familien noch tun können ist: Das Unrecht klar beim Namen benennen, das ihnen geschah. (…) Ich möchte sie aber nicht als Opfer nur sehen. Denn für mich hat dieser ‚Opfer‘-Begriff ein Geschmäckle, wie man es im Süddeutschen sagen würde. Es heißt auch immer: Jemandem wird ein Stempel aufgedrückt. Aus diesem Grund heißt gedenken für mich: Familie Markreich, Familie Herz aus Lingen ein Stück weit ihre Menschenwürde hochhalten. Gedenken heißt, sie als Erinnerung am Leben halten. Dieses müssen wir wachhalten, mit Worten, und Taten. Denn wenn wir schweigen, dann lassen wir die Täter als Gewinner dastehen.

Gedenken heißt für mich versprechen: mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit aller Kraft gegen antijudaistische und antisemitische Hetze einzutreten.“

Helen Treutler findet, dass sich Jesus ganz in die Tradition der jüdischen Überlieferung begibt, wenn er zitiert „ ‚Du sollt den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft. ‚ (…). Und das zweite, das auch ein Gebot im Judentum ist: „Du sollt deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (…). Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst. Das heißt auch: Füreinander eintreten. Für einen anderen Menschen dieselben Grundrechte geltend machen, wie für einen selbst. Ihn zu verteidigen, wenn andere ihn beschimpfen. Wenn andere schlecht über sie reden, dagegenhalten. Kante zeigen, den Mund aufmachen, wenn andere anfangen, Personengruppen die Menschenwürde abzusprechen. Wenn FakeNews verbreitet werden, in die Tastatur oder auf dem Handy tippen. Wenn Aufkleber mit rechten Sprüchen an Laternenmasten kleben, sie mit den eigenen Fingernägeln abknibbeln, damit ihr Anblick nicht ‚normal‘ oder gewöhnlich wird. ‚Liebe Deinen Nächsten‘, Und: ‚Du sollst Gott von ganzem Herzen lieben‘ heißt für mich: Verteidige das Grundrecht anderer. Stelle Dich auch schützend vor sie, im wörtlichen und übertragenden Sinn: Tritt für sie ein: An der Schule, auf der Straße, in der Fußgängerzone, im Geschäft und im Bus.“

 

 

Gedenken an die Novemberpogrome 2 – Krone: Nie wieder

10 Dienstag Nov 2020

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Im Anschluss an den ökumenischen Gottesdienst fand eine  Kranzniederlegung vor dem Gedenkort Jüdische Schule statt. Daran konnte nur ein kleiner Personenkreis teilnehmen. Sie erlebten eine würdige Feier mit einer sehr passenden musikalischen Begleitung durch den Klarinettisten Lulzim Bucaliu.                                                              Für das Forum hielt dessen Stellvertretender Vorsitzender Dr. Walter Höltermann eine Gedenkrede, der er ein Zitat von Rolf Winter voranstellte: ‚Vergangenheit, die ruht, kann sich wiederholen‘. Höltermann weiter: „Mit der heutigen Gedenkveranstaltung wird die Erinnerung an die Novemberpogrome des Jahres 1938 wachgehalten, damit sich das damit verbundene Grauen nicht erholt, ein solches Ereignis sich nicht wiederholt. Das was damals geschah, war in all seinem Terror jedoch noch nicht der Gipfel der Nazi-Barbarei. Es war, nach den Worten von Saul Friedländer, nur ein mattes Vorspiel dessen, was den Juden in Deutschland und im besetzten Europa widerfahren sollte. Die Novemberpogrome 1938 hinterließen geschändete und ausgebrannte Synagogen, vollständig verwüstete Geschäfte und zerstörte Wohnungen, schätzungsweise 400 Ermordete, zahllose vergewaltigte jüdische Frauen und etwa 30.000 in KZ`s verschleppte jüdische Männer. Das war das Werk eines aufgehetzten und teils auch alkoholisierten braunen Mobs, der planvoll „von der Leine gelassen wurde“. Höltermann verwies darauf, dass das Verbrechen von den Nazis lange geplant worden war, der Anlass willkürlich gewählt. „Dieser sogenannte Ausbruch des Volkszorns, diese rohen und tumben Gewalttätigkeiten der beteiligten Abordnungen von SA, SS und Hitlerjugend mit ihrem blanken Sadismus sowie perversen Einfällen, diese Orgien der Zerstörung und Erniedrigung war das Werk der jahrelangen Hetze und propagandistischen Verführung. Das Verführungspotenzial wird in seinem Ausmaß erst erkennbar, wenn bedacht wird, warum sich Bürger unterschiedlicher Herkunft und soziokultureller Prägung hatten mitreißen lassen. Es wurde planvoll eine Gewaltbereitschaft geschaffen, welche nur darauf wartete sich entladen zu können.“  Über die Bedeutung des Gedenkens: „Der heutige Gedenktag gibt erneut Gelegenheit, sich der Ereignisse im November 1938 zu vergewissern, damit diese nicht in Vergessenheit geraten. Dieses sind wir einerseits den Opfern schuldig, das gebietet der absolut notwendige Respekt vor deren unfassbarem Leid. Den Taten, die dazu führten und die durch Deutsche und in deutschem Namen begangen wurden, können wir nicht ausweichen, und sie unterliegen in ihrer Ungeheuerlichkeit auch keiner Verjährungsfrist.“   Die Kritik des Forums an einem geplanten Museum für den freiwillig und ohne Zwang der SS beigetretene “Hauptsturmführer” Rosemeyer verband Höltermann mit einem Vorschlag: „In diesem Kontext von Vergangenheit und deren Prägung für das gegenwärtige Tun drängt sich mir ein weiterer Aspekt auf. Es mag sein, dass es interessanter ist, ein Museum für einen berühmten Rennfahrer im Rang eines SS – Offiziers als für Freddy Markreich zu errichten. Freddy Markreich wurde im November 1938 zunächst sein Geschäft in der Großen Straße entwendet, dann erfolgte seine Verschleppung nach Buchenwald. Im April 1939 emigrierte er nach Liberia, wo er an einer Seuche verstarb. Es mag auch sein, dass ein Museum für eine bekannte Fliegerin glamouröser ist als für Henriette Flatow. Henriette Flatow wohnte im Bonifatius – Hospital und war dort als Küchengehilfin tätig. Im Juli 1942 wurde sie nach Theresienstadt deportiert, wo sie im Januar 1943 verstarb. Bei allem Respekt vor unterschiedlichen Auffassungen und Haltungen stellt sich mir doch die Frage: Cui bono? – Wozu soll es gut sein?“  Auf die Zukunft bezogen schloss Höltermann: „Das heutige Gedenken ist Teil einer Gedenkkultur, die eine notwendige Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ermöglicht und die Erinnerung daran wachhält. Sie hat die Funktion eines Katalysators, der Denkvorgänge und Verhaltensweisen fördern soll, die einem Rückfall in die Banalität des Grauens entgegenwirken. Dieses ist keine Gedenktagen vorbehaltene Fiktion, sondern der Aufruf jeder Form von übersteigertem Nationalismus, von Antisemitismus und Menschenverachtung im Alltag energisch entgegenzutreten.“                                                                                  

Oberbürgermeister Dieter Krone und der Vorsitzende des Forums Juden-Christen, Gernot Wilke-Ewert, legten einen Kranz am Gedenkstein für die Lingener Synagoge nieder.

Eine weitere beeindruckende Rede zum Gedenken an den ersten offenen Gewaltausbruch der Nazis gegen Juden hielt Lingens Oberbürgermeister Dieter Krone. Er erinnerte: „Am 9. und 10. November 1938 brannten in ganz Deutschland die Synagogen. Das Novemberpogrom war ein allen sichtbares Fanal: Niemand konnte mehr daran zweifeln, dass es den Nazis mit ihrer antisemitischen Hetze blutiger Ernst war. Das Novemberpogrom markierte den Beginn eines Zivilisationsbruchs, der im unfassbaren Grauen des Holocaust endete.“ Krone machte deutlich, dass Deutschland eine besondere Verantwortung für jüdische MitbürgerInnen trage: „Dass Jüdinnen und Juden in das Land der Täter zurückkehrten oder einwanderten, ist ein Vertrauensbeweis. Er basiert darauf, dass Deutschland sich nach 1945 geändert, dass es sich seiner Vergangenheit gestellt und es geschafft hat, eine Demokratie aufzubauen, einen freiheitlichen Rechtsstaat, der die Würde des Menschen, die Würde eines jeden Menschen ungeachtet seiner Herkunft oder Religionszugehörigkeit zum Grundprinzip erhebt. Doch dass es bei uns wieder jüdisches Leben gibt, ist auch ein Vertrauensvorschuss. Denn der Antisemitismus ist nicht mit dem Dritten Reich untergegangen.“      

Blumen an Stolpersteinen: Hier die Erinnerungen an die Familie Grünberg. Foto: Heribert Lange 

In Erinnerung an den  kürzlichen Besuch von Felix Klein in Lingen führte Krone aus : „Erst vor wenigen Tagen hat der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Dr. Felix Klein, das Forum Juden-Christen besucht. Während eines Interviews führte er aus, dass Antisemitismus in unserer Kultur so eingeübt sei, dass dieser in unserer Gesellschaft zum Ventil für Unzufriedenheit werde. Wie im Mittelalter die Juden für den Ausbruch der Pest verantwortlich gemacht wurden, so haben heute angeblich israelische Forscher das Corona – Virus in die Welt gesetzt, damit israelische Firmen der Welt ihren Impfstoff verkaufen können.Hannah Arendt, deren Büste hier zu sehen ist, sagte bereits 1941 bitter – ironisch: ‚Vor Antisemitismus aber ist man nur noch auf dem Monde sicher.‘ Antisemitismus ist mitnichten überwunden – bei uns in Deutschland nicht und bei vielen unserer europäischen Nachbarn nicht. Gedenken lenkt den Blick nicht nur in die Vergangenheit; Gedenken ist genauso auf Gegenwart und Zukunft gerichtet. Gedenken will das Vergangene wieder sicht- und greifbar machen – und es will den Verpflichtungen nachspüren, die sich aus der Geschichte für das Heute ergeben. ‚Nie wieder‘ – so hieß es nach 1945, als den Menschen das ganze Ausmaß des Grauens der Schoa bewusst wurde. Doch wie vermitteln wir dieses ‚Nie-Wieder‘ im Jahr 2020?”                          

 Blumen an Stolpersteinen: Hier die Erinnerungen an die Familie Hanauer. Foto: Walter Höltermann

Der Oberbürgermeister wandte  sich damit an die anwesenden Mitglieder des Forums:  “Sie, liebe Mitglieder des Forums Juden-Christen, leisten hier herausragende Arbeit. Ich danke Ihnen allen dafür, dass Sie Begegnungen, Wiederbegegnungen, Dialog und Austausch zwischen Juden und Christen immer wieder möglich machen. Nur wer die Vergangenheit kennt, kann sie nach Erkenntnissen befragen, die für die Gegenwart nutzbar sind. Nur wer die Vergangenheit kennt, erkennt, wie schnell Vorurteile in Verfolgung umschlagen können und wie gefährdet Freiheit, Demokratie und die Wahrung der Menschenrechte immer und überall sind. ‚Demokratie gibt es nicht zum Nulltarif‘, hat Max Mannheimer einmal gesagt. Die designierte Vizepräsidentin der Vereinigten Staaten, Kamala Harris, zitierte bei ihrer Siegesrede an diesem Wochenende den mittlerweile verstorbenen Kongressabgeordneten John Lewis mit den Worten: ‚Demokratie ist kein Zustand. Sie ist ein Akt. – Was er meinte, war, dass es für Demokratie keine Garantie gibt. Sie ist nur so stark wie unsere Bereitschaft, für sie zu kämpfen, sie zu schützen und sie niemals für selbstverständlich zu halten.‘ Wenn wir heute an das Novemberpogrom erinnern, dann bekunden wir unsere Trauer und unsere Scham über das Entsetzliche, das damals geschah. Aber wir bekunden auch unseren Willen für die Werte von Menschenrechten, für die Freiheit und die Demokratie einzutreten.“

Das Forum Juden-Christen ruft dazu auf, im November weiterhin Blumen an Stolpersteinen niederzulegen. Walter Höltermann: “Das Grauen war mit dem 9.und 10. 11. 1938 nicht vorbei, es ging weiter.”

Die Standorte der Lingener Stolpersteine lassen sich finden unter

http://www.lingen.de/pdf_files/allgemein/wegweiser-zu-den-stolpersteinen_2615_1.pdf

 

 

      

Antisemitismusbeauftragter Klein in der Jüdischen Schule – Lob für Erinnerungsarbeit des Forum Juden-Christen

30 Freitag Okt 2020

Posted by forumjc in Aktuelles, Allgemein

Dr. Felix Klein, mit voller Amtsbezeichnung „Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus“ besuchte auf Anregung von Albert Stegemann MdB – CDU das Forum Juden-Christen.  Klein stellte seine Arbeit vor und informierte sich in Anwesenheit von Lingens Oberbürgermeister Dieter Krone über die Arbeit des Forums.

Der stellvertretende Vorsitzende des Forums, Dr. Walter Höltermann, begrüßte die Gäste mit einem Überblick über die Geschichte des Gedenkortes Jüdische Schule. Als die nahegelegene Synagoge von den Nazis niedergebrannt wurde, blieb das Schulgebäude aus „Brandschutzgründen“ in der Reichspogromnacht am 10. November 1938 verschont. Bevor die Stadt Lingen das Gebäude kaufte, diente es als Pferdestall und Lagerraum. „Heute ist die Jüdische Schule neben dem Jüdischen Friedhof ein wichtiger Ort des Gedenkens an die Ermordung und Vertreibung der jüdischen Mitbürger Lingens“, so Höltermann.

Dr. Felix Klein unter Corona-Bedingungen in der Jüdischen Schule. Dr. Walter Hölltermann und Simon Göhler vom Vorstand freuen sich über das Lob für das Forum.

Vorstandsmitglied Simon Göhler, der für das Forum die Organisation des Besuches verantwortete, berichtete, wie er zum Forum gekommen sei. Als Schüler am Franziskus-Gymnasium hatte er im Rahmen einer Facharbeit ein von Anne Scherger verfasstes Buch über den jüdischen Friedhof illustriert. Seither engagiere er sich für die Erinnerungsarbeit. Göhler berichtete zudem von den „Stolpersteinen“, die im Stadtgebiet an die Opfer des Naziterrors erinnern.

Angela Prenger von der Arbeitsgemeinschaft Erinnerungskultur des Forums berichtete über das Schicksal der Lingener Ehrenbürger Ruth Foster und Bernhard Grünberg. Ruth Foster, als Ruth Heilbronn in Lingen geboren, wurde in das KZ Stutthoff verschleppt. Ihre Eltern wurden ermordet, sie überlebte. Foster forderte 1984 ein Mahnmal für die Lingener Opfer der Verfolgung. Durch ihr Engagement kam auch der Kontakt mit dem Überlebenden Bernhard Grünberg zustande. Grünberg konnte 1938 mit einem „Kindertransport“ nach England entkommen. Seine Eltern und seine Schwester wurden ermordet. Prenger verwies auf das KZ-Kleid, das Ruth Foster dem Forum überließ und das in der Jüdischen Schule zu besichtigen ist.

Ebenfalls für die AG Erinnerungskultur stellte Agnes Kläsener, Referentin im Ludwig-Windhorst-Haus, Projekte zur Jugendbildung vor. Mit Fahrten nach Auschwitz und Stutthoff sollen junge Menschen auf die Folgen rassistischer Hetze aufmerksam werden.

Felix Klein hob die Bedeutung von Erinnerungskultur hervor. Bürgerliches Engagement wie das des Forums sei unverzichtbar, um dem Vergessen des Naziterrors entgegenzuwirken. An OB Krone gerichtet meinte Klein, es sei sehr erfreulich, dass die Stadt Lingen das Forum in so hervorragender Weise unterstütze.

Klein berichte darüber, dass der Zentralrat der Juden nicht mit AfD- Politikern spreche. In den Staat Israel würden sie nicht offiziell eingeladen.

Klein freute sich darüber, dass eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen ihm und den Antisemitismusbeauftragten der Bundesländer bestehe. Auch die Zusammenarbeit mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland sei im Kampf gegen den Hass auf jüdische Menschen sehr wichtig.

Klein, Stegemann und Krone waren sich einig, dass der Rückgang der Zeitungslektüre in jüngeren Jahrgängen die Gefahr berge, dass Falschnachrichten verbreitet würden. Krone berichtete von Erfahrungen mit jungen Menschen, die ungeprüfte Nachrichten ohne Quellenangabe per Smartphone-App konsumierten. Die Arbeit von Zeitungsredakteuren sei gerade im Bereich der politischen Bildung und der Diskussionsfähigkeit gesellschaftlicher Gruppe unverzichtbar.

Höltermann und Stegemann bedauerten, dass der Wille zum Kompromiss in Gesellschaft und Politik abnehme. Höltermann: „Vielfach werden Argumente der Gegenseite nicht mehr zur Kenntnis genommen.“

Für Stegemann ist das Forum Juden-Christen ein „Leuchtturm“ der Erinnerungsarbeit. Er hob die Bedeutung der Schule für die Immunisierung von Kindern und Jugendlichen gegen „falsche Propheten“ hervor. Er sei durch das Tagebuch der Anne Frank im Unterricht über die Naziverbrechen aufgeklärt worden.

Klare Worte fand der CDU- Politiker auf Grund seiner parlamentarischen Erfahrungen für die AfD. „Wer hört, was sie untereinander reden, kann das Gedankengut der Nationalsozialisten mit Händen greifen .“

Zum Schluss des Meinungsaustausches trug sich Klein in das Besucherbuch des Forums ein.

Freundlicher Eintrag von Herrn Dr. Klein in das Besucherbuch des Forums

Siehe auch den Bericht in der Lingener Tagespost (PM/CvB)

https://www.noz.de/lokales/lingen/artikel/2171564/felix-klein-besucht-forum-juden-christen-in-lingen

Katholische Frauen besuchen Jüdischen Friedhof

23 Freitag Okt 2020

Posted by forumjc in Aktuelles, Allgemein

Für die Offene Frauengruppe (OFG) der katholischen Christ-König Kirchengemeinde aus dem Lingener Ortsteil Darme konnte das Forum-Juden-Christen eine weitere Führung am 6. Oktober in diesem Jahr anbieten. Simon Göhler  und Georg Wichmann  vom  Forum (im Bild rechts, Wichmann mit offenem, Göhler mit geschlossenem Schirm) zeigten den interessierten 16 Frauen die Geschichte des Lingener Jüdischen Friedhofs mit seinen 73 Grab- und Gedenksteinen. Dabei zeigte Simon Göhler anhand der hebräischen Sprache die Wortlaute auf den Grabsteinen und deren Bedeutung im Judentum.

Trotz besonderer Herausforderung durch das herbstliche Wetter erfuhren die Frauen viel Wissenswertes über die Geschichten der Grabsteine, so u.a. über die Familie Philipp Frank und Familie Amalie Halperin.

Schließlich gab es auch Informationen über die jüdischen Trauerbräuche und so konnten die Anwesenden auch Vergleiche mit den christlichen Traditionen ziehen. Anneliese Müter und Renate Slaghuis bedankten sich bei den Vertretern des Forums für Ihren Vortrag und die vielen interessante Eindrücke, die die OFG gewinnen konnte.

Dass der Vortrag den Teilnehmerinnen gefallen hatte zeigte sich auch daran, dass dem Forum Juden-Christen eine Spende in Höhe von 50 Euro zukam.

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