Gedenken an Deportation emsländischer Juden in Rhede
Rhede (vb)
„Jetzt reicht es. Es ist genug – nein, es reicht nicht, wegen der sechs Millionen Ermordeten und auch um unserer selbst Willen nicht‘, betonte Reinhold Hoffmann, Vorsitzender des Forums Juden – Christen im Altkreis Lingen, anlässlich der zentralen Gedenkveranstaltung des Landkreises zur Deportation emsländischer Juden am 13. Dezember 1941 am Donnerstagabend in der Rheder Gedächtniskirche. Zuvor legten Landrat Hermann Bröring und Kreistagsmitglied Gundula Zieschang am Gedenkstein ein Blumengesteck nieder, und Michael Grünberg aus Sögel, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde des ehemaligen Regierungsbezirkes Osnabrück, berichtete mit eindringlichen Worten aus seiner Lebensgeschichte.
In würdigem und passendem Rahmen gedachte der Landkreis in seiner zentralen Veranstaltung in der Rheder Gedächtniskirche der am 13. Dezember 1941 im so genannten „Bielefelder Transport“ deportierten emsländischen Juden. 136 Emsländer wurden an diesem Tag mit Glaubensbrüdern aus dem nordwestdeutschen Raum nach Riga gebracht. Danach gab es im Emsland praktisch keine jüdischen Mitbürger mehr.
„Der Landkreis möchte mit dieser Gedenkveranstaltung an dieses Ereignis erinnern. Wir haben die gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die Erinnerung an den Naziterror wach zu halten und der jungen Generation als Mahnung zu vermitteln“; betonte Landrat Hermann Bröring. Gut 100 Gäste waren in der zentralen Gedenkstätte des Landkreises für die Opfer der Weltkriege und der NS-Herrschaft erschienen, darunter viele Repräsentanten von Städten und Gemeinden des gesamten Kreisgebietes. „Wir wollen unserer Verantwortung, die Erinnerung an die Ereignisse wach zu halten, gerecht werden“, freute sich Bröring besonders über das Kommen jüdischer Mitbürger und des Sögelers Michael Grünberg: „Damit zeigen Sie, dass Sie trotz des vielen Leides das Emsland immer noch als Ihre Heimat betrachten.“
Beeindrucktes Schweigen herrschte vor allem bei der Rede von Grünberg, dessen Familie seit vielen Generationen in Sögel ansässig ist und trotz fester Verankerung im gesellschaftlichen Leben der Stadt während der NS-Herrschaft nicht von Verfolgung und Repressalien verschont blieb. „18 Familien haben vor den schrecklichen Ereignissen in Sögel gelebt, prozentual eine der größten jüdischen Gemeinden Deutschlands. 1938 wurden dann auch unsere Gewerbescheine eingezogen und in der Reichskristallnacht unsere Synagoge zerstört und alle Männer inhaftiert. Nur eine Thora-Rolle konnte gerettet werden, sie befindet sich heute in Osnabrück“, berichtete Grünberg. Sein Großvater sei 1922 Schützenkönig in Sögel geworden. „Die Plakette wurde 1938 aus der Königskette entfernt und ist erst nach dem Krieg wieder eingefügt worden“, berichtete Grünberg über ein Stück jüdischen Lebens in dieser Zeit in Deutschland.
Vor allem Gedenkveranstaltungen und viel Aufklärungsarbeit seien nötig, um Geschehenes nicht zu vergessen und für die Zukunft möglichst zu verhindern, waren sich alle Redner an diesem Abend einig. Eingerahmt wurde das Programm durch das beeindruckende Spiel von Prof. Dr. Harald Vogel an der italienischen Orgel.