Forum Judentum Christentum

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„Bündel des Lebens“ im Jüdischen Bethaus in Freren

11 Montag Nov 2019

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Bilderzyklus von Libet Cusco jetzt nachlesbar

Das  jüdische Bethaus dient dem Gedenken an das jüdische Leben in Freren und Umgebung. Seit Januar 2019 erinnert eine Dauerausstellung an die Menschen, die dem nationalsozialistischen Terror zum Opfer fielen. Auf Anregung von Lothar Kuhrts schuf die Frerener Malerin Libet Cusco den Bilderzyklus „Bündel des Lebens“, der im Eingangsbereich des Bethauses zu sehen ist.

Dazu veröffentlicht das Forum Juden-Christen im Altkreis Lingen – Träger des heute vor allem musealen Bethauses – eine Broschüre, in der alle Bilder des Zyklus mit Erläuterungen von Libet Cusco und Martin Ernst vorgestellt werden. Präsentiert wurde das Werk in einer Feierstunde am 9. November im Bethaus, zu der für das Forum dessen Vorsitzender Heribert Lange eingeladen hatte. Gefolgt waren der Einladung unter anderem Bürgermeister Klaus Prekel , Samtgemeindebürgermeister Godehard Ritz und Mitglieder des Forums.

Lange würdigte eingangs die Bedeutung der Kunst für das Gedenken an die Opfer des Rassenwahns. Er dankte Heiner Schüpp, Schriftführer des Forums bis Mitte 2019, der gemeinsam mit Patrick Köster (Freren) die Vorbereitung und Herausgabe des Heftes verantwortete. Schüpp führte dazu aus, dass das Forum Juden-Christen finanzielle Unterstützung im Rahmen des Projektes „Grenzkultur“ erhalten habe, einem EU- geförderten gemeinsamen grenzüberschreitendes Projekt der Emsländischen Landschaft mit dem Emslandmuseum Lingen, der niederländischen Provinz Drenthe und Kunst & Cultuur (K&C) Drenthe. Schüpp: „Die Broschüre hat eine Erstauflage von 500 Stück und wird kostenlos an Besucher der Dauerausstellung abgegeben.“

Libet Cusco formulierte anschließend die Botschaft ihres Bilderzyklus so:

„Die Botschaft ‘Bündel des Lebens’ senden alle, die mitfühlend sind: mehr Empathie, mehr Identifikation, mehr Miteinander/Füreinander“. Sie wünschte sich, dass Samuel Manne aus Freren, den die Nazis im Alter von drei Jahren ermordeten, diese Botschaft stes aufs Neue wecken möge.

 

v.l.n. r.: Godehard Ritz, Michael Brodhäcker, Heiner Schüpp, Martin Ernst, Patrick Köster, Angela Prenger, Libet Cusco, Klaus Prekel, Dr. Heribert Lange. Foto: Friedhelm Wolski-Prenger

Foto fwp

Ortstermin: Wohin mit der Thorarolle?

08 Freitag Nov 2019

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Wie soll die Thorarolle präsentiert werden? Einen angemessenen Platz soll das Geschenk der Jüdischen Gemeinde Osnabrück (s. nachfolgenden Beitrag) in der Jüdischen Schule in Lingen bekommen. Einigkeit bestand bei einem Ortstermin unter Mitgliedern des Forum Juden-Christen darüber, dass es sich um einen zentralen Platz handeln müsse. Ob dies eine Tisch- oder eine Wandvitrine sein wird, müssen die Gremien des Forums in den nächsten Wochen entscheiden.

 

Wohin mit der Thorarolle? Darüber diskutierten (v.l.) Gernot Wilke-Ewert, Dr. Heribert Lange, Johannes Wiemker und Bernhardine van Olfen. Foto: fwp

Projekttag an der Meppener Marienhausschule „Judentum – so fern und doch so nah“

29 Sonntag Sep 2019

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Dies war das Motto eines beeindruckenden Projekttages der Marienhausschule Meppen am 24. September 2019. Die berufsbildenden Schule in Trägerschaft der Schulstiftung des Bistums Osnabrück nahm einen antisemitischen Vorfall zum Anlass, das Thema Judentum in allen denkbaren Facetten zu bearbeiten. Im Theatersaal des Windthorstgymnasiums sprach Inessa Goldmann in einem Einführungsblock über das Osnabrücker Projekt „Judentum begreifen“, ergänzt durch einen Bericht des Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Osnabrück, Michael Grünberg, über die Rettung der Thorarolle nach der Zerstörung der Synagoge in Sögel in der Pogromnacht 1938 durch einen christlichen Sögeler Bürger.

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung für das jüdische Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, Dr. Felix Klein, berichtete über seine Aufgaben und stellte sich vielen Fragen von Schülerinnen und Schülern. Er wendete sich unter anderem klar gegen rassistische und antisemitische Ausfälle aus Reihen der AfD.

Gespräch Dr. Klein- Dr. Lange

Dr. Felix Klein im Gespräch mit Dr. Heribert Lange

Der Vorsitzende des Forums Juden-Christen im Altkreis Lingen, Dr. Heribert Lange, hatte am Rand des Projekttages Gelegenheit zu einem ausführlichen Gespräch mit Dr. Klein. Dabei gab es einen gemeinsamen Rückblick auf den Verlauf der in Lingen kontrovers geführten Debatte um das Museumsprojekt für den Rennfahrer Bernd Rosemeyer. Das Forum steht einem solchen Museum ablehnend gegenüber, weil Rosemeyer sich der SS angeschlossen hatte. Felix Klein stellte gegenüber Lange klar, dass er weiterhin Zweifel an der Sinnhaftigkeit eines Museums für Rosemeyer habe. Dr. Klein zeigte sich im Übrigen betroffen darüber, dass er mit seiner schriftlichen Stellungnahme zu dem geplanten Museum im Oktober 2018 mit dem Hinweis auf die unter bestimmten Voraussetzungen vielleicht doch vorstellbaren Chancen des Projekts von den Museumsinitiatoren für das Projekt vereinnahmt worden sei.

Das Forum im workshop

Dr. Heribert Lange und Dr. Friedhelm Wolski-Prenger (Schriftführer) stellten sich in zwei Durchgängen jeweils etwa 25 Schülerinnen und Schülern zur Diskussion. Neben der Vorstellung der Entstehung des Forums sowie dessen Zielen und Aktivitäten kamen Lange und Wolski-Prenger mit den interessierten Schülern über die Geschichte des Judenhasses und den aktuellen Antisemitismus ins Gespräch.

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Marienschule Lingen: Ausstellung zum Rechtsextremismus

05 Mittwoch Jun 2019

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An der Marienschule Lingen wurde am 3. 6. 2019 eine Ausstellung der Friedrich-Ebert-Stiftung zu den Erscheinungsformen des Rechtextremismus eröffnet.

Zu den geladenen Rednern zählte auch der Vorsitzende des Forums Juden-Christen, Dr. Heribert Lange. Hier seine Ansprache:

„Demokratie stärken –Rechtsextremismus bekämpfen“

Liebe Lehrerinnen und Lehrer der Marienschule, liebe Schülerinnen und Schüler!

Es ist nicht ganz einfach, zu erklären, was Rechtsextremismus wirklich ist. Leichter ist es, zu erklären, was Rechtsextremismus bedeutet: Es handelt sich nämlich um eine politische Bewegung, die das Gleichheitsprinzip und ebenfalls das Prinzip der Gerechtigkeit und am Ende auch das Freiheitsrecht und die Garantie dieser Prinzipien für wirklich jeden Bürger eines Staats leugnet, mindestens aber in Frage stellt – in die Frage nämlich des Befindens und des Beliebens derer, die das Sagen haben oder danach streben, eines Tages selbst diejenigen zu sein, die das Sagen zu haben

Wir, Sie alle hier, Ihr Jugendlichen und natürlich auch ich verstehen das nicht und akzeptieren das auch nicht. Denn wir gehen davon aus, dass jeder Mensch, egal, ob weiß oder schwarz, alt oder jung, Mann oder Frau, schwul, lesbisch oder das Gegenteil davon, behindert oder nicht behindert, christlichen, islamischen, jüdischen oder gar keines Glaubens, ob in Arbeit oder ohne Arbeit, usw. ….dass alle diese Menschen das gleiche Recht auf Leben, auf Schutz ihres Lebens und auf Achtung ihrer Würde haben, die Menschenwürde also, die bereits im allerersten Satz unseres Grundgesetzes vorkommt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“.

Christen und Juden nehmen die Begründung dieses Satzes aus der Bibel: „Und ER formte den Menschen nach seinem Bild und Gleichnis.“ Andere Religionen leiten den Menschenwürdebegriff ebenfalls aus ihren heiligen Schriften her, und nichtreligiöse Menschen, z.B. Wissenschaftler, die über das Zusammenleben der Menschen und ihr Auskommen miteinander nachdenken, also Staatsrechtler und politische Philosophen, bezeichnen die Menschenwürde als einen dem Wesen des Menschen, seinem Geist und seiner Seele innewohnenden und nur dem Menschengeschlecht eigenen, unhintergehbaren Wert, der mit der Unverfügbarkeit, d.h. der Unantastbarkeit seines Lebens verbunden ist.

Dies alles aber ist für Rechtsextremisten eher nur ein Schmarren oder gar großer Quatsch, mindestens aber zweifelhaft, weil sie, die Rechtsextremisten, die Vorstellung haben, dass die übrigen Menschen, insbesondere dann, wenn sie, die Rechtsextremisten erst einmal die Macht über den Staat und damit über uns alle haben, so wie das vor 80 und 90 Jahren die Nazis unter Adolf Hitler getan haben, … dass sie, die selbsternannten Staatenlenker, zusammen mit der Macht, auch das Recht haben, selbst darüber zu entscheiden, wer ebenbürtig, wer gleichberechtigt und wer achtungswürdig ist. Nicht die Menschenwürde ist dann mehr das Recht aller, sondern das Recht, das sie sich zuschreiben, um zu bestimmen, was für sie, aber eben nur für sie ebenbürtig, gleichberechtigt und achtungswürdig bedeutet. Und noch mehr: Auch das Recht haben sie sich, zumindest unter Hitler und in anderen diktatorischen Systemen, zugerechnet, über Leben und Tod dieser so klassifizierten Menschen zu bestimmen. Bei den Nazis waren die Opfer dieser Willkürordnung nicht nur die Juden und die zahllosen Kriegsgefangenen, deren sie im Verlauf des zweiten Weltkriegs habhaft wurden, sondern auch Menschen mit anderen politischen, etwa dem Menschenwürdeprinzip verpflichteten Vorstellungen, es waren behinderte und schwerkranke Menschen, es waren Schwule und Lesben und Sinti und Roma, aber auch Straffällige. Sie alle galten den Nazis als Ungeziefer der menschlichen Gesellschaft, als Parasiten und als Ballastexistenzen, also einer Last, der man sich, wenn man zum Freiflug startet, am besten entledigen sollte.

Was hat das, so mag man nun fragen, mit HEUTE zu tun? Hitler ist doch vorbei und der Holocaust, also die Ermordung von mehr als 6 Millionen Juden, davon mehr als 1 Million Kinder, ist auch vorbei.

Ich sage es Euch: Wer heute sagt „Die Ausländer, die Flüchtlinge, die Hartz-IV- Empfänger, die Politiker, die Juden, die Muslime, die Kirche, die Lehrer …usw., der steht bereits im Begriff, Menschen und einzelne Menschengruppen nach seinem eigenen Gutdünken zu sortieren, sie in Gut und Schlecht, Nützlich oder Unnütz, Rechtschaffen oder Verschlagen einzuteilen und sie, das ist der nächste Schritt, ganz und gar auszugrenzen – auszugrenzen aus der ach so viel besseren Gesellschaft ihrer Facon. Dabei ist es völlig egal, ob solcher Ausgrenzung Ge-ringschätzung, Verachtung, Angst, etwa vor dem Fremden, oder Neid zugrunde liegen. Es ist die Denke der Nazis, die Denke der Menschenverachtung, der Geringschätzung und der Ausgrenzung der jeweils anderen. Aufgeblasen von sinnloser und widerlicher Angstmache, wird daraus eine wirkungsvoll inszenierte Hetzkampagne, die, so wie von Frauke Petry schon vor Jahren propagiert und erwünscht, in eine Hasswelle gegen die so Ausgegrenzten mündet. Beschimpfungen wie „Du Jude“, „Judensau“ oder „Du Behinderter“ oder „Du Blödmann“ bedeuten für mich, dass der, der sie benutzt, bereits in die menschenverachtende Falle der Nazis getappt ist, auch der Nazis von heute.

Was wir, die Alten, damals daraus gelernt haben, ist, dass alle, wirklich alle Menschen, denselben Anspruch auf Achtung ihrer Würde, ihrer Menschenwürde, haben und allemal ihres Lebensrechts. Und: Wir haben erfahren, dass uns im Alltag der Gedanke an einen sehr eingängigen und auch nahegehenden Satz nie im Stich gelassen, sondern recht verlässlich weitergeholfen hat. Er lautet: “Was Du nicht willst, das man Dir tu‘, das füg auch keinem ander’n zu“, und man nennt diesen Jahrtausende alten Satz, den es in allen menschlichen Kulturen auf die eine oder andere Weise gibt, die Goldene Regel.

Zweifellos ist darum die Menschenjagd, die sich jugendliche Rechtsextremisten in Chemnitz im vergangenen Sommer gegen andere Jugendliche geleistet haben, nur weil sie anderer Herkunft und anderer Hautfarbe, obwohl sogar im Besitz eines deutschen Passes waren, eine ungeheuerliche Untat und natürlich auch ein erschreckender und schwerer Verstoß gegen diese Regel und genauso gegen die Menschenwürde, von der soeben auch die Rede war, Denn sie, die Menschenwürde und ihre Achtung, sind, so denke ich, der Kitt und die wichtigste Spielregel unserer Gesellschaft – für alle Menschen in einem Staatswesen wie Deutschland.

Wir, die Alten, sind über solche Vorgänge ganz besonders entsetzt, weil einem sogleich einfällt, dass es damals doch genauso angefangen hat, als Hitler an die Macht gekommen war – übrigens nicht durch einen Staatsstreich, sondern mit den Stimmen der Mehrheit der Wählerinnen und Wähler. Denn das Morden in den KZs und die Massenerschießungen missliebiger Menschen, vor allem der Juden hinter der Kriegsfront, waren ja nicht der Anfang der mörderischen Nazi-Herrschaft. Lange davor schon galt das Willkürprinzip seiner Schlägertrupps aus SS und SA gegen Menschen, die ihnen missliebig erschienen, eine andere Meinung oder Weltanschauung hatten, ihnen aus anderen abwegigen Gründen einfach nicht passten, von ihnen verachtet oder gering geschätzt wurden, gegen also diese Menschen nach eigenem Belieben und nach Lust und Laune vorzu-gehen. Willkür und Unverstand, die damit einhergingen, waren zum Gesetz der Straße geworden, zum Handlungsprinzip der Herrenmenschen von Hitlers Gnaden

Wer kann uns, den Älteren in diesem Land, da verdenken, dass unser Schrecken und unsere Sorge über solche Nachrichten groß ist, und die Angst vor der Wiederkehr dieser „alten Zeiten“ ebenfalls? Und ebenso aufgeregt und besorgt sind wir darum natürlich auch, wenn wir hören, zu verstehen und uns vorzustellen versuchen, was sich die Rechten im politischen Spektrum, die Extremen und die Populisten als Lösung politischer und gesellschaftlicher Probleme vorstellen. Ihre Rezepte sind Ausgrenzung, Aussperrung und/oder Entsorgung, d.h. Ertrinkenlassen im Mittelmeer oder der finale Schuss bei der Grenzüberwindung – Menschenwürde hin oder her. Da zählen allein noch und nur die Ellenbogen, mit denen die eigenen Interessen vertreten und durchgesetzt werden.

Und das ist dann auch, diese Antwort bin ich noch schuldig geblieben, was Nazis, Neonazis und Rechtsextreme denken und wollen. Es ist die reine Lehre des Faschismus. Sie lautet so wie das Wort, das mit „Menschen“ beginnt und mit „Verachtung“ endet, und im Leben und im Alltag dieses bedeutet: Wir, die Herrenmenschen, sind zuerst dran!

Dazu sage ich Nein. Wir alle müssen dazu Nein sagen. Aber auch das müssen wir sagen und uns vornehmen: Wehret den Anfängen solcher Gesinnung und ihrer Taten, und: Leisten wir Widerstand – wir alle! Euch, die jungen, einsichtigen und besonnenen Menschen in unserem Land brauchen wir dazu, Euch alle!

Denn Ihr seid heute die Jugend und morgen die Zukunft der Gesellschaft, einer Gesellschaft in Deutschland, die wehrhaft und entschlossen und vor allem mit den besseren Argumenten den Schreihälsen, den Rattenfängern und den Brun-nenvergiftern aus den Reihen der unbelehrbaren faschistoiden Rechtenbewe-gung – gleich welchen Namens – entgegentreten kann und entgegentreten muss.-

Der Friedrich-Ebert-Stiftung sei Dank für die Idee, das Thema Rechtsextremismus, mit dem Rassismus und Antisemitismus auch heute ununterscheidbar und unzertrennlich verbunden sind, zum Gegenstand dieser vorzüglichen Ausstellung gemacht zu haben. Der Marienschule sage ich persönlich, vor allem aber im Namen das Forums Juden-Christen im Altkreis Lingen, Dank für ihre Solidarität und ihr Mittun im aktiven Widerstand gegen die neue, aber eigentlich altbekannte Volksseuche, und der, wie ich finde, sehr gelungenen und aufrüttelnden Ausstellung wünsche ich viele interessierte und am Ende auch nach-denkliche Besucher.

Vielen Dank für’s artige Zuhören, vielen Dank für Ihre freundliche Geduld!

Lesenswert auch der Bericht von Johannes Franke in der Lingener Tagespost:+

https://www.noz.de/lokales/lingen/artikel/1762683/ausstellung-des-landesbueros-niedersachsen-der-friedrich-ebert-stiftung?amp

 

Nachruf auf Bernhard Suskind

05 Mittwoch Dez 2018

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In memoriam Bernard Suskind

Auch in Lingen hatte Bernard Suskind viele Freunde, die sich ihm bis in die letzten Tage seines Lebens sehr verbunden gefühlt haben. Zahlreiche Freunde haben ihm zu seinem 97. Geburtstag am 6. Oktober 2018 noch die besten Wünsche mit auf den Weg gegeben. Viele Freunde aus Lingen sind ihm im Jahre 2014 aus Anlass seiner Buchpräsentation „Wir waren doch Freiwild“ zum letzten Male persönlich in Fürstenau begegnet.

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Mit dieser Buchpräsentation in deutscher Sprache setzte Bernard Suskind noch einmal ein Zeichen der Verbundenheit mit seinen deutschen Freunden, aber zugleich verstand er seine Erinnerungen auch als Appell und Auftrag, die Erinnerungen an die Jahre von 1933–45 nie in Vergessenheit geraten zu lassen.

Wir Lingener Freunde sind Bernard Suskind in großem Respekt und tiefer Dankbarkeit verbunden.

Dankbar sind wir ihm besonders dafür, dass

• er seit vielen Jahren trotz der persönlich erlebten Unmenschlichkeiten, die er, seine Familie und seine jüdischen Mitbewohner seit 1933 erfahren mussten, sich stets zu den Wurzeln seiner Herkunft bekannt hat  und den Kontakt zu Fürstenau nie hat abreißen lassen und auch häufig in Lingen immer wieder jungen Leuten von seinen bitteren Schicksalsschlägen erzählt hat.

• er keinen Hass und keine Unversöhnlichkeit ausstrahlte, sondern bewusst Zeichen der Versöhnung setze, indem er sich in den letzten Jahrzehnten immer wieder auf den Weg nach Fürstenau und Lingen machte  und durch seine zahlreichen Berichte den Nachgeborenen immer wieder seine dringende Bitte – besonders gegenüber den jungen Zuhörern – verkündet hat:

Sorgt mit Eurem Engagement dafür, dass sich solche Zeiten, wie ich sie erleben musste, nie wiederholen! Kämpft für den Erhalt von Demokratie und Freiheit, Toleranz und Menschlichkeit! Zeigt frühzeitig immer wieder euer Engagement gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit!

Bernard Suskind fühlte sich in seinem persönlichen Engagement stets den Worten des Propheten Joel verbunden, der den Menschen seiner Zeit die folgenden Worte mit auf den Weg gab, die auch bis in die Gegenwart ihre Aktualität nicht eingebüßt haben:

“Hört her, ihr Ältesten,
horcht alle auf, ihr Bewohner des Landes!
Ist so etwas jemals geschehen
in euren Tagen oder in den Tagen 
eurer Väter ?

Erzählt euren Kindern davon
und eure Kinder sollen es ihren
Kindern erzählen
und deren Kinder dem folgenden Geschlecht.” (Buch Joel 1, 1–3)

Lieber Bernard, wir Lingener Freunde danken Dir für Deine uns geschenkte Freundschaft, für Deine Offenheit und Ehrlichkeit, Deinen Humor und Deine nie versiegenden Zeichen der Menschlichkeit!

Möge der uns alle verbindende Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs Dich mit offenen Armen aufnehmen und Dir seine nie aufhörende Nähe schenken!

Paul Haverkamp, Lingen

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Statement von Dr. Heribert Lange am 27. November im LWH

29 Donnerstag Nov 2018

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Am 27. November hat im Ludwig-Windthorst-Haus in Lingen eine öffentliche Veranstaltung zum geplanten Museum für Bernd Rosemeyer und seine Frau Elly Beinhorn stattgefunden. Dr. Heribert Lange hat dabei als Vorsitzender des Forums Juden-Christen folgendes Statement abgegeben.

Unsere frühere, ausführliche, oft und plausibel erklärte Begründung unserer grundsätzlichen und generellen Ablehnung des Museums ist eindeutig und klar, und sie steht fest. Und doch haben wir ihr noch etwas hinzuzufügen.

Vielleicht nämlich wird unsere Position verständlicher, wenn wir sie mit Fragen verbinden, an die viele bisher noch nicht gedacht haben:

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Warum nicht ein Museum für die „kleine“ Sparkassenangestellte Selma Hanauer, die ihren Job und ihre berufliche Existenz bereits 1933, also am Anfang des ganzen Unheils, verlor, „nur“ weil sie jüdischen Glaubens war.

Warum kein Museum für den Altbürgermeister und Ehrenbürger Robert Koop sen., der verbotener Weise des Nachts Brot aus seiner Backstube zu Hanauers brachte und dafür von der HJ übel zugerichtet wurde – nicht nur einmal, wie uns Bernhard Neuhaus erzählte? Warum kein Museum für die Eltern des kürzlich verstorbenen Ober-bürgermeisters Bernhard Neuhaus, die sich ähnlich und ähnlich für-sorglich, aber verbotener Weise um jüdische Nachbarsfamilien kümmerten, und inhaftierte Nazigegner im Gefängnis mit Nahrung versorgten, dieses sogar der Alt-OB selbst, wenn auch als kleiner Knirps an der Hand seiner Mutter?

Warum kein Museum für Helga Hanauer, die der Stadt Lingen schon 1975 – oder vielleicht auch: dann endlich eine geharnischte und Gott sei Dank wirkungsvolle Lektion zu deren perfektem Verdrängungskomplex der jüdischen Geschichte Lingens erteilt hat? Warum also nicht ein Museum für Opfer der NS-Herrschaft, für die Kümmerer und für die Gefolgschaftsverweigerer und für die beharrlichen NEIN-Sager?

Weder gibt es Straßen mit ihren Namen in der Stadt, noch spricht man über sie, sondern überlässt sie dem allzu kurzen Gedächtnis unserer Gesellschaft und damit wohl auch dem Vergessen.

Wir, das Forum Juden Christen, und alle, die wir an unserer Seite wissen, setzen uns dafür ein, dass sich das ändert, damit diesen Menschen endlich Genugtuung widerfährt.

Stattdessen soll nun aber ein gänzlich anderes Museum her, ja, ein Museum! Ein Museum für einen Trittbrettfahrer, Kollaborateur und Profiteur des NS-Systems – Rennfahrer und SS-Offizier! Und: SS „musste“ man nicht, sondern wollte man höchstens, auch nicht als Rennfahrer.

Was Sie, Herr Liesen und Herr Professor Walter, uns da, vor allem aber den Opfern, den Holocaustüberlebenden, aber auch denen, die mutig und tapfer dagegen gehalten haben, zumuten, ist bei näherer Betrachtung in der Tat eine unglaubliche und eine unziemliche Zumutung!

Wir haben bei mehreren, auch unterschiedlichen Gelegenheiten und in jeweils mehrstündigen Sitzungen zu dem Konzept von Herrn Professor Walter Stellung genommen, auch in einem überaus fragwürdigen NDR-Talk im August. Wir haben versucht, das Museumsprojekt auf diese Weise kritisch zu begleiten – ebenso wie die Historiker hier vor Ort, wie Frau Dr. Kaltofen von der Gedenkstätte Esterwegen und wie die aus Münster und Osnabrück hinzugebetenen Historiker, von denen Professor Rass sich heute Abend dankenswerter Weise erneut auf den Weg zu uns gemacht hat.

Aber wir sehen nun auch die Grenzen unserer Gegenrede: Denn Sie, Herr Liesen, haben das Recht auf Ihrer Seite, und Sie verfügen, wie Sie uns erklärt haben, über die Mittel.

Am Ende stimmen wir deshalb mit der Einschätzung eines Vertreters der CDU-Mehrheitsfraktion im Rat der Stadt Lingen überein: „Das Museum ist so überflüssig wie ein Kropf!!!“ Im Umkehrschluss muss man diesen Satz naheliegender Weise auch als Antwort auf die in allen Debatten bisher unbeantwortete Frage nach dem Sinn dieses Museumsprojekts verstehen, also die Frage: Wozu denn das Ganze – um des lieben Himmels Willen?

In nicht einer der Zusammenkünfte haben wir eine Antwort auf diese Frage gehört, eine Frage, die sinnvoller Weise am Anfang solcher Vorhaben stehen sollte und steht. Wir haben sie die Frage des „Ob“, also des Ob überhaupt, genannt. Bezüglich der Frage des „Wie“ waren indessen zahlreiche Variationen und Paraphrasen zu vernehmen.

Übrigens ist dieser Satz „Überflüssig wie ein Kropf“ nicht etwa im Zusammenhang mit der von Herrn Liesen und anderen angezweifelten Rechtmäßigkeit des Votums des städtischen Verwaltungsausschusses vor 18 Monaten im Mai 2017 so gesagt worden, sondern in oder am Rande einer weiteren, erst kürzlichen Beratung des Ältestenrats unserer Stadt Lingen. Von falschen Voraussetzungen, unter denen sich der VA gegen das Museum entschieden hätte, kann keineswegs die Rede sein.

Aber auch noch das: Wir fühlen uns, entsprechend der programmatischen Ausrichtung des Vereins Forum Juden Christen im Altkreis Lingen e.V, als Paten und Anwälte der Opfer des Holocaust und damit zugleich als die Hüter des Ansehens ihrer Namen und ihrer Personenwürde und als Sachwalter der Erinnerung in unserer Stadt und im Altkreis Lingen, und sind ausdrücklich auch autorisiert dazu. Und dies nicht nur der Erinnerung an die Opfer wegen, sondern um der Erinnerungskultur in unserer Gesellschaft Willen.

Es gibt, dies aber auch noch, die Erklärung von Hinterbliebenen der Opfer, gerade auch der Opfer aus Lingen. Und es gibt die Erklärungen der jüdischen Amtsträger, dass das Museum für Bernd Rosemeyer und Elly Beinhorn „vor dem Hintergrund des millionenfachen Schicksals der im Holocaust ermordeten Juden der Verhöhnung auch noch der Asche ihrer Opfer gleichkommt“. So hat es Michael Grünberg, der kluge Vorsteher der jüdischen Gemeinde Osnabrück, unserer Stadt Lingen vor kurzem geschrieben. Angesichts dieses nun wirklich unmissverständlichen Satzes wird doch keiner hier im Raum und auch keiner sonst erwarten können, dass wir, das Forum Juden Christen im Altkreis Lingen, bei diesem Projekt dann die Rolle des Hofnarren übernehmen.

Denn wir stehen nicht „einfach nur“ zu unserer Verpflichtung für die Ehre der Ermordeten und die Erinnerung an das Unrecht der Nazis, der SS und SA und all ihrer Helfershelfer und Profiteure, sondern hier und jetzt auch zu dieser dezidierten Aussage von Michael Grünberg. Darum gilt für uns: Lingen braucht kein Rennfahrermuseum.

Deshalb geht heute nochmals die Bitte und der Appell an Sie, Herr Liesen und auch an Sie, Herr Professor Walter: Bedenken Sie Ihre staatsbürgerliche und gesellschaftliche, aber nicht zuletzt auch Ihre moralische Verantwortung! Haben sie Erbarmen mit unser aller Stadt und bewahren Sie die Bürgerinnen und Bürger von Lingen vor einem grauslichem Ungemach, vielleicht auch einer Schande, der Schande eines fragwürdigen Museumsorts.

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Ansprache von Dr. Heribert Lange zum 80. Jahrestag des Novemberpogroms von 1938

13 Dienstag Nov 2018

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Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Krone, sehr geehrte Damen und Herren aus Rat und Verwaltung der Stadt Lingen, lieber Herr Minani vom Lingener Flüchtlingsforum, lieber Herr Ghaffari, liebe Lingener Bürgerinnen und Bürger, Neubürgerinnen und Neubürger, liebe Jugendliche: über Euer Kommen freuen wir uns ganz besonders!

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Jahr für Jahr finden wir uns am 9. November zur Erinnerung an die von den Nazis, genauer gesagt, von der inzwischen zur Polizei avancierten SA angerichteten Synagogenbrände hier zusammen. Wir erinnern uns, zusammen mit den Menschen, die uns immer noch und hoffentlich immer weiter zuhören wollen, an die reichsweite Feuersbrunst vor nun schon 80 Jahren, die Hitlers Verbrecherbande über die deutschen Synagogen gebreitet hat. Wir wissen, dass diese Katastrophe als Vergeltungsakt für das Attentat auf einen deutschen Botschaftsattaché ausgegeben wurde, und wir wissen, dass die Reichskristallnacht, wie Hitler und seine Leute diesen ja auch kulturellen Flächenbrand nannten, nur der Anfang war. Der Anfang vom Ende der Zivilisation, der Anfang des unfassbaren Vernichtungsprozesses, den die Nazis sich, nicht nur als Nazis, sondern als Inhaber der staatlichen Macht und deutsche Reichsregierung und mit Hilfe ihrer exekutiven Gewalt vorgenommen und sodann auch mit unvorstellbarer, menschenverachtender Grausamkeit zu Ende gebracht haben – beinahe noch bis zum 8. Mai 1945. Die Bilanz ist bekannt: es gab 60 Millionen Kriegstote, 6 Millionen ermordete Juden und mehrere Hunderttausend ermordeter Systemgegner oder sonst wie unliebsamer Menschen in Deutschland und Europa: Sinti und Roma, kranke und hilflose Menschen, darunter eine Menge kranker Kinder, Schwule und Lesben, Geistliche und Ordensleute aus den christlichen Kirchen.

Und wir leugnen auch heute nicht mehr, was wir ebenfalls schon lange wissen, und eigentlich immer schon wussten, dass Hitler sich nicht etwa an die Macht geputscht hat, sondern durch das Mehrheitsvotum des deutschen Wahlvolks dazu berufen wurde.

Wir gedenken dieses Unheils immer aufs Neue, vor allem aber der zahllosen Opfer, ihrer Not, ihres Leids und ihrer Qualen, die erst endeten, wenn Hitlers Mordgesellen mit ihrem fürchterlichen Werk fertig waren.

Wir gedenken ihrer, um ihnen Ehre und Achtung zu erweisen, ihre Namen in unser Bewusstsein zu rufen statt sie dem Vergessen zu überantworten und wir trauern mit ihnen, um sie und über das mörderische Unrecht, das sie erlitten haben. Helga Hanauer und Ruth Foster-Heilbronn, die den Holocaust, die Shoah, überlebten, haben uns dazu in eindrücklicher Weise angeleitet. Sie sind die hier zuletzt gestorbenen Juden. Ihre Lebensgeschichten sind aber auch Auftrag an uns, es mit den formelhaften Beschwörungen „Nie wieder“ und „Wehret den Anfängen“ nicht bewenden zu lassen, sondern alles daran zu setzen, dass sie sich als wirksame Vorsätze erweisen, und dass sie Anerkennung, Wirkmacht und Glaubwürdigkeit gewinnen.

Aus den Erzählungen meiner Eltern, aber auch aus dem vorzüglichen Geschichtsunterricht eines mit seiner radikalen und rückhaltlosen Berichterstattung im damaligen Lehrerkollegium der 1950er und 1960er Jahre aber allein stehenden Lehrers weiß ich, dass „Vogelschiss der Geschichte“ nicht wahr, sondern Ausdruck schlimmster Menschenverachtung ist; fataler Weise aber nicht nur eine furchtbare Entgleisung, sondern die feste Überzeugung von Alexander Gauland, ebenso der Ausdruck „Kopftuchmädchen“, der die Assoziation von Minderwertigkeit, also die Bedienung herabwürdigender faschistischer Vorstellungen von Mensch und Menschenbild nahelegt, ebenso der Ausdruck „Umvolkung“. Nicht viel anders verhält es sich mit einem Satz wie dem folgenden, der im Zusammenhang der lokalpolitischen Debatte um ein Rennfahrermuseum von einem Disputanten zu hören war: Für ihn sei, so sein Debattenbeitrag, dieses Projekt bedeutender als alle Stolpersteine, die inzwischen in Lingen für die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus verlegt worden seien – und zwar wegen seines angeblich erzieherischen Charakters; so live und online per NDR.

Dafür, dass wir bzw. die Gesellschaft insgesamt „Nie wieder“ auch wirklich meinen, und „Wehret den Anfängen“ ebenfalls, und dass es uns ernst damit ist, sprechen solche, für unser aller Glaubwürdigkeit desaströsen Worte, Begriffe und Sätze nicht. Denn sie haben nichts, aber auch gar nichts mehr gemein mit Menschenachtung und auch nichts mit der Achtung der Mordopfer des Hitlerregimes und auch nichts mit unser aller Verantwortung dafür, ihre Namen in Ehren zu halten, vor dem Vergessen zu bewahren und ihr Ansehen und ihre Würde wiederherzustellen.

Wir erinnern uns, so las ich das neulich, wir erinnern uns um der Zukunft willen. Und wenn wir uns im Zusammenhang mit dem Holocaust erinnern, dann sind wir gemeint, wenn es heißt: um der Zukunft willen. Diese Zukunft hat längst begonnen und diese Zukunft sind wir!

Was wir indessen im Sommer aus Chemnitz gehört und gesehen haben, vor drei Jahren aus Paris und nun aus Pittsburgh, und was an bundesdeutschen Stammtischen, in öffentlichen Kundgebungen oder gar im Bundestag geredet wird, zeigt zweierlei: Dass es zum Verständnis der Gesellschaft, unserer Gesellschaft, für unausweichliche Veränderungen, vielleicht sogar Umwälzungen, angesichts der längst realen und wirklich stattfindenden, aber wohl unaufhaltsamen und weltweiten Völkerwanderung – dass es zum Verständnis dafür noch einiger Nachhilfe bedarf. Einer Völkerwanderung übrigens, deren Größe von Experten auf 60 Millionen geschätzt wird, und an der wir Europäer nach allem, was wir so in der Welt angestellt haben und immer noch anstellen, nicht unschuldig sind.

Beträchtliche Teile unserer Gesellschaft begegnen dieser Entwicklung mit Unverständnis, Ablehnung, Ausgrenzung und Aggression, leibhaftig auf der Straße, wie wir gesehen haben, und in Wirtshäusern, in den Parlamenten oder bei der familiären Konfirmationsfeier mit Worten, Redewendungen, Wertungen, populistischen und darum beinahe immer unwahren, mindestens aber unwahrhaftigen Parolen der schon genannten Art. Auf diese Weise erleben die alten, längst für verstaubt und unbrauchbar gehaltenen Ideologien von Rassismus und Antisemitismus ihren Wiedereinzug in den gesellschaftlichen Diskurs

Von Engagement oder gar Hilfe, vielleicht sogar einer neuen nationalen Aufgabe und Anstrengung, von einem vielleicht sogar systematischen Entwurf oder gar Konzept für die Zukunft dieser, dann anderen, bunten Gesellschaft, wie wir [hier in Lingen] gesagt haben, ist indessen von diesen großmäuligen Hetzern nichts zu hören.

Darum sind die Werkzeuge aus der ideologischen Mottenkiste der Nazis wie die neue Heiligung des Rassismus, Verachtung und Ausgrenzung, die Spaltung der Gesellschaft, die Neuauflage des furchtbaren Begriffs der „Ballastexistenzen“ weder tauglich, noch sind sie human, und verbieten sich schon allein deshalb. Denn eine Gesellschaft, die nicht der Humanität, nicht der Menschenwürde, nicht der Offenheit, nicht der Freiheit, nicht der Toleranz verpflichtet ist, wird nie eine miteinander befriedete Gesellschaft sein können. Auch das könnten wir aus der Nazigeschichte gelernt haben.

Ich komme zurück zu „Zeigt uns zweierlei“: jetzt nämlich die Sprache betreffend, mit der besagter Ungeist transportiert wird. Ich zitiere: Sprachliche Verrohung ist längst bei jenen Politikern angekommen, die in Deutschland Verantwortung tragen“ – so Stefan Lüddemann in der NOZ am 29.10. mit einem Zitat der diesjährigen Preisträgerin des Georg-Büchner-Preises der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt, Teréza Mora. Lüddemann fügte in seinem Kommentar zur Rede der Preisträgerin den folgenden wichtigen Gedanken hinzu: „Wörter sind niemals einfach nur Wörter. Im gesellschaftlichen Miteinander sind sie Handlungen, Handlungen, die Folgen haben. … Wörter sind eine Macht.“

Deshalb bedarf es des Widerspruchs, unseres Widerspruchs, wenn wir uns derartigen Kanonaden ausgesetzt sehen: bedarf es des Widerspruchs in der Sache und des Widerspruchs gegen die Wortführer des Ungeists, gegen den unziemlichen Umgang mit der Sprache und gegen den Versuch der Vernebelung unserer Hirne, was damit vermutlich ebenfalls bewirkt werden soll. Bundestagspräsident Schäuble, hat das, also den Widerspruch und die Verurteilung solcher Sprache, neulich Gott sei Dank eindrucksvoll vorexerziert.

Und ein weiteres: Nach der großen Antipegidademonstration 2015, zu der das Forum Juden Christen aufgerufen hatte, nach der sehr eindrucksvollen Demonstration „Lingen leuchtet“ von Frau Spielmanns und weiteren Aktivisten und Gruppen, nach mehreren Friedensgebeten, zu denen wir uns als Christen mit Muslimen und Juden vereint haben, bin ich der Überzeugung, dass es solcher einprägsamer und über den Alltag hinausweisender Zeichen immer weiter bedarf. Es sind Zeichen des Widerspruchs und Leuchtfeuer der solidarischen Gesellschaft für Verantwortung, Frieden und Versöhnung.

Ich bin darum sehr dankbar für das eindrucksvolle Zeichen, das wenigstens unser Oberbürgermeister mit seinem persönlichen Votum, wenn auch vergeblich, bei der Verhandlung der Resolution „Seebrücke“ gesetzt hat, und damit der Idee, der Symbolkraft und dem moralischen Imperativ der Errettung Ertrinkender vor dem Tod gefolgt ist. Ist dies doch auch eine Geschichte, mittels der vor mehr als 3 000 Jahren Moses mit Hilfe der Tochter des Pharao Rettung erfuhr und seinen Weg in die Welt und zu den Menschen fand. Aber auch eine Geschichte, die dem Lingener jüdischen Bürger Max Frank zum Weg in die Todesfabrik von Auschwitz geriet, weil die St. Louis, mit der er zusammen mit 930 Juden Amerika oder Kuba zu erreichen hoffte, nirgendwo dort anlegen und festmachen durfte und unverrichteter Dinge mit 930 verzweifelten Juden nach Europa zurückkehren musste. Die Tochter des Pharao hat, als sie des mit Teer bestrichenen Papyruskörbchens mit dem neugeborenen Moses darin gewahr wurde, vermutlich nicht überlegt, ob sie dazu ein politisches oder gar ein moralisches Mandat habe oder nicht habe oder haben müsse. Sie hat es einfach getan.

Christen gab es damals freilich noch nicht und das zur Beschimpfungsformel aufgerüstete Wort „Gutmensch“ ebenfalls nicht.

 

Ich danke Ihnen für Ihre freundliche Geduld!

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Zum Tode von Bernhard Neuhaus

13 Dienstag Nov 2018

Posted by forumjc in 2018, Archiv

Am 5. November 2018 ist der ehemalige Lingener Oberbürgermeister Bernhard Neuhaus verstorben. Zwischen 2005 und 2011 war er einer der stellvertretenden Vorsitzenden unseres Vereins. Folgende Todesanzeige hat der Vorstand veröffentlicht.

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19. September 2018 „Lingen leuchtet”

11 Dienstag Sep 2018

Posted by forumjc in 2018

Gerne unterstützt das Forum Juden-Christen den nachfolgenden Aufruf der Initiative „Lingen leuchtet”

Hier eine herzliche Einladung zu einer Aktion, die deutlich machen soll, dass die große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland für Rechtsstaatlichkeit, für unser Grundgesetz, für Toleranz, Vielfalt, für Demokratie und Menschlichkeit einsteht.

Wir schließen uns mit unserer Kundgebung der “#wirsindmehr-Bewegung” an, um nicht denen die Meinungshoheit zu überlassen, die sich so lautstark, ausgrenzend, demokratiefeindlich und menschenverachtend äußern und damit die Stimmung in unserem Land vergiften. Deren kriminelles und menschenverachtendes Auftreten ist zu verachten und durch gemeinsames Dagegenhalten zu verhindern.

…

Seien Sie außerdem dabei, indem Sie mit uns gemeinsam am Mittwoch, den 19. September 2018 um 20.15 Uhr, auf dem Marktplatz in Lingen gegen rechte Hetze und Gewalt in einer friedlichen Demonstration Stellung beziehen.

Poster Lingen leuchtet

20. März 2018 Aktuelles von der Israel-Fahrt

20 Dienstag Mrz 2018

Posted by forumjc in 2018, Archiv

In Zusammenarbeit mit dem Gymnasium Marianum fand vom 15. – 22. März 2018 ein Fahrt nach Israel statt. Unter dem folgenden Link können Eindrücke in Wort und Bild abgerufen werden.

https://marianumisrael.wordpress.com/

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