Bis auf den letzten Platz war am 11. Oktober 2023 der Betraum des Jüdischen Bethauses in Freren gefüllt, als Anton Wiechmann über den Mord an dem polnischen Zwangsarbeiter Boleslaw Wernicki vortrug. Über die hohe Besucherzahl freute sich der Vorsitzende des Forums, Simon Göhler. Viele  BesucherInnen kamen aus der Samtgemeinde Freren, die weiteste Anreise hatten Interessierte aus Ankum.

Gespannte Aufmerksamkeit für Anton Wiechmann. Foto: Simon Göhler

Wiechmann berichtete in seiner Präsentation über sein Buch zu dem Gestapo-Mord, über die Täter und das Opfer, vor allem aber über das Verschweigen dieses und anderer Verbrechen. Er stellte die Erinnerung an die eigenen Weltkriegstoten („Helden“) durch „Kriegerdenkmale“ dem Verschweigen der Verbrechen wie dem an Boleslaw Wernicki gegenüber.

Boleslaw Wernicki hatte eine Liebesbeziehung zu einer deutschen Frau, die auf dem Bauernhof lebte, auf dem er Zwangsarbeit leisten musste. Der Vater der Frau denunzierte ihn. Am 10. Juli 1942 wurde Wernicki wegen „Rassenschande“ in Andervenne durch Erhängen ermordet.

Zu Verschweigen gehörte dem Autor zufolge auch der Umgang der Justiz mit den Morden an osteuropäischen Zwangsarbeitern, für die ein unbewiesener Verdacht hinreichte. Zumeist blieben die Täter – wie im Falle des Mordes an Wernicki – unbehelligt. Der mutmaßliche Henker im Wald von Andervenne wurde entnazifiziert und als Widerstandskämpfer anerkannt. In den letzten Kriegstagen fand er eine Anstellung bei der englischen Besatzungsbehörde in Osnabrück.

Beeindruckt waren die über 30 Zuhörenden von der umfassenden Forschung, die Wiechmann auf sich nahm, nachdem er sich dem Mordopfer Wernicki zuwandte. In Staatsarchiven in Oldenburg und Osnabrück sowie in den Arolsen Archives konnte Wichmann eine Vielzahl von Dokumenten zusammentragen. Die Arolsen Archives sind das internationale Zentrum über Nazi-Verfolgung mit dem weltweit umfassendsten Archiv zu den Opfern und Überlebenden des Nationalsozialismus.

Auf der Basis dieser Recherchen konnte Wiechmann 80 Jahre danach ein erschütterndes Bild des Mordes, der Gestapo und des Naziregimes zeichnen.

Simon Göhler dankt Anton Wiechmann für seinen Vortrag. Im Hintergrund Dr. Walter Höltermann, Stv. Vorsitzender des Forums Foto: fwp

Unter großem Applaus dankte Simon Göhler im Anschluss an eine ausführliche Diskussion dem Referenten. Die Stellvertretende Vorsitzende des Forums, Angela Prenger, übergab Wiechmann im Auftrag des Künstlers Mudde van Duren (d.i.Josef Möddel) einen Schalomstein. 

Shalomstein für Anton Wiechmann: Das Kunstwerk zeigt auf einer Seite Menora und Fisch als Zeichen der Versöhnung zwischen Juden und Christen, dazu das hebräische Wort „Schalom“. Die andere Seite zeigt zwei Granatäpfel. Ein Granatapfel soll 613 Kerne enthalten. Das ist die Zahl der jüdischen Ge- und Verbote.

 

Vergleiche auch den podcast der ems-vechte-welle: https://www.emsvechtewelle.de/zeitgeschichte-die-verbotene-liebe-eines-polnischen-zwangsarbeiters-im-emsland/

Anton Wiechmann: Auf Befehl des Reichsführers-SS erhängt: Boleslaw Wernicki -Geschichte – verdrängt, aber unvergessen. Wahrnehmungsverweigerung und Aufklärungsboykott der Nachkriegsgesellschaft, Hamburg 2022, ISBN 978-3-347-63149-6 –Das Buch ist im Buchhandel bestellbar.