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Gedenken an die Reichspogromnacht vom 9.November 1938 mit Betroffenen an der Jüdischen Schule in Lingen

Lingen (sb)

Anlässlich der Ereignisse der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 fand auch in diesem Jahr eine würdige Gedenkfeier am Lern- und Gedenkort Jüdische Schule in Lingen statt. Die Jugendschola aus Bramsche gestaltete einfühlsam den musikalischen Teil.

Reinhold Hoffmann, Vorsitzender des Forums Juden-Christen, erinnerte an den Terror der Reichspogromnacht, der auf Weisung der NSDAP-Führung aus München geschah. An den folgenden Tagen seien mehr als 30.000 männliche Juden in Konzentrationslager verschleppt worden. Schockiertes Schweigen und eingeschüchterte Reserviertheit seien die Reaktionen der Bevölkerung gewesen.

gedenken_2001_lingenuch in Lingen sei in dieser Nacht die Synagoge zerstört worden. Für die Teilnahme an dieser Feier dankte Hoffmann dem persönlich betroffenen Ehrenbürger von Lingen, Bernhard Grünberg, und Irmgard Ohl. Ihre Bereitschaft, von den leidvollen Erlebnissen zu berichten, gebe uns Gelegenheit, aus der Vergangenheit zu lernen und helfe uns in der Gegenwart zu leben, betonte er.

Bernhard Grünberg dankte der Stadt und den Organisationen für die würdigen Gedenkfeiern. Sein Überleben verdankten er und rund 10.000 jüdische Kinder zwischen zwei und 17 Jahren den Kindertransporten, die von der Reichsvertretung der Juden in Deutschland, dem Juden-Verband in England und der englischen Regierung ausgehandelt worden waren. ,,So wurde mein Leben gerettet”, erklärte er, jedoch seien seine Eltern und Schwester in Riga ermordet worden.

Dass in Amerika kürzlich über 6000 Menschen umgebracht worden seien, beweise, dass die Welt aus diesen Untaten nichts gelernt habe. Hohe Zeit sei es auch für einen dauerhaften Frieden in Israel und Palästina. Wie sich in Irland gezeigt habe: ,,Waffen werden niemals eine Lösung bringen”. Anschließend sprach er das ,,Khaddisch”, das jüdische Totengebet.

Auch in Lingen seien vor 63 Jahren Menschen drangsaliert worden. An dieser Stelle sei damals die Synagoge in Flammen aufgegangen, sagte Oberbürgermeister Heiner Pott. Die Anwesenheit zweier unmittelbar betroffener Menschen, Bernhard Grünberg und Irmgard Ohl, hebe die heutige Feier aus der Reihe anderer Jahre heraus. Durch die Begegnung mit ihnen seien wir tiefer berührt von den grausamen Geschehnissen, die auch Teil unserer Stadtgeschichte seien. Im Bewusstsein, welch unermessliches Leid damals über viele Familien kam, stünden wir hilflos an Gedenkorten wie diesem. Die auch nach Jahrzehnten wache Trauer über das Unfassliche sollte für alle Generationen Ansatz sein, ähnlichen Tendenzen strikt entgegen zu treten, ,,damit sich so etwas nicht wiederholen kann”, betonte der Oberbürgermeister. Mit Dr. Ludwig Remling schritt er zum Gedenkstein und legte den Kranz der Stadt nieder.

Anne Scherger und Helen Kastal verlasen die Namen der emsländischen Juden, die in den verschiedenen Vernichtungslagern ihr Leben lassen mussten, und für jeden wurde ein Licht am Gedenkstein aufgestellt. Mit einem lyrischen Sinngedicht von Erich Fried, das Johannes Wiemker vortrug, fand die Gedenkfeier ihren Abschluss.

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