Forum Judentum Christentum

Aktuelles

Bernhard Grünberg beigesetzt

09 Freitag Apr 2021

Posted by forumjc in Aktuelles, Allgemein

Fast drei Monate nach seinem Tod am 16. Januar konnte Bernhard Grünberg (1923 – 2021) am Donnerstag, dem 8. April 2021 auf dem jüdischen Friedhof in Lingen beigesetzt werden. Daran, dass sein letzter Wunsch, am Gedenkstein für seine Eltern und seine Schwester beerdigt zu werden, in Erfüllung ging, haben viele Menschen mitgewirkt, vor allem sein Freund Atze Storm sowie die jüdische Gemeinde Osnabrück mit ihrem Vorsitzenden Michael Grünberg, Rabbiner Shimi Lang und Kantor Baruch Chauskin, die die Trauerzeremonie würdevoll vollzogen. Pandemiebedingt durften nur etwa 60 Trauergäste teilnehmen. Viel mehr Menschen hätten Bernhard gern die letzte Ehre erwiesen.

Oberbürgermeister Dieter Krone brachte in Erinnerung: „Aufgrund der Corona-Erkrankung von Bernard Grünberg, aber auch aufgrund des Brexit und damit verbundenen hohen bürokratischen Auflagen hat sich die Überführung seiner sterblichen Überreste sehr lange hingezogen. Heute dürfen wir ihn gemeinsam auf seiner letzten Wegstrecke begleiten, um ihm damit unsere tiefe Ehrerbietung zu erbringen. Das hohe Alter von 97 Jahren beschreibt nicht nur einen langen, sondern vor allem auch einen sehr beschwerlichen Lebensweg.“

Lingens Oberbürgermeister Dieter Krone. Ganz links Kantor Baruch Chauskin. Foto: Lingener Tagespost, Thomas Pertz, mit freundlicher Gnehmigung

Mahnend fügte Krone hinzu: „Lassen Sie uns diese vielen Erinnerungen an ihn wachhalten und weitertragen. Möge sein Tod ein Vermächtnis sein, uns auch in Zukunft aktiv gegen Antisemitismus, Rassenwahn und Fremdenfeindlichkeit einzusetzen und dafür zu sorgen, dass sich solch schreckliche Ereignisse, die unser menschliches Vorstellungsvermögen übersteigen, niemals wiederholen.“

Gernot Wilke-Ewert, Vorsitzender des Forums. Im Hintergrund Mitglieder der jüdischen Gemeinde Osnabrück. Foto: fwp

Gernot Wilke-Ewert, Vorsitzender des Forums, dankte zu Beginn seiner Trauerrede Angela Prenger für die Zitate, die aus Telefongesprächen mit Bernhard Grünberg stammen. Wilke-Ewert wörtlich: „Lingen war für Bernhard Grünberg seine Heimat, die ihm genommen wurde. Über die Umschichtungseinrichtung in Berlin konnte er als einer von 10.000 Kindern nach England gerettet werden. In Derby fand er ein neues Zuhause mit seiner Frau Daisy, die vor 20 Jahren verstarb. ‚Ich kann mich nicht beklagen. Ich wurde hier in England von vielen freundlich aufgenommen. Niemand hat sich mir gegenüber feindlich gezeigt. Das war mein Leben. Ich hatte auch ganz viel Glück.‘ (…) Für mich prägend ist die innere Einstellung, wie Bernhard Grünberg selbst mit seinem Schicksal umgegangen ist. Seine Würde wurde ihm nicht nur durch die Nazianalsozialisten abgesprochen. Mitschüler haben ihn über die Maßen in der Schule und auf dem Schulweg geärgert und auch verprügelt. Er hat alles Unrecht und Leid nicht vergeben und vergessen. Die Würde des Menschen ist antastbar.- Aber Bernhard hat auch ganz vielen Schulklassen in England und hier in Lingen von seinem Leben erzählt, damit sie es besser machen können. Bernhard hat die Einladungen nach Lingen angenommen, seine Geburtstage hier gerne gefeiert und sich sehr über die Besuche aus Lingen gefreut. Er hat für den Gedenkort Jüdische Schule ein Eisentor gefertigt, seine Erinnerungstücke uns hinterlassen. Und schließlich entschieden, hier beerdigt zu werden.

Nach der Beisetzung: Josef Möddel (Mitte), langjähriger Freund von Bernhard, der die Anregung zur Ehrenbürgerschaft von Bernhard Grünberg und Ruth Foster gab, begleitet von Heribert Lange (rechts) und Paul Haverkamp. Foto: fwp

‚Das Leben musste ja weitergehen. Meine Trauer musste ich mit mir alleine ausmachen. Ich wollte kein falsches Mitleid. Am Tag hatte ich meine Arbeit, am Abend, wenn ich alleine war, flossen die Tränen. Ich trauerte, ich hatte alles verloren, meine Eltern, meine Schwester, unsern Besitz, meine schulische Ausbildung.‘- Menschenwürde zeigt sich in Gesten, wie die Benennung einer Straße nach ihm und dass er Ehrenbürger wurde. Diese Würdigungen sind bei ihm angekommen. Würde ist nicht selbstverständlich, sie kann durch Menschen gelebt werden, die Leid und Freude empathisch teilen und im Leben Haltung zeigen. – ‚Aber man kann nur mit Hoffnung leben. Ich habe versucht, aus allem Bösen etwas Gutes zu ziehen. Dann kann man noch etwas aus seinem Leben machen. Es gibt im Leben gute Tage und schlechte Tage!‘ (Er lacht).“

Podcast der Ems-Vechte- Welle

https://www.emsvechtewelle.de/wp-content/uploads/2021/04/21.04.09-Podcast-Bernhard-Gruenberg-Trauerfeier-JK.mp3

S. auch den ausführlichen Bericht von Thomas Pertz in der Lingener Tagespost vom 9.4.2021

https://www.noz.de/lokales/lingen/artikel/2277963/die-letzte-ehre-fuer-bernard-gruenberg-auf-dem-juedischen-friedhof-in-lingen

emstv- Video von Rene Hessels unter

https://www.lingen.de/politik-rathaus-service/aktuelles/lingen-aktuell/beerdigung-bernard-gruenberg.html

unter dem folgenden link ein BBC- Beitrag

https://www.bbc.com/news/uk-england-derbyshire-56665410

Vitrine für Tora-Rolle in der jüdischen Schule Lingen

19 Freitag Mrz 2021

Posted by forumjc in Aktuelles, Allgemein

Begrüßte die Teilnehmer: Forums-Vorsitzender Gernot Wilke-Ewert. Foto: fwp

Sonnenschein an der jüdischen Schule und Freude beim Forum Juden- Christen. Für die Tora-Rolle, einer Dauerleihgabe der Jüdischen Gemeinde Osnabrück, bauten die Auszubildenden im Tischlerhandwerk des Christophorus-Werkes eine Tischvitrine. Diese wurde kürzlich in einer kleinen Feierstunde am Gedenkort jüdische Schule übergeben.

Lingens Bürgermeister Stefan Heskamp erinnerte in seiner Ansprache daran, dass der Vorsitzende der Jüdische Gemeinde Osnabrück, Michael Grünberg, die nicht mehr koschere Tora bei der Gedenkfeier zum 150. Gründungstag der jüdischen Gemeinde Lingen an den damaligen Forums- Vorsitzenden Dr. Heribert Lange übergab. 

Die Torarolle in ihrer neuen Vitrine. Rechts: Bürgermeister Stefan Heskamp. Foto: fwp

Gernot Wilke-Ewert dankte den jungen Handwerkern und ihren Ausbildern Ralph Herrmann und Ralf Prigge für die hervorragende Arbeit.

Erinnerte an den Massenmord der Nazis an Menschen mit Behinderung als “Probelauf” für den Völkermord an jüdischen Menschen sowie Sinti und Roma: Dr. Walter Höltermann. Foto: fwp

Dr. Walter Höltermann, stellvertretender Vorsitzender des Forums, nahm in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Trägervereins des Christophorus- Werkes teil. Er erinnerte daran, dass etwa 300.000 Menschen mit Behinderung erste Opfer des Naziterrors waren. 

Die Mitarbeiter des Christophorus-Werkes trugen sich in das Gästebuch der Jüdischen Schule ein. Foto: fwp

Gernot Wilke-Ewert mit dem Neuen Mittelpunkt des Gedenkortes. Foto: fwp

vgl. auch den informativen Beitrag der Ems-Vechte-Welle unter

https://www.emsvechtewelle.de/die-gedenkstaette-juedische-schule-in-lingen-erhaelt-fuer-ihre-tora-rolle-eine-vitrine/

Der ausführliche Bericht von Johannes Franke in der Lingener Tagespost v. 18.03.2021 (Auszüge): 

TISCHVITRINE VON AUSZUBILDENDEN IM BERUFSBILDUNGSBEREICH DES CHRISTOPHORUS-WERKES ANGEFERTIGT

Lingen (Ems). Während einer kleinen Feierstunde vor dem Gedenkort Jüdische Schule konnte nun die Tischvitrine als sichtbare, würdevolle Aufbewahrung für eine nicht koschere Tora-Rolle überreicht werden. Sieben Tischler-Auszubildende im zweiten Lehrjahr des Berufsbildungswerkes im Christophorus-Werk hatten die Holz-Glas-Vitrine angefertigt.

 „Die Tora-Rolle wird als Dauerleihgabe der Jüdischen Gemeinde Osnabrück in der Vitrine ein neuer Mittelpunkt im Gedenkort werden“, betonte der Vorsitzende des Forums Juden-Christen, Gernot Wilke Ewert.  (…) Farblich dem Inventar in der Jüdischen Schule angeglichen, „verkörpert die Vitrine mit der Rolle ein starkes Symbol von Gemeinschaft, gemeinsamen Arbeiten, Leben, Essen und Trinken, eine Ganzheitlichkeit, die wir vom jüdischen Denken und Leben übernommen haben und die diese Tisch-Vitrine mit der Tora-Rolle darstellt“, betonte der Vorsitzende.

Lingens Zweiter Bürgermeister, Stefan Heskamp, sprach von einer „neuen Mitte“, die hier präsentiert werde. Er erinnerte eindringlich daran, an die Gräueltaten und Vergangenheit zu erinnern und nicht müde zu werden, auch die heutigen Ungerechtigkeiten in der Welt in unserer Erinnerungskultur beim Namen zu nennen. Für die „hochwertige Arbeit“ dankte er allen Mitwirkenden im Namen der Stadt Lingen.

Der stellvertretende Forums-Vorsitzende, Walter Höltermann, sprach vor allem in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Christophorus-Werkes Lingen e.V. (…)  „Wir müssen in unserer Zeit eine Haltung des Respektes und der Anerkennung einnehmen für mehr Menschlichkeit und Mitmenschlichkeit und uns immer wieder dafür einsetzen“, appellierte er und dankte für die „wunderbare Vitrine, die sich wirklich sehen lassen kann.“

Neue Videos zum Judentum und zur Schoa im Internet

19 Freitag Feb 2021

Posted by forumjc in Aktuelles, Allgemein

Wir machen auf drei neue Internet- Videos aufmerksam.

Der Osnabrücker Verein Judentum begreifen, ein Kooperationspartner des Forum, erklärt Schülern die Religion: https://youtu.be/slBf-yHpulM

Jüdisches Leben in Amsterdam wird eindrucksvoll dargestellt unter

https://www.youtube.com/watch?v=UzVfqRPiXZU&feature=youtu.be

„Und ewig währet euer Name“- ein Besuch in Yad Vashem. Das Video gibt einen Überblick über die Holocausgedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem. Aufgerufen wird zur Teilnahme an einer Fortbildung „Erziehung nach Auschwitz“ in der International School for Holocaust Studies teilzunehmen.

https://youtu.be/9GIv_s-NK10

EMS TV: “Das darf nie wieder passieren”

28 Donnerstag Jan 2021

Posted by forumjc in Aktuelles, Allgemein

Foto: Lingener Tagespost

 

Der Internet- Fernsehsender EMS TV brachte am Holocaust-Gedenktag einen  Beitrag über den kürzlich verstorbenen Ehrenbürger Lingens und Freund des Forum Juden-Christen, Bernhard Grünberg.

Anzusehen unter

https://www.emstv.de/videobeitrag/das-darf-nie-wieder-passieren/

Davidstern am Eingangstor zum Gedenkort jüdische Schule in Lingen, gefertigt von Bernhard Grünberg; Foto: Friedhelm Wolski-Prenger

 

 

Der Tod von Bernhard Grünberg wird vielfach geteilt

18 Montag Jan 2021

Posted by forumjc in Aktuelles, Allgemein

Am 16. Januar 2021 verstarb  Bernhard Grünberg, Ehrenbürger der Stadt Lingen (Ems) im Alter von fast 98 Jahren in Derby-Alvaston, Großbritannien. Das Forum Juden-Christen verliert einen Freund und einen weiteren Zeugen der Zeit des Naziterrors.Es folgen einige links zu Nachrufen. Zunächst der Nachruf des Lingener Oberbürgermeisters Dieter Krone und des Vorsitzenden des Forums Juden-Christen, Gernot Wilke-Ewert:

https://www.lingen.de/politik-rathaus-service/aktuelles/lingen-aktuell/nachruf-bernhard-gruenberg.html

Das Emslandmuseum, dem Bernhard Grünberg zahlreiche Erinnerungsstücke überlassen hatte, schreibt:

https://emslandmuseum.de/2021/01/17/bernard-gruenberg-gestorben/

Die Ems-Vechte-Welle und emsTV haben den Tod Bernhard Grünbergs ebenfalls gemeldet:

https://www.emsvechtewelle.de/lingener-ehrenbuerger-bernhard-gruenberg-gestorben/

https://www.emstv.de/videobeitrag/holocaust-ueberlebender-bernhard-gruenberg-verstorben/

Auch in Großbritannien ist der Tod von Bernhard Grünberg bekannt geworden, allerdings nicht mit korrektem Todesdatum:

https://www.holocaust.org.uk/remembering-bernard-grunberg

Eine Würdigung von Thomas Pertz in der LT findet sich unter

https://www.noz.de/lokales/lingen/artikel/2208186/lingens-ehrenbuerger-bernhard-gruenberg-ist-am-16-1-21-gestorben

Noch am Tage des Todes von Bernhard Grünberg berichtet die LT über ein Pressegespräch des Forum Juden-Christen:

https://www.noz.de/lokales/lingen/artikel/2207154/corona-sorgen-um-lingens-juedischen-ehrenbuerger-bernhard-gruenberg

Ems-Vechte-Welle bringt Sendungen des Forum Juden-Christen

12 Dienstag Jan 2021

Posted by forumjc in Aktuelles, Allgemein

In einer von Manfred Rockel und Dr. Walter Höltermann vorbereiteten Sendereihe bringt die Ems-Vechte-Welle vom 12. Januar an Beiträge zu den – neben den jüdischen Menschen – weiteren Verfolgten des Naziterrors im Emsland und der Grafschaft Bentheim . Die Beiträge sind im Podcast nachzuhören unter:

https://www.emsvechtewelle.de/wochenserie-die-verfolgten-des-dritten-reichs-teil-1

Die weiteren Beiträge sind jeweils mit den weiteren Zahlenendungen nachzuhören und nachzulesen.

Jüdischer Friedhof: Mauer-Restauration macht Fortschritte

21 Montag Dez 2020

Posted by forumjc in Aktuelles, Allgemein

Erfreuliche Fortschritte sind bei der Renovierung der Mauer zwischen dem jüdischen Friedhof und dem Alten Friedhof in Lingen zu vermelden. Große Teile der zum jüdischen Friedhof gehörenden Mauer sind bereits mit Sandsteinplatten bedeckt, so dass keine Feuchtigkeit mehr von oben eindringen kann. Jede Platte musste einzeln für ihren Platz auf der Mauer ausgemessen und zugeschnitten werden.

Große Teile der Mauer bereits geschützt.

Gefördert wird die vom Forum Juden-Christen seit Jahren geforderte Maßnahme durch den Landesverband der jüdischen Gemeinden Niedersachsen, der auch Eigentümer des Friedhofs ist, durch die Stadt Lingen, dem Landesamt für Denkmalpflege, der HEH Essmann-Stiftung, der Sparkasse Emsland und der Friedhofskommission Lingen/ Ems.

Arbeiten gehen weiter: Noch fehlende Abdeckung

Die Mauer muss noch neu verfugt werden. Die im November begonnen Bauarbeiten sollen im Juni 2021 fertiggestellt werden.

S.auch den Beitrag

http://www.forum-juden-christen.de/mauer-des-juedischen-friedhofs-in-lingen-wird-saniert/

Forum lehnt Liesen- Museum weiter ab – Umbenennung der Rosemeyer-Straße

05 Samstag Dez 2020

Posted by forumjc in Aktuelles, Allgemein

Die Berichterstattung der Lingener Tagespost  zum Besuch in der jüdischen Schule („Forum Juden-Christen ein Leuchtturm der Erinnerungsarbeit“, 24.11. 2020), das Interview mit dem Antisemitismus-Beauftragten der Bundesregierung, Dr. Felix Klein („Ringen um Museum ist ein gutes Zeichen 24.11. 2020) sowie den Leserbrief „Kein Rosemeyer-Museum“ von Ines Heimberg (LT vom 1-12.2020) nimmt der Vorstand des Forum Juden-Christen Altkreis Lingen e.V zum Anlass, seine Haltung zum geplanten Museum zu bekräftigen. Die Erklärung im unredigierten Wortlaut:

1. Der Antisemitismusbeauftragte Dr. Felix Klein hatte Lingen auf Einladung des Bundestagsabgeordneten Albert Stegemann besucht, um sich über die Erinnerungs- und Antirassismusarbeit des Forums zu informieren.

2. Das Forum Juden- Christen lehnt ein Museum für den SS-Hauptsturmführer und Rennfahrer Rosemeyer nach wie vor ab. Diese Haltung hat sich auch nicht durch eine wissenschaftliche Begleitung des Museumsprojekts geändert. Zwischen den Initiatoren des ‚Bernhard Rosemeyer und Elly Beinhorn Museums‘ und seines Beirats und dem Forum Juden-Christen im Altkreis Lingen e.V. gibt es keine Zusammenarbeit und eine solche ist auch nicht geplant.

3. Das Forum Juden-Christen im Altkreis Lingen e.V. setzt sich weiterhin für eine Aufarbeitung der Geschichte Lingens in der Zeit von 1933 bis 1945 ein und befürwortet ein Museum zur Erinnerung an die Opfer des Nazi-Terrors in dieser Stadt.

4. Es ist nach Ansicht des Vorsitzenden des Forums Juden-Christen, Gernot Wilke-Ewert, und seines Stellvertreters Dr. Walter Höltermann an der Zeit, der 1938 von den Nazis in Bernhard-Rosemeyer-Straße umbenannten vormaligen Bahnhofstraße ihre alte Bezeichnung zurückzugeben, oder, sehr viel besser noch, beispielsweise nach Fredy Markreich zu benennen. Diesem wurde am 10. November 1938 von der SA im Auftrag der NSDAP und im Schutz der damaligen Staatsorgane sein Geschäft in der Großen Straße vollständig demoliert und er wurde anschließend, wie fünf andere jüdische Männer aus Lingen, in das KZ Buchenwald verschleppt.

Gedenken an die Novemberpogrome 2 – Krone: Nie wieder

10 Dienstag Nov 2020

Posted by forumjc in Aktuelles, Allgemein

Im Anschluss an den ökumenischen Gottesdienst fand eine  Kranzniederlegung vor dem Gedenkort Jüdische Schule statt. Daran konnte nur ein kleiner Personenkreis teilnehmen. Sie erlebten eine würdige Feier mit einer sehr passenden musikalischen Begleitung durch den Klarinettisten Lulzim Bucaliu.                                                              Für das Forum hielt dessen Stellvertretender Vorsitzender Dr. Walter Höltermann eine Gedenkrede, der er ein Zitat von Rolf Winter voranstellte: ‚Vergangenheit, die ruht, kann sich wiederholen‘. Höltermann weiter: „Mit der heutigen Gedenkveranstaltung wird die Erinnerung an die Novemberpogrome des Jahres 1938 wachgehalten, damit sich das damit verbundene Grauen nicht erholt, ein solches Ereignis sich nicht wiederholt. Das was damals geschah, war in all seinem Terror jedoch noch nicht der Gipfel der Nazi-Barbarei. Es war, nach den Worten von Saul Friedländer, nur ein mattes Vorspiel dessen, was den Juden in Deutschland und im besetzten Europa widerfahren sollte. Die Novemberpogrome 1938 hinterließen geschändete und ausgebrannte Synagogen, vollständig verwüstete Geschäfte und zerstörte Wohnungen, schätzungsweise 400 Ermordete, zahllose vergewaltigte jüdische Frauen und etwa 30.000 in KZ`s verschleppte jüdische Männer. Das war das Werk eines aufgehetzten und teils auch alkoholisierten braunen Mobs, der planvoll „von der Leine gelassen wurde“. Höltermann verwies darauf, dass das Verbrechen von den Nazis lange geplant worden war, der Anlass willkürlich gewählt. „Dieser sogenannte Ausbruch des Volkszorns, diese rohen und tumben Gewalttätigkeiten der beteiligten Abordnungen von SA, SS und Hitlerjugend mit ihrem blanken Sadismus sowie perversen Einfällen, diese Orgien der Zerstörung und Erniedrigung war das Werk der jahrelangen Hetze und propagandistischen Verführung. Das Verführungspotenzial wird in seinem Ausmaß erst erkennbar, wenn bedacht wird, warum sich Bürger unterschiedlicher Herkunft und soziokultureller Prägung hatten mitreißen lassen. Es wurde planvoll eine Gewaltbereitschaft geschaffen, welche nur darauf wartete sich entladen zu können.“  Über die Bedeutung des Gedenkens: „Der heutige Gedenktag gibt erneut Gelegenheit, sich der Ereignisse im November 1938 zu vergewissern, damit diese nicht in Vergessenheit geraten. Dieses sind wir einerseits den Opfern schuldig, das gebietet der absolut notwendige Respekt vor deren unfassbarem Leid. Den Taten, die dazu führten und die durch Deutsche und in deutschem Namen begangen wurden, können wir nicht ausweichen, und sie unterliegen in ihrer Ungeheuerlichkeit auch keiner Verjährungsfrist.“   Die Kritik des Forums an einem geplanten Museum für den freiwillig und ohne Zwang der SS beigetretene “Hauptsturmführer” Rosemeyer verband Höltermann mit einem Vorschlag: „In diesem Kontext von Vergangenheit und deren Prägung für das gegenwärtige Tun drängt sich mir ein weiterer Aspekt auf. Es mag sein, dass es interessanter ist, ein Museum für einen berühmten Rennfahrer im Rang eines SS – Offiziers als für Freddy Markreich zu errichten. Freddy Markreich wurde im November 1938 zunächst sein Geschäft in der Großen Straße entwendet, dann erfolgte seine Verschleppung nach Buchenwald. Im April 1939 emigrierte er nach Liberia, wo er an einer Seuche verstarb. Es mag auch sein, dass ein Museum für eine bekannte Fliegerin glamouröser ist als für Henriette Flatow. Henriette Flatow wohnte im Bonifatius – Hospital und war dort als Küchengehilfin tätig. Im Juli 1942 wurde sie nach Theresienstadt deportiert, wo sie im Januar 1943 verstarb. Bei allem Respekt vor unterschiedlichen Auffassungen und Haltungen stellt sich mir doch die Frage: Cui bono? – Wozu soll es gut sein?“  Auf die Zukunft bezogen schloss Höltermann: „Das heutige Gedenken ist Teil einer Gedenkkultur, die eine notwendige Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ermöglicht und die Erinnerung daran wachhält. Sie hat die Funktion eines Katalysators, der Denkvorgänge und Verhaltensweisen fördern soll, die einem Rückfall in die Banalität des Grauens entgegenwirken. Dieses ist keine Gedenktagen vorbehaltene Fiktion, sondern der Aufruf jeder Form von übersteigertem Nationalismus, von Antisemitismus und Menschenverachtung im Alltag energisch entgegenzutreten.“                                                                                  

Oberbürgermeister Dieter Krone und der Vorsitzende des Forums Juden-Christen, Gernot Wilke-Ewert, legten einen Kranz am Gedenkstein für die Lingener Synagoge nieder.

Eine weitere beeindruckende Rede zum Gedenken an den ersten offenen Gewaltausbruch der Nazis gegen Juden hielt Lingens Oberbürgermeister Dieter Krone. Er erinnerte: „Am 9. und 10. November 1938 brannten in ganz Deutschland die Synagogen. Das Novemberpogrom war ein allen sichtbares Fanal: Niemand konnte mehr daran zweifeln, dass es den Nazis mit ihrer antisemitischen Hetze blutiger Ernst war. Das Novemberpogrom markierte den Beginn eines Zivilisationsbruchs, der im unfassbaren Grauen des Holocaust endete.“ Krone machte deutlich, dass Deutschland eine besondere Verantwortung für jüdische MitbürgerInnen trage: „Dass Jüdinnen und Juden in das Land der Täter zurückkehrten oder einwanderten, ist ein Vertrauensbeweis. Er basiert darauf, dass Deutschland sich nach 1945 geändert, dass es sich seiner Vergangenheit gestellt und es geschafft hat, eine Demokratie aufzubauen, einen freiheitlichen Rechtsstaat, der die Würde des Menschen, die Würde eines jeden Menschen ungeachtet seiner Herkunft oder Religionszugehörigkeit zum Grundprinzip erhebt. Doch dass es bei uns wieder jüdisches Leben gibt, ist auch ein Vertrauensvorschuss. Denn der Antisemitismus ist nicht mit dem Dritten Reich untergegangen.“      

Blumen an Stolpersteinen: Hier die Erinnerungen an die Familie Grünberg. Foto: Heribert Lange 

In Erinnerung an den  kürzlichen Besuch von Felix Klein in Lingen führte Krone aus : „Erst vor wenigen Tagen hat der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Dr. Felix Klein, das Forum Juden-Christen besucht. Während eines Interviews führte er aus, dass Antisemitismus in unserer Kultur so eingeübt sei, dass dieser in unserer Gesellschaft zum Ventil für Unzufriedenheit werde. Wie im Mittelalter die Juden für den Ausbruch der Pest verantwortlich gemacht wurden, so haben heute angeblich israelische Forscher das Corona – Virus in die Welt gesetzt, damit israelische Firmen der Welt ihren Impfstoff verkaufen können.Hannah Arendt, deren Büste hier zu sehen ist, sagte bereits 1941 bitter – ironisch: ‚Vor Antisemitismus aber ist man nur noch auf dem Monde sicher.‘ Antisemitismus ist mitnichten überwunden – bei uns in Deutschland nicht und bei vielen unserer europäischen Nachbarn nicht. Gedenken lenkt den Blick nicht nur in die Vergangenheit; Gedenken ist genauso auf Gegenwart und Zukunft gerichtet. Gedenken will das Vergangene wieder sicht- und greifbar machen – und es will den Verpflichtungen nachspüren, die sich aus der Geschichte für das Heute ergeben. ‚Nie wieder‘ – so hieß es nach 1945, als den Menschen das ganze Ausmaß des Grauens der Schoa bewusst wurde. Doch wie vermitteln wir dieses ‚Nie-Wieder‘ im Jahr 2020?”                          

 Blumen an Stolpersteinen: Hier die Erinnerungen an die Familie Hanauer. Foto: Walter Höltermann

Der Oberbürgermeister wandte  sich damit an die anwesenden Mitglieder des Forums:  “Sie, liebe Mitglieder des Forums Juden-Christen, leisten hier herausragende Arbeit. Ich danke Ihnen allen dafür, dass Sie Begegnungen, Wiederbegegnungen, Dialog und Austausch zwischen Juden und Christen immer wieder möglich machen. Nur wer die Vergangenheit kennt, kann sie nach Erkenntnissen befragen, die für die Gegenwart nutzbar sind. Nur wer die Vergangenheit kennt, erkennt, wie schnell Vorurteile in Verfolgung umschlagen können und wie gefährdet Freiheit, Demokratie und die Wahrung der Menschenrechte immer und überall sind. ‚Demokratie gibt es nicht zum Nulltarif‘, hat Max Mannheimer einmal gesagt. Die designierte Vizepräsidentin der Vereinigten Staaten, Kamala Harris, zitierte bei ihrer Siegesrede an diesem Wochenende den mittlerweile verstorbenen Kongressabgeordneten John Lewis mit den Worten: ‚Demokratie ist kein Zustand. Sie ist ein Akt. – Was er meinte, war, dass es für Demokratie keine Garantie gibt. Sie ist nur so stark wie unsere Bereitschaft, für sie zu kämpfen, sie zu schützen und sie niemals für selbstverständlich zu halten.‘ Wenn wir heute an das Novemberpogrom erinnern, dann bekunden wir unsere Trauer und unsere Scham über das Entsetzliche, das damals geschah. Aber wir bekunden auch unseren Willen für die Werte von Menschenrechten, für die Freiheit und die Demokratie einzutreten.“

Das Forum Juden-Christen ruft dazu auf, im November weiterhin Blumen an Stolpersteinen niederzulegen. Walter Höltermann: “Das Grauen war mit dem 9.und 10. 11. 1938 nicht vorbei, es ging weiter.”

Die Standorte der Lingener Stolpersteine lassen sich finden unter

http://www.lingen.de/pdf_files/allgemein/wegweiser-zu-den-stolpersteinen_2615_1.pdf

 

 

      

Antisemitismusbeauftragter Klein in der Jüdischen Schule – Lob für Erinnerungsarbeit des Forum Juden-Christen

30 Freitag Okt 2020

Posted by forumjc in Aktuelles, Allgemein

Dr. Felix Klein, mit voller Amtsbezeichnung „Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus“ besuchte auf Anregung von Albert Stegemann MdB – CDU das Forum Juden-Christen.  Klein stellte seine Arbeit vor und informierte sich in Anwesenheit von Lingens Oberbürgermeister Dieter Krone über die Arbeit des Forums.

Der stellvertretende Vorsitzende des Forums, Dr. Walter Höltermann, begrüßte die Gäste mit einem Überblick über die Geschichte des Gedenkortes Jüdische Schule. Als die nahegelegene Synagoge von den Nazis niedergebrannt wurde, blieb das Schulgebäude aus „Brandschutzgründen“ in der Reichspogromnacht am 10. November 1938 verschont. Bevor die Stadt Lingen das Gebäude kaufte, diente es als Pferdestall und Lagerraum. „Heute ist die Jüdische Schule neben dem Jüdischen Friedhof ein wichtiger Ort des Gedenkens an die Ermordung und Vertreibung der jüdischen Mitbürger Lingens“, so Höltermann.

Dr. Felix Klein unter Corona-Bedingungen in der Jüdischen Schule. Dr. Walter Hölltermann und Simon Göhler vom Vorstand freuen sich über das Lob für das Forum.

Vorstandsmitglied Simon Göhler, der für das Forum die Organisation des Besuches verantwortete, berichtete, wie er zum Forum gekommen sei. Als Schüler am Franziskus-Gymnasium hatte er im Rahmen einer Facharbeit ein von Anne Scherger verfasstes Buch über den jüdischen Friedhof illustriert. Seither engagiere er sich für die Erinnerungsarbeit. Göhler berichtete zudem von den „Stolpersteinen“, die im Stadtgebiet an die Opfer des Naziterrors erinnern.

Angela Prenger von der Arbeitsgemeinschaft Erinnerungskultur des Forums berichtete über das Schicksal der Lingener Ehrenbürger Ruth Foster und Bernhard Grünberg. Ruth Foster, als Ruth Heilbronn in Lingen geboren, wurde in das KZ Stutthoff verschleppt. Ihre Eltern wurden ermordet, sie überlebte. Foster forderte 1984 ein Mahnmal für die Lingener Opfer der Verfolgung. Durch ihr Engagement kam auch der Kontakt mit dem Überlebenden Bernhard Grünberg zustande. Grünberg konnte 1938 mit einem „Kindertransport“ nach England entkommen. Seine Eltern und seine Schwester wurden ermordet. Prenger verwies auf das KZ-Kleid, das Ruth Foster dem Forum überließ und das in der Jüdischen Schule zu besichtigen ist.

Ebenfalls für die AG Erinnerungskultur stellte Agnes Kläsener, Referentin im Ludwig-Windhorst-Haus, Projekte zur Jugendbildung vor. Mit Fahrten nach Auschwitz und Stutthoff sollen junge Menschen auf die Folgen rassistischer Hetze aufmerksam werden.

Felix Klein hob die Bedeutung von Erinnerungskultur hervor. Bürgerliches Engagement wie das des Forums sei unverzichtbar, um dem Vergessen des Naziterrors entgegenzuwirken. An OB Krone gerichtet meinte Klein, es sei sehr erfreulich, dass die Stadt Lingen das Forum in so hervorragender Weise unterstütze.

Klein berichte darüber, dass der Zentralrat der Juden nicht mit AfD- Politikern spreche. In den Staat Israel würden sie nicht offiziell eingeladen.

Klein freute sich darüber, dass eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen ihm und den Antisemitismusbeauftragten der Bundesländer bestehe. Auch die Zusammenarbeit mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland sei im Kampf gegen den Hass auf jüdische Menschen sehr wichtig.

Klein, Stegemann und Krone waren sich einig, dass der Rückgang der Zeitungslektüre in jüngeren Jahrgängen die Gefahr berge, dass Falschnachrichten verbreitet würden. Krone berichtete von Erfahrungen mit jungen Menschen, die ungeprüfte Nachrichten ohne Quellenangabe per Smartphone-App konsumierten. Die Arbeit von Zeitungsredakteuren sei gerade im Bereich der politischen Bildung und der Diskussionsfähigkeit gesellschaftlicher Gruppe unverzichtbar.

Höltermann und Stegemann bedauerten, dass der Wille zum Kompromiss in Gesellschaft und Politik abnehme. Höltermann: „Vielfach werden Argumente der Gegenseite nicht mehr zur Kenntnis genommen.“

Für Stegemann ist das Forum Juden-Christen ein „Leuchtturm“ der Erinnerungsarbeit. Er hob die Bedeutung der Schule für die Immunisierung von Kindern und Jugendlichen gegen „falsche Propheten“ hervor. Er sei durch das Tagebuch der Anne Frank im Unterricht über die Naziverbrechen aufgeklärt worden.

Klare Worte fand der CDU- Politiker auf Grund seiner parlamentarischen Erfahrungen für die AfD. „Wer hört, was sie untereinander reden, kann das Gedankengut der Nationalsozialisten mit Händen greifen .“

Zum Schluss des Meinungsaustausches trug sich Klein in das Besucherbuch des Forums ein.

Freundlicher Eintrag von Herrn Dr. Klein in das Besucherbuch des Forums

Siehe auch den Bericht in der Lingener Tagespost (PM/CvB)

https://www.noz.de/lokales/lingen/artikel/2171564/felix-klein-besucht-forum-juden-christen-in-lingen

← Ältere Beiträge
MENÜMENÜ
  • Wer und was wir sind
    • Satzung
    • Beitrittserklärung
  • Veranstaltungen
  • Erinnerungen
    • Menschen
    • Orte
    • Lokale Literatur
  • Aktuelles
  • Archiv
    • 2005 - 2015
    • 2004
    • 2003
    • 2002
    • 2001
    • 1996 - 2000
  • Bildergalerie
  • Links
  • Kontakt
  • Impressum
  • Datenschutzerklärung