„WE REMEMBER“

Für das Forum Juden-Christen Altkreis Lingen e.V. sprach der Stellvertretende Vorsitzende Dr. Walter Höltermann im Lingener Theater zum Schoah-Gedenktag. Die Rede im Wortlaut:

Mein Name ist Walter Höltermann und ich bin stellvertretender Vorsitzender des „Forums Juden-Christen im Altkreis Lingen“. Das gleich aufgeführte Theaterstück „Die Kempowski-Saga Teil 2“ ist der kulturelle Beitrag des Forums zu dem heutigen Gedenktag.

An dem heutigen Tag gedenken wir in Deutschland und in aller Welt der Opfer des Nationalsozialismus: Juden, Sinti und Roma, psychisch Kranke und geistig Beeinträchtigte, sexuelle Minderheiten, Zeugen Jehovas sowie aus politischen oder religiösen Gründen Widerständige. Wer einem völlig subjektiven Rassebegriff nicht genügte und wer sich in seiner Lebenseinstellung, in seinen religiösen oder politischen Überzeugungen nicht gleichschalten ließ, wurde vernichtet. Holocaust kommt als Begriff aus dem Griechischen und bedeutet „vollständig verbrannt“. Daran soll dieser Tag erinnern. Der World Jewish Congress hat diesen Tag unter das Leitwort „WE REMEMBER“ gestellt.

Anlass für diesen Gedenktag ist die Schoa, der Mord an den europäischen Juden während des 2. Weltkriegs. Nie zuvor hat ein Staat beschlossen eine von ihm bestimmte Menschengruppe einschließlich der Alten, der Frauen, der Kinder und der Säuglinge restlos zu töten. Es war der deutsche Staat, der dieses, wie auch bei den anderen Opfergruppen, mit allen seinen Machtmitteln durchsetzte. Wo immer er und seine Helfershelfer Juden ergreifen konnten, internierte er sie und transportierte sie dann, oft über große Entfernungen, in eigens für die Tötung geschaffene Vernichtungslager. Waren die so Deportierten noch arbeitsfähig, wurde ihre Arbeitskraft vor ihrer Ermordung für die Kriegswirtschaft ausgebeutet. Massenmorde hat es zuvor und auch danach gegeben, aber keine Massenmorde dieser Art.

In Auschwitz-Birkenau wurden über 1 Millionen Juden und darüber hinaus tausende von Sinti und Roma sowie sowjetische Kriegsgefangene ermordet. Insgesamt wurden unter der Verantwortung des deutschen Staates 6 Millionen Juden vernichtet, darunter 850.000 Kinder.

Am 27. Januar 1945 befreiten Soldaten der Roten Armee das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Was sie dort vorfanden war für die unfassbar. 65.000 fast verhungerte und lebensbedrohlich erkrankte Gefangene. Auschwitz wurde zum Symbol für den Holocaust und deshalb wird dieser Tag der Befreiung als internationaler Gedenktag begangen.

Doch warum sollten wir uns daran immer wieder erinnern? Können wir nicht endlich diese schreckliche Vergangenheit ruhen lassen? Rolf Winter hat seinem Buch, „Hitler kam aus der Dankwartsgrube“ den Satz vorangestellt: „Vergangenheit die ruht, kann sich wiederholen“. Deshalb müssen wir uns immer wieder vergegenwärtigen, was passieren kann, wenn Hass ungehindert gedeihen darf.

Der Antisemitismus und der mangelnde Respekt gegenüber bestimmten Gruppen in unserer Gesellschaft ist weiter mitten unter uns. Deshalb: Lernen wir aus der Vergangenheit und schützen wir damit die Zukunft. Geben wir den Opfern Würde und engagieren wir uns gegen Ausgrenzung und Diskriminierung jeder Art. Ich wünsche uns dafür Urteilskraft, Mut und Zivilcourage.

WE REMEMBER“ – machen Sie mit!“